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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erlebt und erlitten hatte. Er schloss seinerseits die
Arme um sie und genoss das Gefühl ihrer Nähe, ihrer
Wärme und die Geborgenheit, mit der sie ihn erfüllte. Hätte irgendein Ritter oder gar Mandrake oder Artus sie in
diesem Moment gesehen, wäre dies vermutlich ihrer beider Todesurteil gewesen, aber selbst das war ihm in diesem Moment egal.
»Ich wollte es tun«, flüsterte Gwinneth. »Ich war fest
entschlossen, fortzugehen, noch am selben Tag, in der
gleichen Stunde. Aber ich konnte es nicht.«
»Er hätte dich niemals gehen lassen«, sagte Lancelot.
»Er kam zu mir und sagte, dass er die Hochzeit vorverlegen würde«, fuhr Gwinneth fort, als hätte sie seine Worte gar nicht gehört. »Er sagte, eine große Schlacht stünde
bevor und er wolle mich nicht zur Witwe machen, noch
bevor wir verheiratet wären.« Sie lachte, aber es klang
eher wie ein Schluchzen. »Er hat mich nicht gefragt, verstehst du? Er hat es einfach befohlen.«
»Du hattest keine andere Wahl«, sagte Lancelot noch
einmal, aber auch diesmal war es so, als ob Gwinneth seine Worte nicht wirklich hörte.
»Wir haben noch in derselben Stunde geheiratet. Und er
ist noch am selben Tag mit dem Heer losgezogen, um gegen die Pikten zu kämpfen.«
»Du hattest keine andere Wahl«, sagte Lancelot zum
dritten Mal, aber diesmal reagierte Gwinneth darauf.
Sie riss sich mit einem Ruck los und trat einen halben
Schritt zurück. Ihre Augen blitzten, als sie den Kopf hob
und ihm ins Gesicht sah.
»Doch, die hatte ich«, widersprach sie heftig. »Ich hätte
gehen können! Er hätte es niemals gewagt, mich gewaltsam zurückzuhalten!«
Aber nicht einmal dessen war Lancelot sich noch sicher.
Während er Gwinneth ansah und den unendlichen
Schmerz in ihren Augen erblickte, fragte er sich, wieso er
sich jemals so lange in Artus hatte täuschen können.
Von allen Bewohnern Camelots – Merlin vielleicht ausgenommen – war über Jahre er derjenige gewesen, der
Artus am nächsten gekommen war. Er hatte ihn schon als
Kind von einer Seite kennen gelernt, die kein Fremder und
auch die meisten seiner Ritter nicht an ihm vermutet hätten, denn auch ein König war letzten Endes ein Mensch
und nicht immer perfekt und nicht immer gut. Und dennoch war er in den letzten Tagen und Wochen einem Artus
begegnet, der ihm völlig fremd war.
»Es ist nun einmal geschehen«, sagte er. »Und wir können nichts daran ändern.«
»Doch, das können wir«, behauptete Gwinneth. »Wir
können weggehen, Lancelot. Nur du und ich. Wir können
einfach fliehen. Niemand wird uns aufhalten.«
Und vermutlich würde uns im Moment sogar niemand
verfolgen, fügte er in Gedanken hinzu. Artus und seine
Ritter hatten im Augenblick anderes zu tun. Aber natürlich
wusste er auch, dass dieser Gedanke lächerlich war. Er
hatte einen Eid geschworen, und was noch viel mehr zählte: In dem Moment, in dem er die Rüstung angelegt und
das Schwert das erste Mal in die Hand genommen hatte,
war er einen Bund eingegangen, dessen Tragweite ihm
noch nicht wirklich bewusst war.
»Nein, Gwinneth, das können wir nicht«, sagte er leise.
»Und wir dürfen uns auch nicht wieder sehen. Nicht allein.«
Gwinneth setzte zu einer Antwort an, aber plötzlich füllten sich ihre Augen mit Tränen, sie trat einen Schritt zurück und rang nach Worten. Dann drehte sie sich mit einem Ruck um und verschwand in der Nacht.
Lange stand Lancelot da und starrte ihr nach. Alles in
ihm schrie danach, ihr nachzulaufen und sie zurückzuhalten und genau das zu tun, was sie gerade vorgeschlagen
hatte, nämlich zusammen mit ihr diese Burg und dieses
Land zu verlassen. Aber er rührte sich nicht.
Wie Artus befohlen hatte, trafen sie sich eine Stunde später alle wieder im Thronsaal. Sämtliche Ritter waren gekommen, darunter auch einige, die Lancelot beim Abendessen vermisst hatte, und auch einer, dessen Anblick ihn
ganz besonders freute – Sir Galahad. Der hoch gewachsene, blonde Tafelritter mit den freundlichen Augen sah so
gesund aus, als wäre er niemals verletzt worden, und er
trug eine Rüstung, die so blitzte und schimmerte, als käme
sie geradewegs aus der Werkstatt des Schmiedes, was
auch tatsächlich der Fall war, wie Lancelot später erfuhr.
Trotz des Ernstes der Lage stand er auf, als Lancelot hereinkam, und eilte ihm mit einem strahlenden Lächeln
entgegen, um ihn kurz, aber heftig in die Arme zu schließen.
»Lancelot! Wie froh bin ich, Euch wieder zu sehen!« Er
trat einen Schritt zurück und sah

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