Elbengift: Die Zwerge Von Elan-Dhor 1
übergeben.«
»Genau darum bittet Illurien uns. Wenn etwas Fremdes ihn zu dem Versuch getrieben hat, das Tor zu öffnen, dann könnte das wieder geschehen, selbst wenn es jetzt unter den Trümmern der eingestürzten Halle begraben liegt. Lhiuvan ist nicht nur Krieger, sondern verfügt auch über starke magische Kräfte. Sie warnt uns eindringlich davor, einen zu allem entschlossenen Elben zu unterschätzen.«
15
DIE ZWERGENMINE
Thalinuels Geschichte, September 11657
alter Zeitrechnung der Elben
Wie Thalinuel gehofft – oder befürchtet – hatte, entwickelte die Besetzung von Karn eine Fanalwirkung, die sich innerhalb kürzester Zeit über weite Landstriche ausweitete. Viele Elben waren nicht länger bereit, sich die immer dreister werdenden Übergriffe der Menschen gefallen zu lassen. Vor allem kleinere Siedlungen hatten darunter zu leiden. Immer wieder hatte es Berichte über in Brand gesteckte Felder und ähnliche Vorfälle gegeben. Für einen einzelnen Elben war es mit größter Gefahr verbunden, den Schutz der Siedlungen zu verlassen, um in den Wäldern zu wandern oder andere Ortschaften aufzusuchen. Kein Weg war mehr sicher. Sogar größere Reisegruppen wurden immer häufiger aus dem Hinterhalt überfallen.
Selbst Thalinuel hatte sich nicht vorstellen können, wie groß der Groll über all diese Vorfälle innerhalb ihres Volkes mittlerweile geworden war. Dabei spielte es eine besondere Rolle, dass die Elben ungleich stärker als die Menschen waren und deshalb jederzeit die Möglichkeit gehabt hätten, gegen die Anfeindungen vorzugehen. Auch herrschte immer noch große Empörung darüber, dass die Übergriffe nicht etwa von Feinden, sondern von Völkern verübt wurden, die man bis vor kurzer Zeit noch als Freunde betrachtet und gefördert hatte. Inzwischen hingegen nahmen viele sie als Feinde wahr.
Was in Karn geschehen war, hatte schnell Schule gemacht. Jetzt, knapp zweieinhalb Monate später, standen zahlreiche Ortschaften der Menschen, von denen aus Feindseligkeiten verübt worden waren, unter elbischer Kontrolle. Dies hatte sich als die wirksamste Methode erwiesen, weitere Übergriffe zu verhindern. Natürlich rührte sich auch weiterhin vielerorts Widerstand, doch war es einfacher, diesen direkt innerhalb der Dörfer im Keim zu ersticken, als den Menschen die Gelegenheit zu geben, Ort und Zeitpunkt ihrer Anschläge frei zu wählen.
»Ich fand es zwar unerträglich, dass wir uns alles haben gefallen lassen, und ich habe mir gewünscht, dass wir den Menschen eine Lektion erteilen, aber was jetzt geschieht, ist nicht das, was ich mir vorgestellt habe«, sagte Thalinuel. »Wir beherrschen inzwischen zahlreiche Dörfer und Städte. Wie soll das auf Dauer weitergehen? Wir sind doch keine Besatzer und Unterdrücker!«
»Aber ich sehe keinen anderen Weg, unsere Sicherheit zu gewährleisten«, erwiderte Verilon, der neben ihr ritt. »Wir haben vergeblich versucht, die Liebe und Achtung der anderen Völker zu erringen, aber ihre Gefühle sind in Hass umgeschlagen. Solange das anhält, ist es besser, wenn sie uns fürchten, als dass sie uns für schwach und unentschlossen halten.«
Eine goldene Septembersonne schien von einem azurblauen, nur mit wenigen Wölkchen gesprenkelten Himmel herab. Es war warm, aber nicht heiß, da ein sanfter Ostwind für etwas Abkühlung sorgte. Ein herrlicher Tag, um am Meer zu wandern oder einen Ausritt durch die Wälder zu unternehmen, doch stattdessen befanden sie sich auf einem Kriegszug.
»Furcht«, wiederholte Thalinuel bitter. »Ist es das, was wir in der Welt verbreiten wollen? So schüren wir nur noch immer mehr Hass. Es heißt, dass die Menschen im Norden ein Heer aufstellen, um gegen uns zu ziehen, obwohl sie wissen müssen, dass sie uns im offenen Kampf himmelweit unterlegen sind. Das ist doch alles Wahnsinn! Wohin soll das noch führen?«
»Zu einer friedlicheren Welt, in der ein Elb wieder frei dorthin gehen kann, wohin er möchte«, entgegnete Verilon hart. »Wir wurden einst in diese Welt entsandt, um das Chaos zu bekämpfen, und an dieser Aufgabe sollten wir unser Tun weiterhin ausrichten. Schon gegen die Diener der Chaosgötter haben wir zum Schwert greifen müssen, und nun ist dies offenbar wieder nötig.«
»Aber die jüngeren Völker sind keine Diener der Chaosgötter.«
»Und doch verrichten sie ihr Werk, auch wenn sie sich dessen vielleicht selbst nicht einmal bewusst sind. Unsere Bemühungen, ihnen friedlich unsere Werte zu vermitteln und sie auf
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