Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards
nächster Herr wird mir ganz gewiss mehr Blut zu trinken geben als du .
Alberich wollte die Waffe gerade in eine Vitrine stellen, als Svenya sagte: »Wartet. Da ist noch eine Rechnung offen.«
Sie nahm das Schwert aus der Hand des Elbenkönigs und zog es aus der Scheide.
Überraschte Rufe schollen durch den Raum – und warnende.
»Was tust du da?«, fragte Hagen bestürzt. »Jetzt will er Blut, und wenn er keines bekommt, trinkt er deines!«
Wie wahr, wie wahr, rief die Zauberklinge triumphierend.
»Nehmt meines!«, sagte Yrr und trat vor Svenya hin. Svenya fühlte, wie das Schwert in ihrer Faust zuckte. Sie konnte es kaum bremsen zuzuschlagen.
»Nein«, sagte Svenya fest. »Diese Klinge wird nie wieder jemandes Blut trinken – und auch nie wieder jemanden betrügen … oder ihren Träger in der Stunde der Not im Stich lassen. Nie wieder!«
Was?, schrie Blodhdansr. Du wagst es, mir zu drohen? Du hast keine Ahnung, mit wem du es zu tun hast!
»Du irrst, Klinge«, erwiderte sie. » Du hast keine Ahnung, mit wem du es zu tun hast. Denn ich bin die Hüterin Midgards, und du bist nur ein Stück viel zu viel dummes Zeug quasselndes Blech.«
Das Schwert wollte ihr im wahrsten Sinne des Wortes an den Hals springen, doch Svenya hielt es unter großer Kraftanstrengung in Schach. Mit zwei schnellen Schritten trat sie zu dem Amboss hin, auf dem Alberich Sal’Simlir geschmiedet hatte.
»Zurück!«, rief sie den anderen zu, holte dann weit aus und schlug Blodhdansr mit aller Macht auf das Eisen.
Begleitet von einem ohrenbetäubenden Kreischen, das Svenya bis ins Mark ging, zersplitterte die Klinge in tausend Stücke.
Als sie sich zu den anderen umwandte, stieß sie den jetzt klingenlosen Knauf in die Höhe. »So soll es allen ergehen, die mich und Elbenthal verraten!«
Alberich, Hagen und Yrr stießen Rufe der Zustimmung aus.
»Und jetzt«, sagte Svenya, »möchte ich gerne mein neues Reittier sehen.«
TEIL 7
ZUHAUSE
47
Während sie den Weg zu ihrem Palast gingen, konnte Svenya an Hagens Miene ablesen, dass er ihr wegen des Speers noch immer grollte. Sie fand, das hatte er, nach seiner Selbstzufriedenheit darüber, wie er sie zum Bestehen der Prüfung manipuliert hatte, redlich verdient, riss sich aber zusammen, um nicht zu schmunzeln oder ihn zusätzlich damit aufzuziehen. Sie war bester Laune – inzwischen war all der Schrecken der letzten Stunden von ihr gewichen wie das Blut des Wyrm bei ihrem Bad im Wald. Ihr war, als hätte sie die Ereignisse – den Kampf gegen Laurins Leute, die Unterwasserschlacht gegen den Grynd’Nirr und das Duell mit Yrr – gar nicht selbst erlebt, sondern nur von außen betrachtet. Alles, was davon geblieben war, war ein vollkommen neues Bewusstsein ihrer eigenen Stärke. Anders als bei ihrer Ankunft hier, konnte Svenya es genießen, dass die Elben, denen sie auf ihrem Weg begegneten, sich ehrerbietig vor ihr verneigten. Sie fühlte sich nach wie vor nicht wie eine Prinzessin, ganz und gar nicht – aber immerhin ein ganz klein wenig wie eine Heldin. Es war allerdings nicht das Einzige, was sie fühlte. Hagens Nähe tat ihr wohler, als sie zugeben mochte. Es war seltsam – so als habe ihr in der Zeit, die sie von der Festung weg war, etwas gefehlt. Vielleicht hatte Nanna Recht, und sie war tatsächlich in ihn verliebt, obwohl sie sich verliebt sein immer ganz anders vorgestellt hatte – Schmetterlinge im Bauch und so. Nein, in seiner Nähe empfand Svenya keine Aufregung – eher das Gegenteil: Neben ihm zu gehen, erfüllte sie mit einer seltsamen Mischung aus Empfindungen … einer Art wildem Frieden. Ihm nah zu sein, fühlte sich richtig an … vollständig … oder, besser noch, vervollständigend: So als entspränge ein Teil ihrer Kraft und ihres neuen Selbstbewusstseins seiner Anwesenheit … seinem Glauben an sie und seinem Vertrauen. Nach all den Charlies in ihrem jungen Leben hätte sie nicht gedacht, dass sie einmal so empfinden könnte für einen Mann.
Sie erreichten Hurdh, das Tor zu ihrem Palast, und als Hagen sagte: »Willkommen Zuhause!«, spürte Svenya, wie ihre Augen feucht wurden vor Freude. Am liebsten hätte sie ihn umarmt und geküsst vor Glück – aber sie traute sich nicht.
Es kam ihr lächerlich vor, hatte sie sich doch gerade in den letzten Stunden in eine ganze Reihe von gefährlichen Kämpfen gestürzt, ganz gegen ihren Willen, und jetzt bekam sie Muffensausen, das zu tun, was sie wirklich gerne getan hätte.
Feigling!, schalt
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