Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)
Arm
beibrachte. Blut quoll heraus, und Larin ließ es auf den Boden laufen. Danach
stieg er auf seinen Hengst – keine Sekunde zu früh, denn in diesem Moment
sah Maya eine Horde Wolfswesen in hohem Tempo um die Felsen biegen. Die
Entfernung zu Larin verringerte sich in atemberaubender Geschwindigkeit.
»Warum flieht er nicht?«, stöhnte Maya entsetzt.
Larin hing vornübergebeugt auf Antares’ Hals, als sei er schwer verletzt; das
Blut lief in einem Rinnsal am hellen Fell des Hengstes herunter. Er ließ
Antares langsam die Brücke betreten. Maya sah die riesigen Wölfe herankeuchen.
Ihre gelben Augen glühten, und sie hatten das schreckliche Gebiss entblößt
– leichte Beute .
Larin gab Antares ein Zeichen, und sie schossen
voran. Die Brücke bebte und schwankte. Maya schrie auf. Wie konnte er! Was für ein
Wahnsinn! Antares übersprang die Stelle mit den fehlenden Brettern, was die
Brücke noch heftiger schlingern ließ. Maya schlug wimmernd die Hand vor den
Mund. Das konnte unmöglich gutgehen! Ein paar weitere Bretter lösten sich unter
den donnernden Hufen, und plötzlich strauchelte der Hengst. Er stolperte an den
seitlichen Rand, und Maya sah das Ende kommen. Alle Grauen Schatten waren ihnen
auf die Brücke gefolgt, sie drängten aneinander vorbei, der Geruch des Blutes
hatte sie rasend gemacht. Maya starrte auf die verzerrten Fratzen mit den
langen Reißzähnen. Das schmutzige Fell war gesträubt, und sie roch den
beißenden Gestank, der von ihnen ausging. Gleich würden sie ihr Opfer erreicht
haben. Doch Antares fing sich und rannte weiter, die Verfolger wenige Meter
hinter sich. »Es wird nicht reichen«, stöhnte Maya. »Er schafft es nicht!«
Antares hatte noch nicht den rettenden festen Boden erreicht, als Stelláris
hinter dem Stein hervorsprang. Er streckte einen Arm aus, und Flammen züngelten
aus dem Nichts hervor und setzten die Haltetaue der Brücke in Brand. Eine Wand
aus Feuer türmte sich meterhoch auf, und von Larin und Antares war nichts mehr
zu sehen.
»NEIN!«, schrie Maya verzweifelt und stürzte
hinter dem Felsen hervor auf Stelláris zu. »DU BRINGST IHN UM!«
Es gab ein krachendes Geräusch – die
dicken Seile waren im Nu durchgebrannt, und die in hellen Flammen stehende
Brücke stürzte in sich zusammen. Sie schwang in die Tiefe und riss alles Leben
auf ihr mit sich. Im gleichen Augenblick brach der Hengst mit Larin im Sattel
mit einem gewaltigen Satz durch die lodernde Flammenwand und erreichte festen
Boden. Larin brachte schwer atmend sein Pferd zum Stehen und glitt herunter.
Er lief auf seine Freunde zu und packte Mayas
Arm. »Es ist unhöflich, auf den Sohn seines Gastgebers einzuschlagen«, sagte
er.
Maya hielt verwirrt inne und starrte Stelláris
bestürzt an. Sie hatte nicht einmal bemerkt, das sie ihn geschlagen hatte.
»E-entschuldigung«, murmelte sie und kippte weg.
Als Maya zu sich kam, blickte sie in ein paar
strahlende schwarzbraune Augen über ihr. Im ersten Moment hatte sie keinerlei
Erinnerung an das Geschehene. Dann kehrte ihr Gedächtnis zurück, und es traf
sie mit voller Wucht.
»Das Feuer …«, ächzte sie und vor ihren
Augen flimmerte es wieder. Schließlich fiel ihr ein, wie sie auf Stelláris
losgegangen war, als sie geglaubt hatte, die Flammen würden Larin umbringen,
und ihre Wangen färbten sich rot vor Scham. Larin betrachtete interessiert den
wechselnden Ausdruck in ihrem Gesicht. »Was genau denkst du?«, flüsterte er.
»Ich …, wo …« Sie hob den Kopf, um
nach Stelláris zu sehen und fand ihn nicht. »Ich habe ihn geschlagen«, stöhnte
sie.
»Ich weiß. Er hat gesagt, das war das erste Mal,
dass er von einem Mädchen geschlagen wurde. Er meinte, wenn ihm das bei Fiona
auch passiert, springt er von der nächsten Klippe.«
Maya riss entsetzt die Augen auf und versuchte,
sich aufzurichten. »Ich, oh nein, das …«, stammelte sie verwirrt, und
Larin fing tatsächlich an zu kichern.
»He, das ist nicht lustig, das ist …«
Er zog sie hoch und nahm sie in den Arm. »Das
ist was?«
»Ich wollte das doch nicht … ich wollte ihn
nicht schlagen.«
»Ich fand das eigentlich sehr nett von dir.«
»Du – fandest – das – nett
– von – mir?«, flüsterte Maya.
»Hmm.«
»Entschuldigt bitte.« Stelláris sah ein wenig
verlegen aus, weil er sich einmischen musste. »Die Grauen Schatten waren nicht
die Einzigen, die uns verfolgten. Irgendwann dürften die Schwarzen Reiter da
drüben ankommen, und wir befinden uns in
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