Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
bisher wie einen Schatz gehütet. Aus dem Augenwinkel nahm sie wieder eine Bewegung von Maél wahr. „Ich bin ... achtzehn,“ sagte sie etwas leiser. „Ihr seid also schon im heiratsfähigen Alter“, erwiderte Jadora nachdenklich. „Das hätte ich nicht gedacht.“ Elea reagierte darauf etwas ungehalten. „Ja. Ich weiß. Und glaubt mir, ich bin froh, dass ich nicht verheiratet bin. Heiraten ist nichts für mich. Ich werde es niemals tun.“
Plötzlich schrie Maél zu ihnen herüber: „Jadora, komm jetzt endlich und befreie mich von der verfluchten Kette!“ Jadora schaute prüfend zum Himmel hoch, als ob er durch die Bäume und die Wolkendecke hindurch den Stand der Sonne ablesen könnte. Dann erhob er sich: „Ihr werdet schön hier auf uns warten. Habt Ihr verstanden?! Ich gehe jetzt zu ihm und vergewissere mich, dass er wieder er selbst ist.“ Elea nickte Jadora zu, erhob sich jedoch ebenfalls in erwartungsvoller Anspannung. Noch bevor Jadora den Baum erreicht hatte, beschimpfte ihn der angekettete Mann zornig. Elea begann, sich ernsthaft Sorgen um Jadora zu machen. Sie hatte am eigenen Leib zu spüren bekommen, wozu Maél fähig war. Während der Hauptmann die Kette löste, sprach er besänftigend auf den wutschnaubenden Mann ein. Er schien, keine Angst vor ihm zu haben. Kaum hatte er die Kette entfernt, griff Maél ihm an die Kehle. Elea schrie laut auf: „Nein!“ Unter Schmerzen hetzte sie zu den Männern. „Ich sagte Euch doch, dass Ihr warten sollt“, keuchte Jadora ihr mit halb zugedrückter Kehle zu. „Maél, lasst ihn los, bitte! Ich war so verzweifelt darüber, dass ich Euch mit meinem lächerlichen Weidenrindentee nicht retten konnte. Jadora hat ein weiches Herz. Das wissen wir doch beide! Er hatte Mitleid mit mir und erzählte mir von dem Blut. Ich wollte es so“, sagte sie in eindringlichem Ton zu Maél und legte beruhigend ihre Hand auf den Arm, mit dem er Jadoras Kehle zudrückte. Er ließ sofort von dem Hauptmann ab, sah ihm aber immer noch wutschäumend ins Gesicht. „Was weiß sie noch davon?“
„ Sie weiß alles. Meinst du ich lasse sie ins offene Messer laufen. Sie weiß, dass du sie jetzt jederzeit überall finden kannst“, antwortete der Hauptmann heiser und rieb sich dabei die schmerzende Kehle. Maél drehte sich mit vor Zorn funkelnden Augen zu Elea. „Und Ihr habt mir dennoch von Eurem Blut zu trinken gegeben! Warum?“
„ Warum? Warum? Warum? Sicherlich nicht, weil ich eine krankhafte Freude darüber empfinde, dass Ihr jetzt mein persönlicher Bluthund seid. Das war mir aber in dem Moment, als es um Euer Leben ging, einerlei.“ Man konnte Maél ansehen, dass ihn die gegenwärtige Situation enorm überforderte. Er stieß einen lauten Schrei von sich und stürmte zum Lagerplatz. Elea sah kurz Jadora an. Dann rannte sie ihm hinterher. Maél holte sich eine frische schwarze Tunika aus seiner Satteltasche und zog sie sich über. Als er damit fertig war, stand Elea bereits vor ihm. „Ich will jetzt alleine sein und will mit niemandem reden. Habt Ihr verstanden? Kommt mir bloß nicht nach!“
„ Aber... ich...“, stammelte Elea kleinlaut.
„ Kein aber! Ihr bleibt hier, bis ich wieder komme, falls ich überhaupt jemals wieder komme.“ Elea stand hilflos da und musste zusehen, wie er mit wütenden Schritten davoneilte und von dem Wald verschluckt wurde. Verzweifelt und trotzig schrie sie ihm noch unter Tränen hinterher. „Vergesst aber nicht, dass ich Eure Gefangene bin!“ Jadora kam zu ihr, um sie zu trösten. Sie ließ es jedoch nicht zu und ging zu ihrem Schlafplatz. Sie wollte nichts sehen und nichts hören. Deshalb wickelte sie sich in ein Fell ein. Als sie überall um sich herum den Geruch von Maél wahrnahm, wurde ihr schlagartig bewusst, dass sie sich in sein Fell eingehüllt hatte. Hektisch schälte sie sich wieder daraus und legte sich in ihren Umhang.
Elea verharrte eine ganze Weile so, länger als sie sich selbst zugetraut hätte. Auf einmal hatte sie aber genug davon. Sie musste irgendetwas unternehmen. Sie wollte Maél zu verstehen geben, dass sich für sie durch seine Verwandlung und die Geschichte mit dem Blut nichts geändert hatte. Also gut, wenn ich es ihm nicht sagen darf, dann werde ich es ihm eben zeigen. Sie erhob sich voller Elan und wollte sich gerade in die Richtung begeben, in der Maél zuvor verschwunden war, als ihr mit einem Mal klar wurde, dass er überall sein könnte und sie sich wahrscheinlich rettungslos verlaufen würde, bevor
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