Elbensturm: Die Zwerge von Elan-Dhor
einen Eindruck von ihm?«
Gelinian zögerte und starrte auf den Fluss.
»Ich weiß es nicht. Man … sollte niemanden beurteilen, den man nur so kurz kennt, und ich habe kaum eine Stunde in seiner Gegenwart verbracht. Er hat gut und überzeugend gesprochen, und er war sehr zerknirscht, dass Lhiuvan ihnen durch die Hilfe anderer entkommen ist und sie ihn seither nicht wieder einfangen konnten.«
»Aber?« Fragend blickte Serilana sie an. Gelinian und sie kannten sich viel zu lange und zu gut, als dass sie ihr etwas hätte vormachen können.
»Er war mir unheimlich«, stieß sie hervor. »Es war das erste Mal, dass mir so etwas in Gegenwart von jemandem aus unserem eigenen Volk passiert ist, aber so war es. Er machte im Grunde einen sympathischen Eindruck, aber er hatte etwas an sich … Ich kann es nicht beschreiben. Es war nichts Bestimmtes, weder etwas, das er gesagt, noch, was er getan hat. Aber irgendetwas an ihm flößte mir vom ersten Moment an Unbehagen ein.«
Einige Sekunden herrschte Schweigen.
»Ich denke, wir sollten selbst einmal mit diesem Pelariol sprechen«, ergriff Tagarin schließlich wieder das Wort. »Er muss eine ziemliche Überzeugungskraft besitzen, wenn die Herrin nur auf seinen Bericht hin unser Volk bereits gegen die Zwerge einzunehmen versucht, noch ehe sie die Beweise überhaupt gesehen hat.«
»Das wird leider nicht möglich sein. Er ist schon wieder fort.« Gelinian war nicht einmal sicher, ob sie es wirklich bedauerte. Sie konnte nicht sagen, warum Pelariol ihr solches Unbehagen bereitete, aber es war so. Schon der Gedanke daran, erneut mit ihm zusammenzutreffen, ließ sie erschauern. Es war, als würde sie sich an seiner statt an eine Wolke aus Dunkelheit erinnern. »Schon kurz nach dem Gespräch mit meiner Mutter ist er wieder aufgebrochen, um nach Lartronia zurückzukehren und die Jagd nach Lhiuvan fortzusetzen.«
Und inzwischen war er hoffentlich schon viele, viele Meilen entfernt …
»Die Jagd auf Lhiuvan scheint für ihn ja eine fast heilige Mission zu sein. Ich kann mich nicht erinnern, seinen Namen schon mal gehört zu haben«, erkundigte sich Serilana. Sie fischte mit der Hand einige Blätter aus dem Fluss und ließ sie dann weiterschwimmen. »Stammt er aus dem Tal?«
»Nein, aus der Gefangenschaft der Thir-Ailith. Er hat einige Jahre hier gelebt, ist dann aber mit einigen anderen umhergezogen, um sich in der Welt umzusehen. Zuletzt haben sie in Gormtal gelebt und gegen die dort herrschenden Ausschweifungen angekämpft.«
»Gerade für die Elben, die unter der Tyrannei der Thir-Ailith aufgewachsen sind, ist Lhiuvan ein Held gewesen, da er maßgeblich daran beteiligt war, sie zu befreien. Dann verstehe ich erst recht nicht, warum dieser Pelariol so versessen darauf ist, ihn zu fangen.«
»Er ist zornig, weil sie ihn bereits festgenommen hatten, er ihnen aber wieder entkommen ist. Das kann ich gut verstehen. Und ich verstehe auch, dass gerade Leute wie Pelariol von ihm besonders enttäuscht sind, eben weil Lhiuvan für sie ein tadelloser Held war. Sie fühlen sich von ihm in besonderem Maße betrogen.«
»Möglich.« Tagarin wirkte nicht allzu überzeugt. »Die ganze Angelegenheit mit Lhiuvan ist schon seltsam genug. Für seinen Verrat, seine merkwürdigen Ausflüchte und seine Flucht finde ich einfach keine Erklärung. Und nun passiert wieder etwas sehr Merkwürdiges, in das er zumindest am Rande verstrickt ist. Ich frage mich, ob nicht mehr dahintersteckt …«
Gelinian rang kurz mit sich. Schon der Gedanke, noch einmal mit Pelariol zusammenzutreffen, verursachte ihr eine Gänsehaut, doch sie überwand ihren Abscheu.
»Möglicherweise weiß Pelariol mehr darüber, als er gesagt hat. Wir sollten auf alle Fälle noch einmal mit ihm sprechen. Er hatte einen langen Ritt hinter sich, als er hier eintraf, und sich nicht viel Ruhe gegönnt. Vor allem sein Pferd dürfte erschöpft sein. Es kann nicht schwer sein, ihn einzuholen. Tagarin, ruf ein Dutzend vertrauenswürdige Krieger zusammen, aber sag niemandem, was wir vorhaben. Illurien darf auf keinen Fall davon erfahren. Wir brechen so schnell wie möglich auf.«
Unbeeindruckt ließ Warlon seinen Blick über die in ihren Galauniformen herausgeputzten Menschen schweifen. Er kannte sich mit ihren Ehren- und Rangabzeichen nicht aus, doch bereitete es ihm keine Schwierigkeiten zu erkennen, wer von ihnen ein echter Krieger war und schon selbst auf dem Schlachtfeld gestanden hatte und wer nur aufgrund von Speichelleckerei und
Weitere Kostenlose Bücher