Elbengift: Die Zwerge Von Elan-Dhor 1
Stück zurückzudrängen.
Haarscharf neben ihr sauste die Axt durch die Luft. Sie versetzte einem der Zwerge einen Tritt gegen die Brust und ließ ihr Schwert herumsausen. Es durchbohrte den Unterarm des Axtkämpfers.
Sie entschloss sich, alles auf eine Karte zu setzen. Statt die Waffe zurückzureißen, ließ sie das Schwert los und nutzte die winzige Atempause, die sie gewonnen hatte, zur Flucht. Mit einem Schritt war sie an der Öffnung. Ihr blieb keine Möglichkeit, sich erst herumzudrehen, hindurchzusteigen und nach Halt zu suchen, um an der Felswand hinabzuklettern. Jeder derartige Versuch hätte ihren sicheren Tod bedeutet.
Stattdessen flankte sie mit den Beinen voran über die knapp halbmeterhohe Brüstung und durch das Loch im Fels in die Tiefe. Sofort verschlang die Dunkelheit sie wieder.
Der Abstand zum Boden betrug gut vier, fünf Meter, aber blind, wie sie war, schien der Sturz ewig zu dauern, als würde sie inmitten der Schwärze schweben.
Dann erfolgte der Aufprall.
Thalinuel versuchte sich darauf vorzubereiten, aber da sie den Boden nicht sehen und den richtigen Moment nicht exakt abpassen konnte, arbeiteten ihre Reflexe um eine Winzigkeit verzögert. Ein stechender Schmerz zuckte durch ihren rechten Fuß, obwohl sie sich sofort nach vorne fallen ließ, um dem Aufprall die schlimmste Wucht zu nehmen, und sich über die Schulter abrollte.
Während des Abrollens prallte sie gegen ein weiches Hindernis und kam darauf zum Liegen. Erst verspätet begriff sie entsetzt, dass es sich um einen Leichnam handelte. Sie versuchte aufzustehen, doch sofort begann der Schmerz wieder in ihrem Knöchel zu wüten. Sie biss die Zähne zusammen. Wie sie es gelernt hatte, zwang sie sich, alle störenden Gedanken aus ihrem Geist zu verbannen, sich nur auf den Knöchel zu konzentrieren und den Schmerz zu bekämpfen.
Es fiel ihr schwerer als gewöhnlich, da sich zusätzliche Panik in ihr Denken mischte, als sie merkte, dass sich die Dunkelheit um sie herum zu lichten begann. Wenn sich die Dunkelwolke auflöste, würde sie hilflos hier sitzend ein leichtes Ziel für die Speere der Zwerge werden.
Es gelang ihr nicht, den Schmerz völlig zu verbannen, dennoch stemmte sie sich nach einigen Sekunden erneut auf die Beine und machte ein paar taumelnde Schritte. Es war bereits so hell geworden, dass sie die Leichen derer, die von den Zwergen abgewehrt worden und in die Tiefe gestürzt waren, mit verrenkten Gliedern auf dem Boden liegen sehen konnte. Mühsam und mit schmerzverzerrtem Gesicht humpelte sie an ihnen vorbei. Auch das Stöhnen von Verwundeten drang an ihre Ohren.
Eine Gestalt löste sich aus den Schatten vor ihr und kam auf sie zu. Es war Hialdon.
»Thalinuel!«, stieß er hervor und griff nach ihr. Schwer stützte sie sich auf seine Schulter und entlastete ihren Fuß. Weitere Elben kamen ihnen entgegen, um nach Verletzten zu suchen, während er ihr half, die Schlucht zu verlassen.
16
SARN UND GHOULE
Juli 9430 neuer Zeitrechnung der Elben
Ein Reisender kam nach Tal’Orin …
Die Schatten zwischen den Bäumen schienen dichter zu werden, als sie seine Annäherung bemerkten. Selbst der Wind schien abzuflauen, und das Rascheln der Blätter und Zweige verstummte, als lauschten sie und beobachteten dieses ungewöhnliche Ereignis.
Es gab keine Wege, die nach Tal’Orin führten. Jahrhunderte, vermutlich sogar Jahrtausende waren vergangen, seit zuletzt jemand diesen von der Welt vergessenen Ort aufgesucht hatte. Ursprünglich hatte er nahe des südöstlichen Randes von Elem-Laan gelegen, dem Finsterwald, wie er von den Menschen genannt wurde. Im Laufe der Zeit hatte sich der Wald jedoch ausgebreitet und die einstige Kultstätte verschlungen, sodass sie nun viele Meilen tief in seinem Inneren lag.
Lhiuvan kannte Elem-Laan nur aus Erzählungen. Einst hatten Elben ihn gepflegt. Dann jedoch hatten sie sich zurückgezogen, hatten den Wald sich selbst überlassen, und die Bäume waren unfreundlich geworden, vor allem, seit die Menschen versucht hatten, ihn zu zähmen – seine weitere Ausbreitung zu verhindern und Straßen hindurchzuschlagen. Ihre Bemühungen waren vergeblich gewesen, doch seit dieser Zeit war es noch gefährlicher geworden, den Wald zu durchqueren.
Den Schilderungen zufolge, die bis ins goldene Tal gedrungen waren – vor allem Warlons Bericht –, duldeten die Bäume nicht einmal andere Pflanzen, und nur wenige Tiere lebten in Elem-Laan. Zumindest für die südöstlichen Ausläufer des Waldes galt
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