Elbengift: Die Zwerge Von Elan-Dhor 1
den Felsbrocken. Er bekam keine Luft mehr, überall um ihn herum war das verhasste Wasser. Warlon wurde herumgewirbelt und verlor jedes Gefühl für oben und unten, prallte gegen andere Körper und gegen Fels.
Dann war es plötzlich vorbei. Ein Sog erfasste ihn und riss ihn mit sich. Er schrammte über etwas Hartes, bekam eine Kante zu packen und klammerte sich instinktiv fest. Wasser rauschte über ihn hinweg. Ein Körper traf ihn. Warlon unterdrückte einen Schmerzensschrei, bei dem ohnehin nur Wasser in seinen Mund gedrungen wäre. Stattdessen griff er zu, bekam etwas Weiches zu fassen und hielt es mit einer Hand eisern fest.
Mit einem Mal war statt Wasser endlich wieder Luft um ihn herum, und er konnte wieder atmen. Gierig sog er die Luft ein.
»Bei Li’thil, seid Ihr wahnsinnig geworden? Lasst mich endlich los!«, polterte eine ebenfalls nach Luft japsende Stimme. Erst jetzt erkannte er, dass es Caron war, den er gepackt hielt, und zwar ausgerechnet am Bart. Der Sog des Wassers war verschwunden, und er ließ rasch los. Dann erst blickte er sich um.
Das Licht war schwach, die Fackeln im Stollen erloschen. Die Öffnung, durch die das Wasser eindrang, musste sich immer mehr vergrößert haben, bis die trennende Wand schließlich wohl ganz eingestürzt war. Was ihnen mit Muskelkraft nicht gelungen war, das hatte die Flutwelle geschafft. Sie hatte den Felsbrocken zum Umkippen gebracht und war darüber hinweggebraust. Ein Stück über ihnen brannte im Treppenschacht eine Laterne. In ihrem schwachen Schein konnte Warlon erkennen, dass sie auf dem nicht einmal einen Meter durchmessenden Brocken lagen. Seitlich davon strömte noch immer Wasser vorbei und ergoss sich die Treppe hinab, hatte aber nun genügend Platz und war längst nicht mehr so reißend wie zuvor.
Die meisten Zwerge hatten sich irgendwo festklammern können, doch nicht alle hatten dieses Glück gehabt. Undeutlich sah er die Gestalten von zwei Zwergen am Fuß der mehr als fünfzig Stufen langen Treppe liegen. Sie mussten von der Welle über den Stein hinweggespült und mit in die Tiefe gerissen worden sein.
»Was fällt Euch ein, Euch einfach an meinem Bart festzuhalten?«, empörte sich Caron. »Ich erwarte …«
»Ich habe Euch vor einem Sturz in die Tiefe bewahrt«, unterbrach Warlon ihn ruhig. »Wenn ich Euch nicht festgehalten hätte, würdet Ihr jetzt ebenfalls dort unten liegen.«
»Bei den Dämonen! Ich … ich stehe tief in Eurer Schuld, Kriegsmeister.«
Caron rutschte bis zur Kante des Felsens und machte Anstalten, auf die Treppe hinunterzuklettern, doch Warlon hielt ihn zurück. Noch immer strömte Wasser wie ein Sturzbach die Stufen hinunter.
»Wartet. Es ist zu gefährlich. Ich werde nach ihnen sehen.«
Vorsichtig ließ er sich von dem Felsen auf die Treppe hinab. Die Stufen waren glatt und rutschig geworden. Das Wasser reichte ihm bis zu den Knöcheln und schien wie mit unsichtbaren Fingern an seinen Füßen zu zerren. Warlon hielt sich ganz am Rand der Treppe und ging seitwärts die Stufen hinunter, den Rücken an die Wand gepresst, wobei er versuchte, sich wann immer möglich an irgendwelchen Vorsprüngen festzuhalten.
Unbeschadet erreichte er den Fuß der Treppe. Auch hier handelte es sich um einen Absatz, von dem aus die Treppe nach einer Kehre weiter in die Tiefe führte. Außerdem zweigten mehrere Stollen von hier ab, sodass das Wasser sich verteilte und einen großen Teil seiner Kraft verlor, sonst hätte es die Leichen wahrscheinlich noch weiter fortgetragen.
Denn tot waren die beiden Männer, daran gab es keinen Zweifel. Ihr Genick war gebrochen. Die Flutwelle musste sie mitgerissen und mit ungeheurer Wucht gegen die Wand geschmettert haben. Warlon konnte nichts mehr für sie tun.
Ihr Unterfangen hatte nicht in einer Katastrophe geendet, aber es hatte Todesopfer gefordert.
Wie fast alle offiziellen Bauwerke – und auch viele der Wohnhäuser – war der Königspalast von Zarkhadul wesentlich größer und prächtiger als der von Elan-Dhor, obwohl die Mine zumindest derzeit nicht einmal einen eigenen König hatte. Es gab Bestrebungen, das zu ändern, doch gingen sie hauptsächlich von einigen mächtigen Häusern aus, die sich Hoffnungen machten, jemanden aus ihrer Familie in diese machtvolle Position zu bringen. Bislang hatte der Hohe Rat ihrem Drängen widerstanden.
Zum Glück, wie Warlon fand. Gerade er und Ailin kämpften besonders entschieden gegen die entsprechenden Bestrebungen an, und er war froh, dass der
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