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Elchmus (German Edition)

Elchmus (German Edition)

Titel: Elchmus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Brocks
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    Der Rest des Büros ist dafür dankbar ruhig. Und die Woche zeigt so langsam ihr Gesicht. Außer bei Jo-Anne. Die ist weiterhin der Sonnenschein der Truppe. Ihre Wangen glühen rosiger als rosig. Elke räumt ihren Schreibtisch auf. Schiebt gedankenverloren einen Stapel Papier von rechts nach links und halbiert einen anderen. Mick steht mittlerweile bei einem anderen Kollegen und kündigt mit lauter Stimme an, dass er sich auf den Abend freut. Elkes Magen faltet sich bei dem erneuten Gedanken an eiskaltes Bier komplett zusammen.
     
    Irgendwie muss sie sich heute einfach schon wieder belohnen. Eine neue Tasche muss her. Eine, die zu den neuen roten Schuhen passt. „Simon kommt heute Abend auch“, sagt Mick gerade und das auch schon wieder zu ihr.
     
    Elke reagiert gar nicht mehr, brummelt auch nichts zurück. Aber er rafft es nicht und plappert unbeirrt weiter. „Heute Abend, morgen Abend...“.
     
    Elke verschwindet während des Monologs einfach unterm Tisch. Aus der Sicht, sprich mit mir nicht. Als sie ihre Ferse sieht, kippt sie allerdings fast um. Das Pflaster deckt gerade mal die halbe Blase ab. Schöne Gedanken müssen daher her. Schaffen es aber nicht. Und Mick hat es auch nicht geschafft mit dem dummen Gelaber aufzuhören.
     
    Gefühlte Tage später lehnt sie sich ganz erschöpft im Stuhl zurück. Auf ihrer Uhr ist es mittlerweile Punkt fünf. Aber wer pünktlich geht, wird nichts. Das weiß jeder, der schon mal im Büro gearbeitet hat. Denn seine Arbeit darf man nicht innerhalb der vorgesehenen Arbeitszeit schaffen. Das steht für Unterforderung und zeigt nicht den richtigen Einsatz. Das hatte sie schon in Deutschland im Büro gelernt. Die, die als erstes gingen, hatten sich nie wirklich profiliert. Elke sieht angeekelt und genervt zu Mick, der immerhin Senior Analyst ist. Zum Nacheifern ist der trotzdem nicht.
     
    Aber eigentlich will sie hier ja auch gar keine Karriere machen. Was das Team wohl sagt, wenn sie jetzt geht? Sie krempelt die Ärmel ihrer weißen Bluse hoch und versucht sich vorzustellen, wie die anderen reagieren werden. Viel weiter kommt sie nicht, denn Mick kommt ihr tatswahrkraftig zuvor. „Morgen kommst du aber mit“, sagt er noch immer ganz nett zu ihr.
     
    Und das ist ihre Chance. Sie geht ihm schnell nicht nach, aber immerhin auch zur Tür. Lächelnd. Eine Kollegin kommt ihr von der Toilette entgegen und lächelt sie wissend an. Elke geht lächelnd weiter. Niemand kann ernsthaft glauben, dass sie was von Mick will. Oder?
    Zum vierten Mal geht sie direkt nach der Arbeit nicht nach Hause. Shoppen steht auch heute auf dem Programm. Sie will halt was von der Stadt sehen. Später wird sie es bereuen, nicht „unten“ in der Mall eingekauft zu haben. Je näher sie der City von London kommt, desto aufgeregter wird sie. Sie weiß noch nicht, dass die City ein Bankenviertel ist. Als sie in St. Pauls aussteigt, geht Laufen gar nicht mehr. Mit Dank an die liebe Blase.
     
    Der heutige Einkaufspaß war daher für sie zu Ende, bevor er überhaupt angefangen hatte. Ein Riesenpflaster muss her. Drogeriemärkte gibt es doch normalerweise an jeder Ecke? Der von ihr ersehnte liegt heute aber auf dem Mars. Die City ist voller als voll. Elke schleppt sich mit letzter Kraft auf einen Boots zu. Pflaster? Was heißt Pflaster auf Englisch fragt sie ihr müdes Gehirn und kriegt keine Antwort mehr.

8
     
    „Hey Lady, Tasche her. Aber zackig!“
     
    Gilt ihr nicht, oder? „Hey, los, Tasche her. Hast du Tomaten auf den Ohren, äh Bohnen in den Augen. Du bist gemeint!“.
     
    Der Typ spricht ein fürchterliches Englisch mit deutschem Akzent. Trägt ein BVB Fan-Shirt. Ein Deutscher im Fußball-Outfit. Das letzte Mal hatte sie so eine Kluft zuhause in Deutschland gesehen.
     
    Hilfe, sie will nicht tot sein. Aber da ist nirgends eine Waffe. Sie muss einfach tun, was er will.
     
    Dann passiert ihr auch nichts.
     
    Sie streckt ihm ihre Tasche hin, kickt dabei ihren Schuh aus und lässt endlich ihre dumme Tasche los.
     
    Dann rennt der Typ weg.
     
    Irgendwas rauscht fies durch ihren Kopf. Ihr Fuß ist dahingegen schon beim Arzt angekommen. Schmerz gleicht null. Alles ist wie tot da unten.
     
    „Schei…!“, hört sie sich sagen. Aber kein Passant hat Mitleid mit ihr. Alle laufen einfach weiter. Höflichkeit sollte anders aussehen. Auch die englische.
     
    Sie sucht ihren weggekickten Schuh und stopft die kaputte Ferse rein und beschließt, dass es besser ist, erst mal nach Hause zu

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