Elementarteilchen kuessen besser
Herausforderung aufgefasst und mir an den Kopf geworfen, dass sie ihn rumbekommen würde. Jederzeit. Ich habe sie nicht ernst genommen. Aber abends hat sie es dann in die Tat umgesetzt. Außerdem ...“ Linda schwieg betreten. „Wir haben uns bisher immer nur geküsst. Wir haben noch nicht ... also, wir sind noch nicht weitergegangen.“
„Und was soll das heißen?“
„Na ja, Philipp ist ein attraktiver Mann und sexuell sicher ... sehr aktiv.“ Sie schluckte. „Wenn ich mich tagelang so ziere, könnte es schon sein, dass er ein anderes Angebot auch attraktiv findet und dazwischen schiebt, bis ich endlich soweit bin. Er ist schließlich auch nur ein Mann.“
„Du meinst, wie ein Snack zwischendurch“, meinte Betty sarkastisch. „Das darf jetzt aber nicht wahr sein, Linda, oder? Du meinst, du musst einem geilen Bock sofort und zu jeder Zeit gefügig sein, nur damit er nicht postwendend zu einer anderen rennt und sich dort holt, was du im Moment vielleicht noch nicht bereit bist zu geben? Das wäre ja noch schöner! So gut sollte der werte Herr seine Hormone schon unter Kontrolle haben, sonst wärst du mit ihm auch in Zukunft nicht glücklich, das kann ich dir garantieren!“ Sie schnaubte durch die Nase. „Okay, rein theoretisch könnte es natürlich schon sein, glaube ich aber nicht. So sexuell aktiv sind nur die wenigsten Männer. Sonst würde neunzig Prozent der männlichen Bevölkerung ständig mit 'nem knüppelharten Schwanz durch die Gegend rennen und eine Frau zum Abreagieren suchen. Das kann nicht sein.“ Sie kratzte sich am Kopf und merkte gar nicht, dass sie ihrer Behauptung von vorhin widersprach. „Entweder er mag dich, weil du ihm wichtig bist, dann kann er auch noch einen Tag warten. Oder eben nicht. Dann hätte er aber auch erst gar nichts mit dir angefangen.“
„Aber ich habe sie doch gesehen ...“ Linda merkte, wie sich wieder ein Schluchzer aus ihrer Kehle befreien wollte, und würgte ihn hinunter. „Und Desirée ist eine sehr attraktive und verführerische Frau ...“
„Wenn man sich beim Sex gerne Schürfwunden holt ...“ Betty blickte in Lindas feuchte Augen und griff nach ihrer Hand. „Ja, ich weiß, du hast sie zusammen in die Kabine verschwinden sehen. Und wir werden rauskriegen, was dort passiert ist zwischen dem Moment, als die beiden sie betreten haben, und dem Moment, als du heute Morgen die Schachtel bekommen hast.“
„Willst du nicht vielleicht doch mit Philipp reden?“, fragte Anna mit ruhiger Stimme. „Vielleicht kann er die ganze Lage klären.“
„Nein“, lehnte Linda rigoros ab. „Er hat mit Sicherheit wieder eine gute Entschuldigung parat, genauso wie bei seinem Sexspielzeug, das seine Freunde in seinen Koffer getan haben sollen.“ Sie atmete zittern ein. „Wer weiß schon, ob das wirklich stimmt.“ Sie schluckte. „Und dann sieht er mich womöglich wieder mit diesen schönen, braunen Augen so ehrlich und verteufelt aufrichtig an und dann wird mein Kopf wieder ganz leer und ich habe das Gefühl, im Raum befindet sich kein Quäntchen Sauerstoff zum Atmen.“ Leise fügte sie noch an: „Irgendwie setzt in solch einem Moment immer mein Hirn aus und ich führe mich auf wie eine willenlose Sexsklavin.“
„Oh, das hört sich an, als ob's dich richtig schlimm erwischt hätte ...“, stellte Betty verständnisvoll fest. Doch dann schlug sie vor: „Ich würde an deiner Stelle vermutlich Simon fragen.“
„Simon? Was soll der mir schon sagen können? Er war ja nicht dabei.“ Als Linda ein grässlicher Gedanke kam, fragte sie Betty entsetzt: „Oder denkst du etwa, sie haben es zu dritt getrieben?“
„Nein! Jetzt beruhig dich wieder.“ Betty verdrehte die Augen. „Aber Simon ist Philipps Freund und er versteht ihn und sein Verhalten vielleicht besser als wir.“
„Und was glaubst du wird er sagen?“, ätzte Linda. „Er wird doch wohl seinen Freund nicht öffentlich an den Pranger stellen, sondern ihn eher noch in Schutz nehmen. Dann sind wir genauso schlau wie vorher.“
„Das könnte natürlich passieren“, versuchte Anna die Situation realistisch zu bewerten. „Aber dennoch würde ich Simon so einschätzen, dass er versucht, neutral die Argumente abzuwägen. Und er kennt Desirée. Das dürft ihr nicht vergessen. Vielleicht kann er besser einschätzen, wie sie tickt. Es braucht schon sehr viel Kaltschnäuzigkeit und Talent für Intrigen, um so was durchzuziehen. Und das würde ich ihr zutrauen.“
Müde rieb sich Linda die Augen.
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