Elbengift: Die Zwerge Von Elan-Dhor 1
wenn die jüngeren Völker sich gegen unsere Herrschaft auflehnen, wollt Ihr sie alle bekämpfen?« Thalinuel konnte sich nur mühsam beherrschen, sich ihr Entsetzen über Molakans Ansichten nicht allzu deutlich anmerken zu lassen. Sie war nur eine einfache Kriegerin, und er einer der Weisen und Mächtigen ihres Volkes, doch sein Vorschlag widersprach allen elbischen Idealen. Ausgerechnet ihn über die Unterdrückung Schwächerer reden zu hören, schockierte sie.
»Nicht, wenn es um Kleinigkeiten geht. Sie können ruhig größere Freiheiten haben. Aber wir dürfen nicht zulassen, dass sie sich für uns zu einer Gefahr … Psst!«
Er verstummte und blieb ruckartig stehen. Erst jetzt bemerkte Thalinuel, dass auch die Elbenkrieger vor ihnen stehen geblieben waren. Ihre Haltung drückte höchste Anspannung aus.
Während sie dastand und lauschte, konnte nun auch Thalinuel aus nächster Nähe Stimmen herandringen hören. Eine der Kriegerinnen kam lautlos auf Molakan zugehuscht.
»Wir haben das Lager der Tzuul entdeckt«, berichtete sie. »Es liegt dicht vor uns, gut getarnt und mit einer Palisade befestigt. Außerdem gibt es zwei Wachposten, doch sind sie nicht besonders aufmerksam. Sie scheinen nicht mehr mit einer Gefahr zu rechnen. Von den Trollen ist nichts zu entdecken. Wir können nicht sagen, ob sie sich ebenfalls im Lager aufhalten.«
»Gut.« Molakan nickte. »Ich verstehe nicht viel vom Kriegshandwerk. Aus diesem Grund werdet Ihr den Angriff leiten«, wandte er sich an Verilon. »Wir werden versuchen, so wenig Blut wie möglich zu vergießen, allerdings bezweifle ich, dass sich die Tzuul ergeben werden. Denkt daran, dass wir mindestens einen von ihnen lebend brauchen, am besten ihren Anführer. Ich werde versuchen, ihn mit einem Bann zu belegen. Und wenn sich auch die Trolle in dem Lager befinden – tötet sie!«
Vorsichtig drang Verilon weiter vor. Thalinuel folgte ihm. Das Lager der Tzuul war direkt an einen Steilhang gebaut. Mehr als mannshohe, oben zugespitzte und mit Seilen zusammengebundene Baumstämme umgaben es in einem Halbkreis, während es auf der anderen Seite durch die aufragende Felswand geschützt wurde. Innerhalb der Palisade gab es ein Tor, das jedoch geschlossen war.
Die Stimmen waren jetzt deutlicher zu hören. Sie klangen rau und dumpf, wie es für Tzuul charakteristisch war. Sie stammten von den beiden Wachen, von denen die Kriegerin gesprochen hatte. Diese saßen auf einer kleinen Plattform, die in wenigen Metern Höhe in der Astgabel eines Baumes nahe am Tor verankert war. Von dort aus konnten die Wächter jeden frühzeitig entdecken, der sich dem Lager näherte und nicht so perfekt wie ein Elb mit dem Unterholz zu verschmelzen vermochte, ohne selbst gesehen zu werden. Vielleicht hätten nicht einmal die Elbenspäher sie rechtzeitig entdeckt, wenn sie sich nicht so unbekümmert unterhalten hätten. Jetzt, kurz vor dem Ende der Nacht, schienen sie offenbar tatsächlich mit keinerlei Gefahr mehr zu rechnen.
Aus dem Lager selbst war nichts zu hören.
»Mit ein bisschen Glück können wir die Tzuul im Schlaf überraschen und ohne Widerstand gefangen nehmen. Aber zuerst müssen wir die Wachen ausschalten, um unbemerkt über die Palisade klettern zu können«, raunte Verilon. »Wahrscheinlich haben sie eine Strickleiter auf der Plattform, an der sie hinauf- und herabsteigen. Der Stamm ist ziemlich glatt, aber es könnte gelingen, daran emporzuklettern, auch wenn es schwer wird, dabei unbemerkt zu bleiben.«
»Warum erschießen wir sie nicht einfach?«, fragte einer der Krieger. »Zwei gut gezielte Pfeile, und die beiden werden niemanden mehr warnen.«
»Wir haben kein freies Schussfeld, sondern müssten durch das Geäst schießen. Die Gefahr ist zu groß, dass die Pfeile von einem Zweig abgelenkt werden und sie nur verwunden, statt sie sofort zu töten«, widersprach Verilon. »Nein, das ist zu unsicher. Zwei von uns müssen auf die Plattform hinaufklettern und die beiden erledigen. Hanusil, du wirst das übernehmen, zusammen mit …«
»Zusammen mit mir«, fiel Thalinuel ihm ins Wort. »Ich bin die geschickteste Kletterin von uns und habe die größten Chancen, es zu schaffen.«
Verilon zögerte. Der Gedanke behagte ihm sichtlich nicht. Thalinuel fragte sich, ob er ihr diese Aufgabe nicht zutraute oder ob es ihm widerstrebte, sie in solche Gefahr zu bringen, doch schließlich nickte er.
»Seid vorsichtig. Und ihr anderen haltet eure Bögen schussbereit. Falls etwas schiefgeht,
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