Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
trostloser als die öde Grassteppe. Sie erblickte eine Reihe abgestorbener Bäume mit vereinzelten, dicken, knorrigen Ästen sowie morsche Baumstümpfe, die aus einem dunklen schweren Erdboden herausragten. Nicht ein Hauch von Grün war auf diesem Gelände zu erkennen. Alles schien tot zu sein. Nur hin und wieder wurde die Trostlosigkeit mit grauen Felsen und Steinen unterbrochen. Der anbrechende Abend hüllte dieses von jeglichem Leben verlassenen Fleckchen Erde zu allem Übel noch in dämmrig-schauriges Licht ein. Elea erschauderte. Maél, der sich inzwischen mit ihr zusammen von den Knien erhoben hatte, sie aber immer noch in seinen Armen hielt, beruhigte sie. „Du wirst sehen. Es wird alles gut werden. In zwei Tagen haben wir ihn hinter uns gelassen. Ich passe schon auf dich auf.“
„ Und wer passt auf dich auf?“ Er schenkte ihr eines seiner Lächeln, das sie dahinschmelzen ließ, und sagte zu Jadora blickend. „Das ist eigentlich Jadoras Aufgabe. Wenn er das allerdings so gut macht, wie mit dir im Wald bei Kaska, dann sind meine Aussichten nicht so rosig“, antwortete er spöttisch. „Was hältst du davon, wenn wir die Sache mit deiner Gabe und die Frage, was du bist, auf irgendwann später verschieben? Ich habe das Gefühl, dass du erschöpft bist und dich nicht noch mehr unnötig aufregen solltest.“
„ In Ordnung. Aber nur wenn wir uns irgendwann auch noch über...“, Elea hatte Angst den Namen auszusprechen. „Ja...? Über...?“, griff Maél alarmiert ihre Frage auf. „Über Darrach unterhalten. Sei mir nicht böse, Maél, aber... ich...“ Maél unterbrach ihr ängstliches Stottern. „Meinetwegen. Wenn es sein muss. Aber ich muss dich warnen. Was du hören wirst, wird dir nicht gefallen. – Lass uns jetzt zu den anderen gehen.“
Elea gab trotz ihrer Müdigkeit ihrem Bedürfnis nach, sich zu waschen. Sie ging zu dem immer schmaler gewordenen Fluss, der sie fast die ganze Strecke in der öden Steppe begleitet hatte und nun wie ein kleiner Bach in das Sumpfgebiet mündete. Nach dem eher notdürftigen Säubern der freien Körperflächen wie Gesicht, Hals und Hände, unternahm sie zum ersten Mal, seitdem sie sich auf dieser Reise befand, den Versuch, ihr Haar zu kämmen. Es war jedoch ein Ding der Unmöglichkeit, ihm Herr zu werden. Zahlreiche Knoten hatten sich gebildet und das, obwohl sie ihre Haare so gut wie nie unbedeckt getragen hatte. Erschwerend kam hinzu, dass sie wieder mehr als eine Handbreit gewachsen waren. Zuhause hatte Breanna ihr immer diese unselige Arbeit abgenommen. Stöhnend gab sie ihr Unterfangen auf, packte ihren Rucksack und schlenderte mit schweren Schritten zum Lagerplatz zurück. Sie ließ ihren Rucksack einfach auf die Erde fallen und setzte sich auf ihren Umhang. Sie wollte sich gerade auf ihm ausstrecken, als ihr auf einmal die Stille um sie herum auffiel. Gerade eben noch waren die Männer in ihren unterschiedlichen Beschäftigungen vertieft gewesen oder unterhielten sich. Elea blickte sich um und bemerkte sechs Augenpaare, deren Blick, wie gebannt, auf ihr ruhten. Was stimmt denn jetzt schon wieder nicht mit mir? Wahrscheinlich sehe ich mit meinen Haaren wie eine Vogelscheuche aus. Jadora räusperte sich verlegen, als Elea ihn fragend anblickte und gab seinen Männern den Befehl, mit ihrer Arbeit fortzufahren. Maél war nirgendwo zu entdecken. Sie ging mit müden Schritten zu den Pferden hinüber, die alle an in die Erde gehämmerten Pflöcken fest gebunden waren. Ohne dass Maél in ihrer Nähe war, ging sie zum ersten Mal allein auf Arok zu. Sie hatte immer noch großen Respekt vor dem Hengst. Sie streichelte ihn am Hals, so wie es sein Herr immer tat. Auch von ihrer Hand schienen ihm die Streicheleinheiten zu gefallen. Als sie jedoch zum zweiten Mal mit ihm gedanklich Kontakt aufnehmen wollte, wurde er unruhig und verschloss sich wieder vor ihr. Mit dem Pferd stimmt etwas nicht, genauso wie mit seinem Herrn. Plötzlich waren schmatzende Geräusche vom Sumpf herkommend zu vernehmen. Elea bewegte sich etwas an Arok vorbei, um freie Sicht auf das Sumpfgebiet zu haben. Es war Maél, der über und über mit Schlamm bedeckt war. Allerdings war sein Oberkörper nackt, weil er seine Tunika und sein Wams in der Hand trug. Habe ich mich eben getäuscht oder blitzte es gerade grün leuchtend von dem Ring auf?
Ein paar Schritte von ihr entfernt blieb er abrupt stehen und musterte sie wieder so unverhohlen und intensiv, dass Elea unwillkürlich errötete. „Jetzt
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