Elchtest - Liebe ohne Grenzen (Junge Liebe)
an.
„Lucas“, flüstert sie und liegt schon in meinen Armen. Schluchzend klammert sie sich an mir fest, „wie geht es dir?“
„Befreit Mama. Ich fühle mich das erste Mal seit langem wieder frei. Aber kommt doch erst einmal rein. Ich denke, die Nachbarn haben heute genug Sensationen aus dem Haus der Familie Reuter mitgekriegt. Alles müssen sie schließlich auch nicht wissen“, meine ich und schiebe sie an mir vorbei in die Wohnung. Sven folgt ihr und begrüßt mich mit einem leisen „Hallo“ und einen Klaps auf die Schulter.
Bevor ich den beiden ins Wohnzimmer folge, hole ich noch drei Gläser, eine Selters und eine Cola. Atme noch einmal tief durch und gehe in die Stube. Mama sitzt auf dem Sofa und weint leise vor sich hin. Sven hat beruhigend einen Arm um ihre Schulter gelegt und versucht sie mit flüsternden Worten zu trösten.
In ihrer Hand hält sie ein paar von den Briefen und Karten. Traurig sieht sie mich an.
„Die sind alle von Benny, richtig?“
„Ja“, erwidere ich zögerlich, „Papa hat sie anscheinend abgefangen und fein säuberlich hier in die Kiste gelegt.“
„Warum hat er das gemacht?“
„Ich kann es nur vermuten. Wenn er seine schlimme Phase hatte, dann war sein Hass auf mich ziemlich groß. Beschimpfte mich als Schwuchtel und Schwanzlutscher, tat Sachen mit mir, die … Egal. Es ist jetzt ja vorbei. Er sah Benny wohl als Grund für mein Schwulsein“, sage ich und irgendwie habe ich ein ganz komisches Gefühl, hier jetzt neben Mama zu sitzen und ihr alles zu erzählen.
„Was hat er mit dir gemacht, Lucas?“, fragt sie auch schon mit entsetzter Stimme.
„Ich – das kann ich dir nicht sagen“, flüstere ich mit belegter Stimme, stehe auf und verlasse das Zimmer. Ich kann es ihr wirklich nicht erzählen. Aber sie hat auch ein Recht auf die Wahrheit. Deshalb hole ich mein Tagebuch aus dem Rucksack, der noch im Flur steht, und reiche es ihr mit klopfendem Her zen. „Da seht alles drin, was er das letzte dreiviertel Jahr mit mir gemacht hat“, sage ich leise und setze mich etwas abseits von den beiden auf einen der Sessel. Dann wende ich mich an Sven. „Du kannst ruhig mitlesen. Mama wird es dir eh erzählen und vielleicht kannst du sie besser auffangen, wenn du weißt, worum es geht.“
Ich lehne mich zurück und schließe die Augen. Höre immer wieder Mamas „Oh, mein Gott“, gefolgt von lautem Schluchzen und leise tröstende Worte von Sven. Es dauert eine ganze Weile, bis die beiden mit dem Lesen fertig sind. Langsam öffne ich meine Augen wieder. Ein bisschen schäme ich mich schon, weil sie jetzt jede Einzelheit aus meinem Leben kennen. Aber vielleicht ist es auch ganz gut so. Keine Geheimnisse mehr!
„Was hat dieses Monster dir nur angetan, Lucas?“, flüstert Mama mit gebrochener Stimme. „Und warum hast du mir nichts gesagt? Ich hätte dir doch helfen können.“
„Wie denn, Mama? Sicher, du hättest mich zu euch holen können. Aber ich wäre nicht mitgegangen. Lisa hat mich im Winter auch schon angefleht. Aber ich hatte und habe meine Gründe, hier zu bleiben. Nächste Woche werde ich 18 und außerdem komme ich auch alleine ganz gut zurecht. Ich denk mal, ich werde mir eine kleine Wohnung suchen. Mit meinem Gehalt und dem Kindergeld werde ich schon über die Runden kommen. Ich brauche ja nicht viel“, stelle ich fest.
„Du hast dich also schon entschieden.“
„Ja, ich will auf eigenen Beinen stehen.“
„Du bist so erwachsen geworden, Lucas. Und wenn du dir wirklich sicher bist – ich meine, mit dem Hierbleiben und der Wohnung – dann werden wir dir selbstverständlich unter die Arme greifen. Natürlich nur, wenn du damit einverstanden bist.“
Ein breites Grinsen erscheint auf meinem Gesicht.
„Vielen Dank, Mama. Solch ein Angebot kann ich mir natürlich nicht entgehen lassen!“
„Also gut“, lächelt sie nun ebenfalls, „und was ist jetzt hiermit?“, fragt sie und deutet dabei auf die Kiste mit den Briefen und Karten von Benny.
Traurig und ängstlich schaue ich auf den doch recht ansehnlichen Stapel. Wie es aussieht, hat er mir sehr oft geschrieben. Ganz oben liegt eine bunte Karte. Oder besser – lag. Jetzt hält Mama sie mir nämlich auffordernd entgegen. Seufzend nehme ich sie ihr ab. Betrachte die bunte Bildervielfalt auf der Vorderseite. Viele verschiedene Ansichten von Spanien. Eine schöner als die andere. Und auf jedem der Fotos kann man die südländische Lebensfreude erkennen. Ganz langsam und zögerlich drehe ich die
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