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Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Titel: Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
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los.

40
     
    Auf dem Weg zurück zum Fichtelberg saß Lau’Ley hinten im Hubschrauber, während Laurin die Maschine selbst flog. Sie war wütend, dass die Nachricht über die entlaufene Auserwählte die Nacht ruiniert hatte, und beschloss im Stillen, dass sie sich mehr Mühe geben wollte herauszufinden, wieso Laurin derart besessen von der Hüterin war, dass er dafür sogar sein Fest mit den Menschen abgebrochen hatte, um in Aarhain alles für ihre Ankunft vorzubereiten.
    Lau’Ley war bewusst, dass sie äußerste Vorsicht walten lassen musste, um ihn nicht gegen sich selbst aufzubringen. Noch mehr als er es hasste, wenn jemand seine Pläne hinterfragte, hasste er es, wenn man versuchte, ihn auszuspionieren. Das konnte als Resultat im schlimmsten aller Fälle ihren Tod bedeuten. Normalerweise würde sie dieses Risiko um jeden Preis vermeiden, aber normalerweise machte seine Geheimnistuerei sie auch nicht so fuchsig wie sein geradezu obsessives Gebahren um die Auserwählte. Mittlerweile war Lau’Ley tatsächlich eifersüchtig – und sie hasste es, eifersüchtig zu sein. Hasste es wie die Pest. Und dann auch noch auf eine völlig Unbekannte. Das Gefühl war so absurd wie echt, und es fraß in ihren Eingeweiden wie eine ausgehungerte Ratte.
    »Lima One an Tower«, hörte sie Laurin in das Mikrofon seines Headsets sprechen. »EAT minus fünfzehn. Over.«
    Verfluchtes Pilotengequatsche, dachte Lau’Ley. Wieso sagt er nicht einfach: »Hier ist Laurin. Ich bin in einer Viertelstunde da.« ?
    Der zornige Gedanke sang ihr selbst ein Lied darüber, wie gereizt sie war, und entgegen ihrer Natur verspürte Lau’Ley keine Lust, diese Gereiztheit zu unterdrücken.
    Oh, ihr Götter, ich schmolle, merkte sie selbst und hätte sich dafür am liebsten in den Arsch gebissen. Ich schmolle wie ein Teenie bei einem geplatzten Date . Lau’Ley wusste nicht, worauf sie wütender war – auf Laurin, auf die verdammte Auserwählte … oder auf sich selbst. Wie wütend sie war, merkte sie daran, dass sie ihre Fingernägel so tief in die Handflächen krallte, dass diese zu bluten begonnen hatten, und sie befürchtete, dass ihre Wut den Punkt ihrer Selbstbeherrschung bald überschritten haben würde.
    »Lima One hier«, sagte Laurin.
    Scheinbar war er angefunkt worden.
    »Was!?«, rief er ins Mikro. »Sie ist euch entkommen?«
    Lau’Ley konnte nicht anders, als zu grinsen. Sie hob schnell die Hand vor das Gesicht und leckte sich das Blut ab, damit Laurin nicht zufällig in dem Passagierspiegel sehen konnte, wie sehr sie sich freute. Sie konnte sich zwar nicht vorstellen, dass sie jetzt wieder ins Albion zurückfliegen würden, aber für den Rest der Nacht würde Laurins Aufmerksamkeit wieder vollends ihr gehören. Was war sie doch für ein besitzergreifendes Biest. Sie schmunzelte – das war eben ihre Natur.
    »Im Fluss?«, fragte Laurin gerade in das Headset hinein. »Wo habt ihr sie zuletzt gesehen?«
    Lau’Ley stutzte. Laurin klang wieder nüchtern und überlegt. Vermutlich hatte er gerade einen Einfall, wie er die Auserwählte doch noch in die Hände bekommen konnte – und Lau’Ley ahnte auch schon, welcher das war …
    Sie sah ihren Verdacht bestätigt, als Laurin den Hubschrauber in eine weite Linkskurve lenkte und das Innenbordmikro aktivierte.
    »Lau’Ley«, sagte Laurin. »Mach dich bereit. Das eben war Gerulf. Sein Trupp hat versagt. Wir brauchen dein kleines Schoßtierchen.«
    Elfeinhalb Minuten später schwebte Laurins Helikopter, regungslos wie eine schwarze Libelle auf der Lauer, im Stealth-Modus nur vier Meter über den die Lichter der Stadt spiegelnden Wassern der Elbe. Die sirrenden Rotorblätter schufen eine weite Wellenrose auf der trotz der Strömung ansonsten eher glatten Oberfläche. Lau’Ley öffnete die Schiebetür und schwebte hinaus auf eine der Kufen. Dort schloss sie die Augen und breitete die Arme aus …
    … um Kontakt aufzunehmen.
    Von ihren halb geöffneten, vollen Lippen floß eine uralte Melodie, die so zärtlich war wie das Wiegenlied einer Mutter.
    »Barn sidhastr,
    Aldinn hoggunatt,
    Uppgang heilsa thin modhir!
    Barn sidhastr,
    Aldinn hoggunatt,
    Uppgang heilsa thin modhir!«
    Letztes der Kinder,
    Der Mittwinternacht Frucht,
    Komm empor, deine Mutter zu grüßen!
    Sie wiederholte die drei Verse immer und immer wieder, ohne sich dabei von Laurins ungeduldigen Blicken irritieren zu lassen, die sie auch ohne Augen im Rücken deutlich spüren konnte.
    » Barn sidhastr,
    Aldinn

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