Elbentod: Die Zwerge von Elan-Dhor 3 (German Edition)
der Sklaverei, beherrscht von den Mächten des Chaos. Schlimmer noch, als wir es jetzt hier erleben. Vielleicht würden unsere Völker nicht einmal mehr existieren.«
Barlok wich einigen herabhängenden Flechten aus. Was Thalinuel sagte, war erschreckend, doch ergab es keinen rechten Sinn.
»Dann würde es aber auch uns nicht geben, und es hätte uns nie hierher verschlagen können.«
»Ein interessanter Gedanke. Aber wie du schon gesagt hast, dies ist jetzt unsere Gegenwart. Wir sind hier, und für unsere Existenz und den Verlauf der Zeit ist vermutlich ohne Bedeutung, woher wir gekommen sind. Auch wenn es aus einer Zukunft ist, die womöglich niemals stattfinden wird. Aber das sind alles nur müßige Spekulationen. Wären wir nicht gewesen, wäre Harlan vermutlich zusammen mit allen anderen in den Weißbergen ums Leben gekommen und hätte den Elben im Krieg ebenfalls nicht mehr beistehen können.«
»Genau das ist es ja, was mir Sorgen macht«, stieß Barlok hervor. »Vielleicht hätte er sterben müssen, um in diesem Krieg keine Rolle mehr zu spielen. Durch uns aber ist er stattdessen in die Gewalt der Schattenmahre geraten. Was, wenn sie ihn tatsächlich auf ihre Seite ziehen können und als tödliche Waffe gegen sein eigenes Volk einsetzen?«
Thalinuel blieb so abrupt stehen, als wäre sie gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Als sie sich umdrehte, konnte Barlok trotz des Dämmerlichts sehen, dass ihr Gesicht alle Farbe verloren hatte.
»Sprich so etwas erst gar nicht aus«, keuchte sie entsetzt. »Wenn das geschähe, wäre es unser aller Verderben.«
5
NÄCHTLICHE FLUCHT
Thalinuels Geschichte,
Januar 11658 alter Zeitrechnung der Elben
Thalinuel fühlte sich geistig wie gelähmt, war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Im direkten Angesicht der Gefahr hatte sie blitzschnell reagiert und vermutlich nur durch ihr rasches Handeln sich, Molakan und die übrige Führungsspitze der Thir-Ailith gerettet. Jetzt jedoch war von dieser Entschlossenheit nichts mehr übrig geblieben. Schon die Nachricht vom Tod ihres besten Freundes Verilon beim Kampf um die elbische Königshauptstadt Saltinan war ein Schock für sie gewesen, aber Verwalter Larkoshs heimtückischer Verrat hatte sie vollends aus der Bahn geworfen.
Zu vieles, was ihr noch vor kurzer Zeit undenkbar erschienen war, war in der jüngsten Vergangenheit auf sie eingestürmt. Ihr Verstand brauchte Zeit, um alles zu verarbeiten.
Mit einem riesigen, stolzen Heer waren sie von Talarien aus aufgebrochen, um die Armee des aufrührerischen Menschenkönigs Hollan zu zerschlagen. Doch als sie die Schlacht schon beinahe für sich entschieden hatten, war König Lotharon mit einem weiteren Elbenheer erschienen. Derselbe Lotharon, der sie bereits zuvor zu Thir-Ailith erklärt hatte, zu Ausgestoßenen, weil sie die stetig zunehmenden Übergriffe der jüngeren Völker nicht länger ohne Gegenwehr hinnehmen wollten, hatte sich nun offen an die Seite der Menschen gestellt, und ihnen war nichts weiter übrig geblieben, als sich angesichts dieser Übermacht zurückzuziehen.
Während des Rückzugs hatte Molakan dann einen verhängnisvollen Fehler begangen. Er hatte einen Kampftrupp ausgesandt, der in einem waghalsigen Unterfangen Königin Larisal aus dem von Kriegern entblößten Saltinan entführen sollte, um die Niederlage doch noch in einen Sieg zu verwandeln. Aber der Plan war gescheitert. Die Königin war entkommen, und es hatte stärkeren Widerstand als erhofft gegeben. Zum ersten Mal seit undenklichen Zeiten hatten Elben gegen Elben gekämpft, und die uralten Türme von Saltinan, die größte Pracht und das Wahrzeichen der Stadt, waren in Flammen aufgegangen.
Nicht einmal Thalinuel hatte im Vorfeld von diesem Unternehmen gewusst und war entsetzt gewesen, als sie davon erfahren hatte, doch war ihr Entsetzen von der Trauer über Verilons Tod überlagert worden.
In anderen Teilen des Elbenreiches hatte die sich in Windeseile ausbreitende Nachricht von der Verwüstung Saltinans hingegen nicht nur Entsetzen ausgelöst, wie sie mittlerweile wusste, sondern eine gewaltige Woge von Zorn und Empörung. Selbst Verwalter Larkosh, der Bewahrer der Säulen von Talarien, bislang einer der treusten Verbündeten Molakans und der Erste, der den Thir-Ailith nach ihrer Verbannung aus dem Königreich Asyl angeboten hatte, hatte sich von ihm abgewandt und sogar versucht, sie in eine hinterhältige Falle zu locken.
Als sie von dem Feldzug zurückgekehrt und die Krieger
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