Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
ihm wohlgesonnen bist, was ja auch der Wahrheit entspricht.“ Maél machte eine kurze Pause. Elea nickte schweigend. Dann fuhr er mit sachlicher Stimme fort. „Das ist der leichteste Teil, den du zu bewältigen hast. Im Schloss beginnt dann der schwierigere Teil deiner Rolle. Ich werde dich zum König bringen. Jadora wird uns begleiten. Du musst dich darauf gefasst machen, dass ich dich grob behandeln und vor den anderen demütigen werde, etwa so wie bis zu jener Nacht... Du weißt schon, welche ich meine! Du versuchst die Elea zu spielen, die du zu Beginn unserer Bekanntschaft warst. Du hasst und verachtest mich, weil ich dich misshandelt, gedemütigt und deinen Bruder schwer verletzt habe. Kannst du mir folgen, Elea?“ Maél legte behutsam seine Hände auf ihre Schultern und drückte leicht zu. Elea sah ihn mit immer größer werdenden Augen an, von denen sich schon lange Tränenspuren, ihren Weg die Wangen hinunter bahnten. Sie nickte leicht mit dem Kopf. Erst dann führte Maél seine Anweisungen mit immer eindringlicher werdender Stimme fort. „Du kannst auch ruhig die Widerspenstige spielen, die du ja auch bist. Zunächst einmal zumindest. In dem Zustand, in dem ich dich zu ihnen bringe, werden sie dich sicherlich nicht gleich mit ihrem Anliegen bedrängen. Und wenn doch, dann wird sicherlich Belana zur Stelle sein und sich für dich einsetzen. Auf so jemanden wie dich wartet sie schon ihr Leben lang. Sie wird sich um dich kümmern, ob du willst oder nicht. Aber das wird dir erst einmal Zeit verschaffen, um dich an die neue Umgebung zu gewöhnen. Also lass es zu, auch wenn es dir noch so gegen den Strich geht. In Ordnung?“ Elea bejahte dieses Mal mit Tränen erstickter Stimme. Maél war jedoch immer noch nicht fertig. „Wenn Roghan oder Darrach dich zu sich rufen, hörst du dir in Ruhe an, was sie von dir wollen. Zeige dich kooperativ und vielleicht auch ein wenig eingeschüchtert, auch wenn dir es schwer fällt. Ich werde mich von dir fernhalten, solange es geht. Je seltener wir aufeinandertreffen, desto weniger müssen wir etwas vorspielen und desto geringer ist das Risiko, dass wir uns verraten. - Du darfst nicht unser vordringliches Ziel aus den Augen verlieren, nämlich dich zu dem Drachen zu bringen. Und ich werde auf jeden Fall dabei sein. Mach dir darüber keine Sorgen! Du wirst mich wahrscheinlich im Schloss nicht zu Gesicht bekommen, aber ich werde dich im Auge behalten. Du weißt ja, ich werde dich überall finden, wo auch immer du bist.“ Maél machte wieder eine Pause. Er konnte nicht widerstehen, den nicht enden wollenden Tränenstrom auf Eleas Gesicht mit zarten Küssen zum Versiegen zu bringen. Als sie sich halbwegs beruhigt hatte, sprach er weiter. „Elea, du darfst am Hofe niemand von deinen Gaben erzählen. Du darfst niemand vertrauen. Außer...“ Er zögerte und schluckte schwer. Jadora nickte ihm ermutigend zu. Was er jetzt sagen würde, fiel ihm sichtlich nicht leicht. „Wenn du wirklich mal in Not sein solltest, dann gibt es nur einen, dem du vertrauen kannst: Prinz Finlay. Er hasst Darrach fast genauso sehr wie ich. Außerdem hat er sich mit seinem Vater überworfen. - Und halte dich von Darrach fern. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, bis wir uns auf die Suche nach dem Drachen machen. Nicht dass du auf die Idee kommst bei Darrach herumzuschnüffeln. Ich will dich nicht in seiner Nähe sehen, es sei denn, er kommt auf dich zu. Hast du gehört? Und so schwer dir unsere Trennung auch fallen wird, versuche nicht, mich zu finden!“ Elea brach unerwartet ihr Schweigen. „Du hast wenigstens meinen Haarzopf, an dem du schnuppern kannst, wenn du mich vermisst. Ich habe gar nichts außer den Fetzen, den du aus deiner alten Tunika geschnitten hast“, erwiderte sie vorwurfsvoll unter Tränen. Maél zog ohne zu zögern, sein Messer aus dem Stiefel und schnitt sich eine großzügige Strähne seines Haars ab und hielt sie Elea vor die Nase. „Reicht dir das? Oder brauchst du noch mehr?“, gab er in besänftigendem Ton zurück. Eleas Miene hellte sich etwas auf. Sie wischte sich die Tränen mit ihren Ärmeln aus dem Gesicht, so als ob, sie nun endlich damit ihr Versiegen besiegelt hätte. Dann nahm sie die kleine Tasche aus ihrem Rucksack und steckte Maéls Haare zu dem Beutel mit dem kleinen Messer und der Zange. Nachdem wieder alles im Rucksack verstaut war, wandte sie sich ihm wieder zu. „War das jetzt alles? Können wir jetzt endlich losreiten oder hast du noch etwas zu
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