Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards
Grinsen. »Das gefällt mir.«
Wer hat Angst vorm Bösen Wolf?, sang Skalliklyfja mit einem spöttischen Lachen und setzte sich ganz von selbst in Bewegung. Sie führte Svenyas Hand – nicht umgekehrt. Und sie war schnell – unglaublich schnell. Noch ehe Gerulf das erste Mal ausholen konnte, zuckte sie mit der Spitze voraus nach vorne und zog Svenya hinter sich her. Sie traf den Wolf am Bauch – nicht tief, denn schon zuckte sie zurück nach oben und holte aus, um in einem von oben nach unten geführten Halbkreis genau dort zuzuschlagen, wohin Gerulf gerade mit der Axt zielte, um sich Svenya vom Leib zu halten. Begleitet von seinem lauten Schmerzensschrei fiel die Axt zu Boden – zusammen mit einem Teil seines Unterarms. Doch obwohl er damit entwaffnet war, war Skalliklyfja noch nicht fertig mit ihm: Sie zischte noch zweimal hin und her und traf ihn jeweils an den Oberschenkeln. Nicht tief genug, um sie zu durchtrennen, aber durchaus tief genug, um Gerulf den Halt verlieren und zu Boden stürzen zu lassen, wo er den gesunden Arm schützend über seinen Kopf hielt.
»Ich ergebe mich«, jaulte er. Aber Svenya wusste, dass das nur ein Ablenkungsmanöver war; ein Trick, um sie hinzuhalten. Der erste Schrei war laut genug gewesen, seine zweifellos in der Nähe wartenden Leute zu alarmieren, und Gerulf selbst würde heilen. Nicht so schnell wie bei Verletzungen durch eine normale Klinge, aber mit der Zeit und einem guten Magier wieder vollständig. Sogar sein abgeschlagener Arm würde nachwachsen. Das hatten die Mannwölfe den Elben an Heilung voraus. Allerdings würde er es ebensowenig überleben wie ein Elb, wenn Svenya ihm den Kopf abtrennte.
Er hatte den Tod verdient – aber Svenya hatte ihm ein grausameres Schicksal versprochen.
Halt ein, rief sie der Klinge in Gedanken zu.
Wieso?
Er soll leben, damit Laurin ihn bestrafen kann .
Euer Wille geschehe, erwiderte Skalliklyfja.
»Wachen!«, brüllte Gerulf.
Svenya kickte ihn mit einem Tritt gegen die Schläfe beinahe bewusstlos, dann schleppte sie sich zur Tür. Ihre Kräfte kamen nur sehr, sehr langsam wieder zurück, und der Schmerz der frischen Wunden war die Hölle. Sie hörte den Lärm der herannahenden Wachen auf der anderen Seite und schaute sich nach einem zweiten Ausgang um. Doch da war keiner. Das hier war eine Sackgasse.
»Du kommst nicht von hier weg«, keuchte Gerulf, ohne Anstalten zu machen, sich vom Boden aufzurappeln, wo die noch glimmende Zigarre ganz nah bei seinem Kopf den Teppich ansengte.
»Das werden wir sehen«, entgegnete sie und überlegte, in die Raummitte zurückzuhinken. Da sich ein weiterer Kampf nicht vermeiden ließ, war es vielleicht das Klügste, einen Ort zu wählen, der ihr und Skalliklyfja den meisten Freiraum ließ. Dann aber fiel ihr ein, dass hinter der Tür vermutlich ein schmaler Gang war, und die Dunkelelben dort nur hintereinander angreifen konnten. Der Platzmangel und Skalliklyfjas Schnelligkeit würden ihre momentane Schwäche ausgleichen.
Bist du bereit?, fragte sie die Klinge.
Das bin ich.
Gut, meinte Svenya. Du wirst wieder nach freiem Willen handeln .
Es ist mir eine Ehre .
Svenya holte tief Luft und riss die Tür auf. Der erste Gegner war schon bis auf drei Meter heran. Ein zweiter dicht hinter ihm. Der erste trug eine kurze Einhandlanze und einen unterarmlangen Dolch. Svenya trat in den Gang hinaus und ihm, so schnell sie konnte, entgegen. Wie schon bei Gerulf war es auch jetzt ein seltsames Gefühl, ihr Leben ihrem Schwert anzuvertrauen, aber nachdem sich das eben bereits bewährt hatte, war die Überwindung nicht mehr ganz so groß.
Skalliklyfja schoss nach vorne, schlug die Spitze der Lanze beiseite und hackte nach der Kehle des Elben. Der sprang zurück – und der hinter ihm reagierte zu langsam. Er brachte seine beiden Schwerter nicht mehr rechtzeitig aus dem Weg, sodass der erste sich mit dem Schwung seines Rückwärtssprunges selbst aufspießte. Sich windend, stürzte er nach hinten um. Svenya mobilsierte ihre letzten Kraftreserven, sprang über ihn hinweg, und Skalliklyfja nahm sich den Kopf des zweiten, der überhaupt keine Chance mehr hatte zu reagieren oder seine Schwerter noch in Position zu bringen.
Die anderen beiden waren weitsichtiger gewesen und hatten mehr Abstand gehalten. Sie waren stehen geblieben, und der vordere zog jetzt eine Pistole. Doch Svenya war schneller. Die Entfernung war zu groß für Skalliklyfja, deshalb hatte auch sie schon in dem Moment, in dem sie das
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