Elbengift: Die Zwerge Von Elan-Dhor 1
einer Traumwelt zu leben. Das Leben ist nun mal keine friedliche Blumenwiese, obwohl ich es mir auch wünschen würde. Aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Und jetzt noch mehr als früher. Wir sind Krieger, vergiss das nicht.«
»Schon«, murmelte Thalinuel. Vielleicht hatte er Recht, und sie war manchmal zu idealistisch, überdachte die Folgen ihrer Handlungen nicht ausreichend genug, so wie in diesem Fall, weil ihr dafür das nötige Maß an Hinterlist fehlte. Verilon war in dieser Hinsicht härter und abgebrühter.
»Nun, unter diesen Umständen dürfte es wohl unser geringstes Problem sein, ob wir pünktlich wieder zurückkehren«, sagte sie.
»Nicht ganz. Wenn wir zu spät kommen, verzögert sich der Aufbruch, und dadurch besteht auch die Gefahr eines neuen Angriffs. Damit liefern wir dem König ein Argument gegen uns. Er wird uns Verantwortungslosigkeit vorwerfen.« Verilons Stimme klang wieder verbitterter, als er fortfuhr: »Warum bloß musste es überhaupt so weit kommen? Wer hätte noch vor wenigen Jahren auch nur im Traum daran gedacht, dass ein Elb nicht mehr gefahrlos frei umherwandern kann, dass sogar unsere Kriegertrupps einen Angriff fürchten müssen? Lotharon hat die Zeichen der Zeit einfach nicht erkannt. Oder sie nicht erkennen wollen . Jedenfalls blieb er untätig. Diese Untätigkeit werfe ich ihm noch viel mehr vor, als dass er den Überfall offenbar einfach so hinnehmen will.«
»Aber was hätte er denn deiner Meinung nach unternehmen sollen?«
»Es ist schon seit geraumer Zeit unverkennbar, dass die jüngeren Völker danach streben, ihren eigenen Weg zu gehen. Ich habe es vorhin schon gesagt, wir hätten sie anleiten müssen, damit dieser Weg auch weiterhin der bleibt, den wir sie gelehrt haben. Dann hätten wir uns ohne Verbitterung zurückziehen können und wären mit ihnen befreundet geblieben.«
»Was aber auch keine Garantie gewesen wäre, dass sie sich nicht dennoch von uns abgewandt und den Weg der Finsternis eingeschlagen hätten«, mischte sich Molakan ein, der ein Stück hinter ihnen ging und zu ihnen aufgeschlossen hatte. »Und wenn ihr noch lauter sprecht, können wir gleich einen Boten vorausschicken, der den Tzuul unser Kommen ankündigt.«
»Habt Ihr eine bessere Lösung? Seit dem frühen Abend betont Ihr immer wieder, was alles falsch gelaufen ist, und macht alles schlecht, was stattdessen vorgeschlagen wird, aber … Verzeiht, es steht mir nicht zu, so mit Euch zu reden«, unterbrach Verilon sich in wesentlich leiserem Tonfall und berührte zum Zeichen der Demut mit den Fingerspitzen der linken Hand die Stirn.
»Schon gut, wir sollten offen reden können, und ich schätze ein ehrliches Wort. Ich will im Gegenzug genauso ehrlich sein. In meinen Augen sind die jüngeren Völker wie Kinder. Und wir hätten uns meiner Überzeugung nach ihnen gegenüber auch so verhalten sollen – wie bei Kindern, die zu nah am Feuer spielen und sich zu verbrennen drohen: es ihnen verbieten! Die Macht dazu haben wir, und es geschähe nicht nur in unserem Interesse, sondern in dem aller Völker, selbst wenn sie es vielleicht nicht einsehen wollen.«
»Aber das widerspräche all unseren Prinzipien!«, protestierte Thalinuel, die nur mühsam ihre Stimme dämpfen konnte. »Sollen wir die anderen Völker unterdrücken und ihnen mit Gewalt unseren Willen aufzwingen? Es ist nicht unsere Art, andere zu versklaven!«
»Es geht nicht um Sklaverei«, widersprach Molakan. »Sie sollten doch nicht für uns schuften und könnten sich innerhalb sehr großzügig gesetzter Grenzen so frei verhalten, wie es ihnen beliebt. Im Grunde würden sie unsere Herrschaft kaum bemerken. Wir würden nur eingreifen, wenn sie diese Grenzen übertreten. Wir können nicht dulden, wenn sie Kriege anzetteln, andere Völker unterdrücken, den alten Dämonengöttern huldigen oder sie gar in diese Welt zurückzuholen versuchen, nachdem unser Volk sie unter so schrecklichen Opfern vertrieben und besiegt hat. Denn genau dieses Schicksal droht nun, wenn wir den anderen Völkern in ihrem Tun völlig freie Hand lassen und nur tatenlos zusehen. Zumindest die Nocturnen werden mit Sicherheit nicht zögern, wieder ihren alten, grausamen Kulten zu frönen.« Er seufzte. »Unser Volk ist nicht mehr so stark, wie es einmal war. Wenn die Finsternis zurückkehrt, werden auch wir nicht mehr die Kraft haben, sie ein weiteres Mal zu bezwingen. So weit dürfen wir es gar nicht erst kommen lassen. Wir müssen jetzt Stärke zeigen.«
»Und
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