Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards
Verwandlungsformel.«
»Also nur Tega Andlit dyrglast ?«
»Richtig. Und für die Rüstung ohne Waffen dann den zweiten.«
»Opinberra dhin tryggr edhli?«
»Korrekt«, antwortete Yrr. »Doch für jetzt behaltet sie besser aktiviert. Ich soll Euch zu Raik bringen. Er wartet in den Stallungen auf Euch. Euer Training beginnt.«
15
Jenseits der Badezimmertür warteten zwei weitere Soldaten der Leibgarde auf Svenya und Yrr. Beides Kriegerinnen. Die eine hatte rotes Haar wie Raik, die andere war blond, allerdings weniger weißblond als Yrr und Hagen. Ihre Titanrüstungen ähnelten der Yrrs, nur waren sie weniger schmuckvoll. Sie trugen vollautomatische Gewehre in den Händen und an den Gürteln je ein Breitschwert und eine Automatikpistole. Als sie sich verneigten, waren ihre Augen auf Yrr gerichtet, und ihr Blick verriet, dass ihre Loyalität nicht Svenya galt – was Svenya zwar nicht weiter verwunderte, ihr aber dennoch einen kleinen Stich versetzte. Doch sie würde sich ihren Respekt schon noch verdienen, das hatte sie sich fest vorgenommen.
»Das sind Liff und Reyja«, stellte Yrr die Kriegerinnen knapp vor.
»Zu Diensten, Eure Hoheit«, sagten die beiden unisono, aber es klang nicht besonders herzlich. Stutenbissigkeit war also nicht nur ein rein menschliches Phänomen.
Zu viert gingen sie auf den Gang hinaus zu einer Tür, die Wargo ihr noch nicht gezeigt hatte. Yrr holte einen kleinen Flashdrive aus der Tasche und führte ihn in einen durch geschnitzte Verzierungen verborgenen USB-Slot im Rahmen. Offenbar ein Schlüssel … über den Svenya ebenso offenbar nicht verfügen durfte.
Die Tür glitt lautlos zur Seite und gab den Blick frei auf einen schmuck- und fensterlosen kreisrunden Raum von etwa zehn Fuß Durchmesser. Eine Decke konnte Svenya nicht entdecken. Sobald sie eingetreten waren, schloss sich die Tür hinter ihnen.
»Undir flaki«, sagte Yrr.
Unters Dach? Svenyas Frage beantwortete sich von selbst, als der Boden unter ihr sich mit einem kaum spürbaren Ruck zu bewegen begann – wie in einem Aufzug. Und genau das war dieser Raum, wie sie jetzt feststellte: ein Aufzug. Sie schossen an den vorbeirauschenden Wänden der Röhre entlang nach oben. Svenya war auch schon in der Menschenwelt kein besonders großer Fan von Aufzügen gewesen, aber dieser Aufzug machte ihr mit seiner atemberaubenden Geschwindigkeit ganz besonders schwer zu schaffen. Sie hatte das Gefühl, dass ihr Magen bis in die Kniekehlen hinunterrutschte, und musste sich bemühen, sich nicht zu übergeben. Die Vorstellung, dass es unter der Scheibe, auf der sie stand, mehrere hundert Meter bodenlos in die Tiefe ging, war noch schlimmer als die Übelkeit. Das einzig Gute an dem rasanten Tempo war, dass die Fahrt nicht besonders lange dauerte: Als sie auf der gewünschten Etage an-kamen, stoppte der Lift so abrupt, dass Svenya für einen Sekundenbruchteil lang das Gefühl hatte, völlig schwerelos zu sein. Die Tür ging auf, und sie war froh, wieder festen Grund unter den Füßen zu haben.
Yrr ging voran, und Svenya folgte ihr, flankiert von Liff und Reyja. Nicht zum ersten Mal fühlte sie sich eher bewacht als beschützt.
Der Gang führte auf eine zur Höhle hin offene Plattform – ihrer Terrasse nicht unähnlich, nur sehr viel größer. Raik erwartete sie bereits. Svenya sah sich um. Wo waren die Pferde? Hatte Yrr nicht gesagt, Raik erwarte sie in den Stallungen?
»Guten Morgen, Eure Hoheit«, begrüßte Raik sie. »Ich dachte mir, nach dem schrecklichen Attentat gestern Nacht tut es Euch vielleicht ganz gut, die bedrückende Enge der Festung für eine kleine Weile zu verlassen, um Euch auf andere Gedanken zu bringen, ehe wir mit dem eigentlichen Training beginnen.« Er klang sehr viel warmherziger als gestern.
»General Hagen hat keinerlei Ablenkung von der Ausbildung vorgesehen«, sagte Yrr kühl. »Ich halte es für das Beste, wir beginnen stattdessen …«
»General Hagen«, unterbrach er sie, nicht weniger kühl, »hat das Training der Hüterin in meine Hände gegeben, Yrr, nicht in deine. Also entscheide ich, was das Beste für sie ist. Und ich halte einen Ausritt, bei dem sie nicht nur die Umgebung besser kennen-, sondern auch reiten lernt, für einen guten Anfang.« Raik sah Yrr herausfordernd an, als wollte er sie ermutigen, ihm zu widersprechen. Obwohl Yrr dem Blick mit ernstem Gesicht standhielt, sagte sie jedoch kein Wort.
Svenya hätte ihn dafür knutschen können, wie er Yrr gerade abgekanzelt hatte, und
Weitere Kostenlose Bücher