Elben Drachen Schatten
mit unvorstellbarer Wut auf alles ein, was sich bewegte. Furchtbare Schreie gellten über die Stadtmauern hinweg, während in ihrem Innern der Tod reiche Ernte hielt...
*
Kryll hatte den Gang der Schlacht mit Befriedigung beobachtet, aber jetzt kam vom östlichen Horizont etwas Weißes heran.
Shyrkondar! durchfuhr es Kryll.
Ihm hinterdrein folgten ein langer Kriegstroß. Ein gewalti- ges Heer schob sich über den Horizont.
Der weiße Vogel flog dieser Kriegsmeute voraus und ließ ein lautes Kreischen hören.
"Die Schwertarme meiner Krieger erlahmen nie!" rief Kryll dem Geschöpf wütend entgegen.
Als sich die fremden Heerscharen weiter genähert hatten, versetzte es Kryll einen Stich. Einige Gesichter jener Männer, die da herangekommen waren, erkannte er wieder. Er hatte sie auf dem Schlachtfeld bei Ri-Hai sterben sehen.
Und nun marschierten sie stumm, aber entschlossen auf ihn zu - gerade so, als wollten sich die Toten nun an ihm rächen.
"Es sind Untote, die der weiße Vogel hier in die Schlacht wirft!" stellte der Namenlose grimmig fest. "Er muß die Gefallenen von Ri-Hai mit seiner Magie wiederbelebt haben!" Er wandte sich zu Kryll herum. "Habe ich dich nicht immer vor dieser Kreatur gewarnt, Kryll?"
Das Heer der Untoten war nun schon sehr nahe herangekommen. Pfeile pfiffen durch die Luft und Schwerthiebe wurden ausgeteilt. Und hier und da geschah es, daß Tote ein zweites Mal starben...
"Wir müssen hier weg, Kryll!" sagte der Namenlose plötzlich.
"Warum?" fragte der könig.
"Das wirst du später begreifen. Folge mir!"
"Was ist mit den hohen Lords?"
"Vergiß sie! Komm jetzt, oder es ist zu spät!"
"Aber..."
"Komm jetzt!"
Die Stimme des Namenlosen klang hart. Er schlug seinem Pferd die Hacken in die Weichen und ließ das Tier vorwärts preschen.
Kryll folgte ihm.
Hinter sich vernahm der König der Praganier lauten Schlachtenlärm. Er schaute nur einen ganz kurzen Augenblick lang zurück.
Im Galopp ritten sie voran, bis der Namenlose sein Pferd endlich wieder zügelte.
Er wandte sich zu Kryll herum. Der König verengte die Augen ein wenig und blickte irritiert in die Finsternis unter der Kapuze seines namenlosen Verbündeten.
"Ich begreife nicht!" sagte Kryll.
Der Namenlose lachte freudlos.
"Diese Schlacht wird ewig währen, du Narr!" stieß er dann mit zynischem Unterton hervor.
Der König runzelte die Stirmn und schüttelte dann den Kopf.
"Wie meinst du das, Namenloser?"
"Genau so, wie ich es sage!"
"Aber eine Schlacht kann unmöglich ewig währen! Einmal ist eine der beiden kriegführenden Parteien unweigerlich besiegt!"
"Nicht bei dieser Schlacht, Kryll! In dieser Schlacht werden die Gefallenen wieder zum Leben erweckt!"
"Wer vermag soetwas?"
Unbehagen regte sich in Kryll.
"Tarak und Shyrkondar tun es! Auch die Arme der Untoten, die der weiße Vogel in die Schlacht geführt hat, erlahmen nicht!"
Kryll schluckte.
"Tarak? Ist er..." Ein furchtbarer Verdacht kam ihn ihm auf. "Hat er diese Welt betreten?"
Der Namenlose nickte.
"Ja, Kryll. Aber warum bist du so entsetzt darüber?"
Kryll ließ die Frage unbeantwortet.
Er blickte zurück zum Schlachtgeschehen. Es war ein befremdliches, aller Erfahrung widersprechendes Bild, wenn Krieger, die eben erst erschlagen worden waren, nach wenigen Augenblicken schon wieder zum Leben erwachten und weiterfochten. Diese Schlacht konnte wahrhaftig keinen Sieger und keinen Besiegten hervorbringen.
Sie würde ein ewiges Unentschieden bleiben - ein grausiges Gleichgewicht.
Tarak und Shyrkondar - sie beide paßten gleichermaßen nicht in Krylls Pläne. Er würde sie beide töten müssen, das wurde ihm in diesem Moment klar.
Er holte den Spiegel von Uz hervor.
"Wie kann ich den weißen Vogel bezwingen?" fragte er das magische Werkzeug.
"Ich will es dir sagen!" kam eine Stimme aus dem Spiegel. Eine kurze Pause folgte, dann fuhr die Stimme fort: "Du weißt, daß Shyrkondar auf einer Insel im naruanischen Meer lebt, die den Namen Givera trägt. Der weiße Vogel ist nur eine von vielen Erscheinungsformen des weißen Vogels. Aber äußere Erscheinungsform und Identität sind etwas Verschiedenes. Der weiße Vogel ist nur eine Illusion, ein Trugbild wie wie jene Geschöpfe, die du mit dem Ring von Kuldan zu rufen vermagst. Shyrkondar ist nicht hier, obwohl es den Anschein hat. Und auf der anderen Seite ist er dennoch hier und jetzt anwesend! Der weiße Vogel ist ein Geschöpf von Shyrkondars Geist. Durch dieses Geschöpf tritt er mit den
Weitere Kostenlose Bücher