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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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unterdrücken.
    Abschnitte der Aufwerfung waren teilweise zusammengebrochen, während andere Sektionen von dem Tsunami radikal umgestaltet worden waren. Nun befand sich eine flache Höhle — etwa zwölf Meter tief und neun Meter breit — zwischen diesen weißen Wällen. Die Decke war an manchen Stellen sechs, an anderen hingegen nur drei Meter hoch: die eine Hälfte glatt und geneigt, die andere aus unzähligen Blöcken und Verstrebungen zusammengesetzt, die sich gegenseitig trugen und stützten, ein weiß in weißes Mosaik, das eine feindselige Schönheit hatte und Rita an die surrealen Kulissen von Das Kabinett des Dr. Caligari erinnerte, einen sehr alten Film.
    Sie zögerte im Eingang zu diesem kalten Hafen, wollte Franz Fischer nicht über die Schwelle folgen, wurde von dem irrationalen Gefühl gepeinigt, daß sie nicht lediglich ein paar Meter vorwärts gehen würde, sondern gleichzeitig rückwärts in der Zeit, zu jenem Wintertag, an dem sie sechs Jahre alt gewesen war, zu dem Poltern und Tosen und dem lebenden Tod des weißen Grabes...
    Sie biß die Zähne zusammen, versuchte, ein Gefühl des fast lähmenden Entsetzens zu unterdrücken, und ging hinein. Hinter ihr tobte der Sturm, doch innerhalb dieser weißen Mauern fand sie eine verhältnismäßige Stille vor, und auch Schutz vor dem beißenden Wind und dem Schnee.
     
    Rita ließ das Licht ihrer Taschenlampe über die Decke und die Wände gleiten und suchte nach Anzeichen dafür, daß das Gebilde in unmittelbarer Gefahr war, einfach einzustürzen. Im Augenblick kam ihr die Höhle zwar durchaus stabil vor, doch ein weiterer starker Tsunami, der unter dem Eis hinwegglitt, würde die Decke wahrscheinlich zum Zusammenbruch bringen.
     
    »Riskant«, sagte sie und konnte dabei nicht verhindern, daß ihre Stimme sich vor Nervosität überschlug.
    Franz nickte. »Aber wir haben keine andere Wahl.«
    Alle drei aufblasbaren Unterkünfte waren so stark beschädigt worden, daß sie nicht mehr repariert werden konnten. Wenn sie einen längeren Zeitraum draußen in dem scharfen Wind blieben, würden sie trotz ihrer isolierten Sturmanzüge eine Unterkühlung damit geradezu herausfordern. Ihr verzweifelter Bedarf an Schutz wog schwerer als die Gefahr, die von der Höhle ausging.
    Sie gingen wieder hinaus, trugen den Kurzwellensender — der die Zerstörung des Lagers überstanden zu haben schien — in die Eishöhle und stellten ihn an der hinteren Wand auf den Boden. Franz rollte ein Kabel von der Ersatzbatterie des unbeschädigten Schneemobils herein, und sie schlossen den Sender an. Rita schaltete ihn ein, und der Frequenzanzeiger leuchtete meergrün auf. Das Knistern des statischen Rauschens und ein unheimliches Pfeifen wurde von den Eiswänden zurückgeworfen.
    »Er funktioniert«, sagte sie erleichtert.
    Franz schob seine Kapuze zurecht, damit sie am Hals dichter saß. »Mal sehen, was ich noch retten kann«, sagte er, ließ die Taschenlampe bei ihr zurück und ging, in Erwartung des Windes die Schultern gekrümmt und den Kopf eingezogen, wieder in den Sturm hinaus.
    Er hatte die Höhle kaum verlassen, als ein dringender Funkspruch von Gunvald aus der Station Edgeway kam.
    Rita kniete neben dem Funkgerät nieder und bestätigte den Funkspruch schnell.
    »Was für eine Erleichterung, deine Stimme zu hören«, sagte Gunvald. »Sind alle in Ordnung?«
    »Das Lager wurde zerstört, aber Franz und mir geht es gut. Wir haben Schutz in einer Eishöhle gefunden.«
    »Harry und die anderen?«
    »Wir wissen nicht, was aus ihnen geworden ist«, sagte sie, und als sie fortfuhr, zog ihre Brust sich vor Besorgnis zusammen. »Sie waren draußen und haben Sprengladungen angebracht. Wenn sie in den nächsten fünfzehn Minuten nicht auftauchen, suchen wir nach ihnen.« Sie zögerte und räusperte sich. »Die Sache ist nur ... wir treiben.«
    Einen Augenblick lang war Gunvald zu verblüfft, um etwas zu sagen. Dann: »Bist du sicher?«
    »Eine Veränderung der Windrichtung hat uns darauf aufmerksam gemacht. Dann die Kompasse.«
    »Laß mich mal kurz nachdenken«, sagte Larsson mit hörbarer Beunruhigung.
    Trotz des Sturms und der starken magnetischen Störungen, die in diesen Breitengraden schlechtes Wetter begleiten, war Larssons Stimme klar und verständlich. Aber er war ja auch nur sechs Kilometer Luftlinie entfernt. Wenn der Sturm heftiger wurde und der Eisberg weiter nach Süden trieb, würden sie mit Sicherheit Verständigungsprobleme bekommen. Beide wußten, daß sie bald den

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