Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
gebräunten Haut zu zeigen, auf der ebenfalls Spuren von Goldstaub zu sehen waren. Was nun letztendlich dieses Kleid zu einem einzigartigen Festgewand machte, waren erneut kleine Scherben aus Spiegelglas, die Belana angefangen von ihrer Brust bis hinunter an das Ende des Rockes so auf den Stoff befestigt hatte, dass daraus ein Mosaikbild entstanden war: ein Drache. Mit einem Schlag musste Elea an ihren merkwürdigen Traum von dem Drachen denken, in dem sie ein Kleid trug. Dieses hatte tatsächlich Ähnlichkeit mit diesem Festgewand. Elea musste mühsam schlucken. Zum einen erinnerte sie der Drache wieder an die Tortur, die gleich beginnen würde. Sie war tatsächlich so von Belanas Arbeit an ihr abgelenkt gewesen, dass sie völlig die Fahrt in das Herzen Morays vergessen hatte. Zum anderen war sie schlicht und ergreifend von Belanas Hingabe und Leidenschaft, aber auch von ihrer offensichtlichen Rücksicht auf ihre Bedürfnisse und Gefühle über alle Maßen gerührt. Zu guter Letzt hatte sie ihr sogar erlaubt, die Stiefel zu tragen. Eleas Nervengerüst lag blank. Sie musste sichtlich mit den Tränen kämpfen, was der Ersten Hofdame natürlich nicht entging. „Elea, ich verspreche Euch, der Abend wird schneller vorbeigehen als Ihr denkt. Mir nichts, dir nichts, liegt Ihr wieder in Eurem warmen Bett. Hier habe ich noch einen dicken Umhang aus rotem Samt, den Ihr Euch unbedingt umlegen müsst. Wir wollen doch nicht, dass Ihr Euch eine Lungenentzündung holt!“
Kapitel 10
Im Schlosshof herrschte ein Stimmengewirr, das immer wieder durch lautstarke Befehle übertönt wurde und nur für wenige Momente erstarb, bevor es wieder anschwoll. Mindestens fünfzig Krieger in Kettenhemd und braunem Lederpanzer mit dem roten Drachen auf der Brust und gegürtetem Schwert tummelten sich um ihre Pferde, die bereits gesattelt waren. Zahlreiche Fackeln brannten in Wandaufhängungen oder steckten im Boden in eingelassenen Gittern. Außerdem waren zwei große Lagerfeuer entzündet, um die sich der Wärme wegen ein Großteil der Krieger aufhielt.
Wenige Schritte von der Treppe entfernt, über die Elea an ihrem ersten Tag auf dem Schloss von Maél zur Thronhalle gezerrt wurde, stand ein Wagen, vor dem zwei Schimmel gespannt waren. Vorne auf dem Kutschbock saß ein Krieger. In der Mitte des Wagens befand sich eine Bank, die als Sitzplatz für sie vorgesehen war. Maél sollte hinter ihr stehen, um alles um sie herum gut im Auge behalten zu können. Nun stand er am hinteren Ende des Wagens angelehnt und wartete darauf, dass die Protagonisten des Schauspiels auftauchten. Er war wie immer ganz in schwarz gekleidet, mit Ausnahme seines silbrig glänzenden Kettenhemdes. Auf seine schwarze Maske hatte er verzichtet.
Maéls erster persönlicher Aufpasser, Finlay, war bereits auch schon auf seinem Beobachtungsposten. Er saß auf einer Bank seitlich der großen Treppe und hielt die Zügel seines Pferdes in der Hand. Die beiden Männer warfen sich immer wieder feindselige Blicke zu.
Maél war natürlich der Erste, der hörte, wie die Tür eines Gebäudes geöffnet wurde, das schräg gegenüber auf der anderen Seite des Hofes lag. Es war das Gebäude, in dem sich Eleas Zimmer befand. Maél hatte ebenso wie Finlay einen freien Blick auf die Tür. Durch kleine Lücken zwischen Wolkenbändern blitzten immer wieder vereinzelt Sterne auf und auch der Halbmond lugte von Zeit zu Zeit an ihnen vorbei. Die erste weibliche Gestalt, die durch die Tür ins Freie trat, war Belana und ihr würde jeden Moment Elea folgen, da schon aus dem Innenbereich des Gebäudes heraus ein glühend roter Schimmer sichtbar wurde. Als Elea in den Innenhof hinaustrat, hielt Maél unwillkürlich die Luft an. Eine Gänsehaut breitete sich unter seiner Kleidung aus, weil er plötzlich glaubte, genau das zu fühlen, was Elea in eben diesem Moment empfand: Panik. Ist es möglich, dass ich als seelenloses Wesen eine Seelenverwandte gefunden habe? Er schüttelte diesen Gedanken schnell ab, um sich besser auf Elea konzentrieren zu können, die sich in einem äußerst labilen Zustand befand. Ihre überirdische Anmut durch das rot leuchtende Haar und die davon in allen Richtungen reflektierten Glanzlichter, nahm er nur am Rande wahr. Ihn beunruhigte viel mehr ihre Atmung, die viel zu flach und zu schnell war. Das konnte er deutlich aus der Entfernung hören. Außerdem hatte er das Gefühl, dass sie schon in einen tranceähnlichen Zustand verfallen war, da sie sich von Belana
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