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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Schluck. »Oh«, sagte sie überrumpelt. »Oh, das schmeckt aber wunderbar!« Iviidis lächelte verstohlen. Ihr war noch keine Elbin begegnet, die diesen Erdbeerwein nicht zum Niederknien fand.
    »Nimm dir etwas zum Knabbern dazu«, sagte sie und hielt Broneete die Silberschale hin. Die Gardistin wählte ein knuspriges Käsegebäck und kaute schweigend eine Weile darauf herum. Iviidis saß zurückgelehnt da, trank ihren Wein und betrachtete Broneete. Die junge Elbin war weniger robust gebaut, als sie in ihrer Uniform wirkte und ihre etwas bäurischen Farben suggerierten. Allerdings hatte der militärische Drill dafür gesorgt, dass ihr Körper sehniger und durchaus auch muskulöser als die der meisten Elbinnen aus dem Sommerpalast war. Ihr Gesicht war fein geschnitten, und an der sanftgeschwungenen Kurve, mit der sich ihre Ohren zuspitzten, hätte auch die reinblütigste Goldene Elbin nichts auszusetzen gehabt.
    Broneete räusperte sich unbehaglich und stellte ihr halb geleertes Glas ab. »Was wolltest du mir erzählen, han-Ttai ?«, fragte sie mit ihrer etwas heiseren Stimme.
    »Nenne mich bei meinem Namen, ich bitte dich«, sagte Iviidis. »Das wäre ungehörig, solange ich deinem Vater diene, han-Ttai .«
    Iviidis schüttelte den Kopf. »Wenn wir allein sind, kann ja wohl niemand daran Anstoß nehmen.«
    Broneete schwieg mit gesenktem Blick. Um ihren Mund lag ein störrischer Zug. Iviidis seufzte leise und richtete sich auf. »Du hast dich gefragt, warum ich über die Schweigsamen forsche«, begann sie. »Was ich dir jetzt erzähle, gebe ich dir und nur dir zu allertreusten Händen. Ich vertraue dir und weiß, dass du nicht zu denen gehörst, die anvertraute Geheimnisse weitererzählen.«
    Mit dieser Einleitung hatte sie Broneetes volle Aufmerksamkeit gewonnen. Die junge Gardistin blickte sie mit weit offenen, lichtbraunen Augen an, aus denen endlich die bisherige Reserviertheit gewichen war. Iviidis atmete innerlich auf.
    »Nichts von dem, was du mir sagst, wird je über meine Lippen kommen, ))han-((… Iviidis, das schwöre ich bei meiner Ehre«, sagte Broneete feierlich.
    Iviidis beugte sich vor und berührte kurz ihre Hand. »Ich weiß, dass ich dir vertrauen kann, obwohl ich dich erst kurz kenne. Aber du sollst wissen, dass auch du dich auf mich verlassen kannst. Wenn du eine Freundin brauchst …« Sie sprach nicht weiter.
    Broneete neigte den Kopf. »Danke«, sagte sie nur.
    Iviidis legte ihre Hände ineinander und sammelte sich. »Ich habe eine Zwillingsschwester«, sagte sie schließlich.
    Broneetes Augen weiteten sich erstaunt. »Aber …«, setzte sie an.
    Iviidis hob die Hand. »Ich weiß«, sagte sie ernst. »Elben kennen keine Zwillingsgeburten. Das ist Menschenart.« Sie lachte kurz auf. »Das ist nur eine der Lügen, mit denen unser Volk lebt«, sagte sie bitter. »Und alle, die es besser wissen, schweigen lieber, als die Lüge öffentlich zu machen. Meine Mutter wollte es tun, aber mein Vater hat sie zum Schweigen gezwungen.«
    Broneete schüttelte den Kopf. »Aber warum?«, fragte sie. »Es ist doch ein großes Geschenk. Du hast einen Sohn, hättest du dich nicht gefreut – und dein Mann auch – wenn du noch ein zweites Kind geboren hättest?«
    »Mein Mann hätte möglicherweise damit gedroht, es zu töten, und ich hätte mit dem Kind fliehen müssen, wenn ich es hätte behalten wollen«, erwiderte Iviidis. »Das Kind wäre schwarz gewesen, Broneete. So wie meine Schwester Rutaaura.«
    Die junge Gardistin schrie auf und schlug die Hände vor den Mund. Sie schüttelte den Kopf, die Augen dunkel vor Angst und Abwehr. »Es sind Legenden, Dämonen aus alten Geschichten«, stieß sie hervor. »In Wirklichkeit gibt es sie nicht. Wir erschrecken die Kinder damit …«
    »Und wir haben Angst vor ihnen und wissen genau, dass es sie gibt und immer gegeben hat«, sagte Iviidis scharf. »Sie gehören zu uns wie die Nacht zum Tag. Und ich weiß, dass sie atmen und essen und schlafen wie wir und lachen können und Angst haben … Ich kenne meine Schwester, und meine Schwester ist eine von ihnen! Wir tun großes Unrecht, Broneete, und ich will wissen, warum das so ist.«
    Die Gardistin riss sie aus ihren Gedanken. »Warum hast du mir davon erzählt?«, fragte sie. »Ich fürchte, Glautas wäre nicht sehr froh darüber, wenn er es wüsste.«
    Iviidis sah auf, erstaunt darüber, ihre eigenen Überlegungen aus Broneetes Mund zu vernehmen. »Er würde toben«, sagte sie schlicht. »Du siehst, du hast mich

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