Elementarteilchen kuessen besser
ich hätte sie in eines der vorderen Fächer meines Rucksacks gesteckt, weil ich so geschwitzt habe. Aber da ist sie nicht mehr.“
„War das die Cartier, die du von deinen Eltern zu deiner Promotion geschenkt bekommen hast?“ Nun saß auch Linda aufrecht auf ihrer Liege und blickte Betty besorgt an, die nur unglücklich nickte. „Mist.“
„Hast du sie gestern nicht getragen?“
„Nein. Ich habe sie im Urlaub nur unregelmäßig an. Ich verstehe das nicht.“ Betty zuckte ratlos mit den Schultern. „Als wir an der Kathedrale Pause gemacht und etwas getrunken haben, habe ich sie ausgezogen und wollte sie wegstecken. Dann hat unser Taxifahrer mich aber mit irgendeiner Bemerkung abgelenkt. Aber ich weiß noch, dass ich sie auf jeden Fall gut verstaut und den Verschluss zugemacht habe. Bei der Uhr bin ich immer vorsichtig. Und dann sind wir ...“ Ein erleichtertes Aufleuchten huschte über Bettys Gesicht. „Jetztweißichwosieist ...“
Erleichtert öffnete sie den Rucksack und machte den Reißverschluss einer kleinen Innentasche auf, in der sie ihre Armbanduhr fand. „Gott sei Dank! Mir ist gerade eingefallen, dass ich sie in eine der vielen Außentaschen stecken wollte, es mir aber doch zu unsicher war und sie dann ins Innenfach gelegt habe.“
„Hallo. Ich will nicht stören, aber gerne noch etwas loswerden ...“ Die drei Freundinnen blickten überrascht zu einem von Philipps Kollegen auf. „Ich heiße Simon und bin ein Freund und Kollege von Philipp ...“
Betty hatte sich als Erste gefasst und begrüßte ihn dank der wieder gefundenen Uhr in übermütiger Stimmung. „Ja, das wissen wir. Wir haben dich schon mit ihm zusammen gesehen. Hallo zurück übrigens. Ich heiße Betty.“ Nachdem sie Linda und Anna vorgestellt hatte, antwortete sie auf Simons Frage, ob etwas geschehen sei, sie hätten so besorgt ausgesehen, bevor er hergekommen sei: „Du glaubst nicht, was für einen Schrecken ich gerade bekommen habe. Stell dir vor, ichsitzehierahnungslosundmöchteaufdieUhrschauen, damerkeich, dasssiewegist!“ Betty erzählte in einer Geschwindigkeit von ihrem Landgang und der verschwundenen Uhr, die der Concorde zwischen New York und Paris Konkurrenz gemacht hätte. Sogar Linda musste sich gewaltig konzentrieren, um alles genau mitzubekommen – obwohl sie es ja selbst miterlebt hatte. Bemerkenswerterweise schien Simon ihr problemlos folgen zu können, wie Linda an seinen sinnvollen Zwischenfragen erstaunt feststellte. Na, da schienen sich zwei gefunden zu haben!
Als wieder etwas Ruhe eingekehrt war und sie sich in normaler Geschwindigkeit unterhielten, stellte Anna in einer der wenigen kurzen Atempausen Bettys ihre Frage, die sie schon die ganze Zeit dazwischenschieben wollte: „Du wolltest noch etwas loswerden, Simon?“
Dieser schaute sie etwas irritiert an und machte ein nachdenkliches Gesicht, als ob er Alzheimer im Anfangsstadium befürchtete – bis es ihm wieder einfiel. „Ach so, ja klar. Deswegen bin ich ja überhaupt zu euch gekommen.“ Er lachte erleichtert auf und fuhr sich verlegen durch seine kurzen blonden Haare. „Ich wollte Linda noch zu ihrer Stimme gratulieren. Du hast großartig gesungen gestern.“
Linda errötete leicht und blickte verlegen zu Boden: „Danke.“
„Na, mal nicht so bescheiden“, zog Betty sie auf. „Du hast den ganzen Saal zum Kochen gebracht. Da brauchst du dein Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Magst du dich zu uns setzen oder was hast du jetzt vor?“, fragte sie an Simon gewandt.
„Danke für die Einladung, aber ich bin auf dem Weg zu den anderen. Ein paar von uns wollen bei Wettspielen mitmachen, die die Animateure veranstalten. Seid ihr auch dabei?“
Linda schüttelte automatisch mit dem Kopf. Das wäre noch was! Sie fand die meisten Animationsangebote auf dem Schiff fürchterlich. Das war eine Beschäftigungstherapie für gelangweilte Touristen, die lieber 3000 Kilometer von zuhause entfernt die Kunst des Serviettenfaltens lernten, als die Schönheit der Natur zu genießen.
Betty, die Lindas Abneigung spürte, tröstete Simon: „Nein, danke. Aber ich komme später vielleicht mal zum Zugucken vorbei.“
„Super“, freute sich dieser, „dann kannst du uns lautstark anfeuern. Und wenn wir eine Flasche Sekt gewinnen, bekommst du auch einen Schluck davon ab.“ Zum Abschied hob er kurz die Hand und schlenderte die Reling entlang zur anderen Seite des Schiffs. Dabei hinkte er unmerklich mit dem linken Fuß.
„Netter Kerl.“ Betty
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