Elbensturm: Die Zwerge von Elan-Dhor
mit zahlreichen Orden, Tressen und Goldlitzen behängte Uniform, sowie einen blank geputzten, in zwei Spitzen auslaufenden goldenen Helm, der in der Sonne wie ein Diamant gleißte. Bei vielen Männern hätte eine solche Aufmachung nur lächerlich gewirkt, doch Tajir war ein alter Haudegen mit eisgrauem Haar, der eine so starke Ausstrahlung besaß, dass er vermutlich selbst in einem alten Kartoffelsack noch Ehrfurcht gebietend gewirkt hätte.
Seine Eskorte bestand aus einhundert Kriegern, auch sie alle in Galauniformen, als sie in das Zeltlager des lartronischen Heeres geritten kamen.
Es fiel Lhiuvan leicht, sich diesen Auftritt zu erklären. Die Beratung fand nicht nur auf Einladung König Kalmars statt, sondern außerdem in seinem Zeltlager. Er war der Herrscher von Lartronia. Dies war sein Hoheitsgebiet, und die radonische Armee war in dieses eingedrungen. Vor allem aber war er von königlichem Geblüt, während Tajir nur General war, weshalb es Kalmar nicht zuzumuten war, ins Lager des feindlichen Heeres zu reiten, um bei diesem General vorzusprechen, da er nicht als Bittsteller unterwegs war. Allenfalls hätte man einen neutralen Treffpunkt wählen können, doch die Befehle des unter dem Einfluss Ailas stehenden Königs Lorian an seinen General lauteten anders.
Aber wenn er schon seinem Gegenspieler die Aufwartung machen musste, wollte Tajir wenigstens durch seinen Auftritt Macht und Würde repräsentieren. Unmittelbar vor König Kalmar, der die Gesandtschaft vor dem Eingang seines Zeltes erwartete, zügelte er sein Pferd, stieg ab und verbeugte sich.
»Meine Ehrerbietung, Euer Majestät, König Kalmar von Lartronia. Ich danke Euch für diese Einladung und bin gekommen, Euch die Grüße meines Herrn, König Lorian von Radon, zu überbringen.«
»Ich wünschte, er wäre selbst gekommen, um sie mir auszurichten«, erwiderte Kalmar kühl. »Und vor allem wünschte ich, er hätte es getan, ehe sein Heer die Grenzen meines Landes überschritten hat.«
Tajir gab sich Mühe, sich nichts anmerken zu lassen, doch gelang es ihm nicht völlig, seinen Ärger über die wenig freundliche Begrüßung zu verbergen.
»Um darüber zu sprechen, bin ich gekommen. Ich kann Euch versichern, dass dies kein Akt der Aggression war, der gegen Euch oder Euer Reich gerichtet ist. Mein Herr wünscht keine kriegerischen Auseinandersetzungen mit Lartronia. Wenn wir dennoch die Unantastbarkeit Eurer Grenzen verletzt haben, so nur aus Gründen, die sich auch für Euch zu einer Bedrohung entwickeln könnten, der wir gemeinsam entgegentreten sollten. Aber das sollten wir nicht hier in aller Öffentlichkeit besprechen. Was ich Euch zu berichten habe, ist nur für Eure Ohren und die Eurer Vertrauten bestimmt.«
»Ihr habt Recht, General Tajir. Wir haben viel zu besprechen, das nicht jeder hören muss. Außerdem habe ich einen kleinen Imbiss vorbereiten lassen. Folgt mir.«
Zusammen mit einigen Beratern, zu denen auch Lhiuvan in seiner Tarnung als Kyrill-Priester gehörte, trat er ins Zel t. Tajir folgte ihm mit einigen Vertrauten seines Generalstabes. Im Inneren des Zeltes war eine Tafel mit allerlei Köstlichkeiten aufgebaut, an der sie Platz nahmen. Diener eilten mit Krügen umher und schenkten Wein ein.
Während des Essens wurden nur einige höfliche Belanglosigkeiten ausgetauscht. Immerhin jedoch erfüllte es den Zweck, die frostige Atmosphäre ein wenig zu entspannen. Erst nachdem der Tisch abgeräumt worden war, begannen die eigentlichen Beratungen.
»Immer wieder sind in den vergangenen Jahren von den Barbaren Überfälle auf radonisches Territorium durchgeführt worden«, begann Tajir. »Sie plündern unsere Dörfer, vergewaltigen unsere Frauen, und es kommt nicht selten auch zu Toten. Zur Verantwortung ziehen können wir sie dafür nie, da sie sich nach den Angriffen stets wieder auf lartronisches Gebiet zurückziehen, wohin wir ihnen nicht folgen dürfen. So können sie ungehindert in ihrem Treiben fortfahren.«
»Die Situation ist mir bekannt«, antwortete Kalmar gedehnt. »Und glaubt mir, auch ich bin nicht glücklich darüber.«
»Dennoch unternehmt Ihr nichts dagegen. Obwohl wir Euch wieder und wieder um Beistand in dieser Angelegenheit gebeten haben, bleibt Ihr untätig.«
»Die Wälder im Osten sind groß und dicht. Selbst eine ganze Armee würde nicht ausreichen, sie zu durchkämmen, zumal die Barbaren dort beheimatet sind und das Terrain kennen. Sie würden sich zurückziehen und stets aufs Neue aus dem Hinterhalt
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