Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
Laufen abzureagieren. Auf einmal hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie ihn mit ihrer Bohrerei so aus der Fassung gebracht hatte. Sie verspürte sogar das Bedürfnis, ihn zu trösten, ja sich sogar zu entschuldigen. Während des rasanten Ritts umschloss sie mit ihrer freien linken Hand seine große Hand, die ihre rechte festhielt. Sie schmiegte sich fest an ihn und baute erneut eine warme Welle aus schönen Erlebnissen in ihrem Innern auf. Kaum hatte Elea sie an Maél weitergegeben, reagierte er auch schon darauf. Er zog mit einem so kraftvollen Ruck an Aroks Zügeln, dass dieser durch das abrupte Anhalten beinahe auf seine Hinterläufe gelandet wäre. Das Tier konnte sich gerade noch abfangen, bäumte sich dann aber protestierend auf. Diesmal konnte der Mann Eleas Sturz verhindern. Er benötigte beide Hände, um sein Pferd zu bändigen. Elea rollte sich blitzschnell weg von den tänzelnden Hinterbeinen, um nicht unter die Hufe zu geraten. Als Maél Arok endlich unter Kontrolle hatte, sprang er sofort von ihm herunter und stürzte rot vor Wut auf Elea zu, die sich inzwischen aufgerappelt hatte. „Was hast du eben wieder mit mir gemacht? Das Gleiche hast du schon im Wald gemacht“, schrie er sie an. Elea war über seinen Gefühlsausbruch dermaßen erschrocken, dass sie im ersten Moment gar nicht wusste, was sie antworten sollte. Er kam ihr bedrohlich nahe und starrte sie mit hasserfüllten Augen an. Die Angst, die sie in diesem Moment empfand, ähnelte sehr jener, die sie nach ihrem gescheiterten Mordversuch verspürte. „Raus mit der Sprache! Was hast du gemacht? Was bist du? Bist du eine Hexe?“, fauchte er sie an und packte sie dabei schmerzvoll an den Schultern, um eine Antwort aus ihr herauszuschütteln. Erst durch den Schmerz fand die junge Frau wieder zu ihrer Sprache. „Lass mich los! Du tust mir weh! Ist es jetzt wieder soweit, dass du mir Schmerzen zufügen willst?!“, schrie sie ihn unter Tränen an. So abrupt, wie er Arok zum Stehen gebracht hatte, ließ er sie wieder los. Beschämt wandte er sich von ihr ab und raufte sich die Haare, so dass Elea eines seiner spitzen Ohren aufblitzen sah. Dies veranlasste sie, sich schnell wieder zu beruhigen. In ihr nahm plötzlich der Gedanke Gestalt an, dass sein aufbrausendes und gewalttätiges Wesen ein Charakterzug dieses unbekannten Volkes sein könnte, von dem Breanna erzählt hatte. Somit wäre sein brutales Verhalten zumindest ein wenig entschuldbar. „Maél“, fing sie behutsam an, „bitte sieh mich an!“ Er drehte sich sofort zu ihr um. Sie konnte sehen, dass auch er schon halbwegs zu seiner Fassung zurückgefunden hatte. „Es tut mir leid, Elea. Ich wollte dir nicht weh tun. Ich hatte es mir geschworen, dir nie wieder weh zu tun. Aber erst deine Fragen nach Darrach und dann das mit diesem heißen Energiestoß, den du mir jetzt schon zum zweiten Mal versetzt hast. Das hat mich so in Rage versetzt, dass ich mich fast vergessen hätte. - Was bist du nur?“, fragte er mit leiser Stimme, aus der unschwer Verzweiflung heraus zu hören war. Elea musste schwer schlucken. Maéls Frage war durchaus berechtigt? Was war sie nur, dass sie zu so etwas in der Lage war? Verlorenheit und Verstörung rangen in ihr, so dass ihr schwindelig wurde. Ihr Beine knickten ein. Maél folgte ihr auf die Knie, um sie zu stützen. „Du hast es tatsächlich gespürt! - Ich habe es bisher nur ein paar Mal bei Kellen eingesetzt, wenn er Gefahr lief, sich in eine Schlägerei zu verwickeln oder am letzten Abend zuhause, als du ihn so provoziert hast, dass er beinahe explodiert wäre. Und einmal habe ich es aus Notwehr getan, als Albin und ich von einem Rudel Wölfen bedroht wurden. Da habe ich es mit dem Leitwolf gemacht. Und bei dir habe ich es zum ersten Mal mit Körperkontakt gemacht, während bei Kellen und dem Wolf nur gedanklich.“ Elea war so aufgeregt, dass sie vergaß zu atmen. Die Worte sprudelten geradezu aus ihr heraus. Ihr Herz schlug immer schneller. Erst als Maél sie in die Arme nahm und sie an sich drückte, begann sie, sich wieder zu beruhigen. Jadora hatte sie inzwischen eingeholt. „Ist alles in Ordnung?“, wollte er besorgt wissen. „Ja. Kümmere dich um das Lager und das Feuer, Jadora! Wir kommen schon allein zurecht“, schnauzte Maél den Hauptmann an. In der Tat hatte Elea bis eben noch nicht bemerkt, dass sie das Sumpfgebiet erreicht hatten. Sie löste sich etwas von ihm und drehte ihren Kopf zur Seite. Der Anblick, der sich ihr bot, war noch
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