Elementarteilchen kuessen besser
Philipp bedauernd feststellte, und trug lange weite Sommerhosen mit einer sittsamen, weißen Bluse. Für seinen Geschmack viel zu sittsam. Immerhin waren die obersten zwei Knöpfe geöffnet.
„Hier habe ich noch dein T-Shirt. Danke, dass du es mir geliehen hast. Ich wusste nicht, ob du es gleich wieder brauchst oder ob ich es beim Wäscheservice erst noch waschen lassen soll ...“
„Nein, nein, brauchst du nicht. Ich lege es einfach so wieder zu den anderen.“ Philipp musste sich bei ihrem verwerflichen Angebot, das T-Shirt waschen zu lassen, dazu zwingen, es ihr nicht aus der Hand zu reißen. Er nahm es entgegen und trat an den Einbauschrank, um ihn zu öffnen.
„Ich hatte es auch nicht besonders lange an, da ich es bei mir drüben gleich wieder ausgezogen habe ...“ Philipp hörte schon nicht mehr zu. Im Schatten der Tür führte er das T-Shirt an seine Nase und schnupperte kurz daran. Mmh, ihr unvergleichlicher Duft stieg ihm in die Nase und er schloss für einen Moment die Augen. Schnell legte er es zu den anderen auf den Stapel und klappte die Tür wieder zu.
„... ist das die Karte von deinen Freunden?“ Sie deutete auf die Schwarz-Weiß-Postkarte auf seinem Nachttisch mit dem freizügigen Motiv.
„Ja, das ist sie. Möchtest du sie doch anschauen?“ Er reichte sie ihr. Irgendwie war ihm wichtig, dass bei ihr alle diesbezüglichen Zweifel restlos ausgeräumt waren.
Nachdem sie die Karte durchgelesen hatte und dabei lächeln musste, gab sie sie ihm zurück. „Das sind wirklich zwei Spitzbuben. Danke, dass ich sie lesen durfte.“
Erst, als Philipp sie wieder entgegennahm, fiel ihm ein, was auf der Karte stand. Du warst schon zu lange enthaltsam und damit Du wieder als 'ganzer Mann' zu uns zurückkehrst! Das war nicht gerade ein Führungszeugnis seiner männlichen Qualitäten, das sich eine wunderschöne Frau wie Linda wünschen würde. Und dass sie ihm was eingepackt hätten, falls er vergessen haben sollte, wie man sich mit Frauen die Zeit vertreibt, warf auch kein besseres Bild auf ihn.
Na, da hatte er sich ja ganz gekonnt ins eigene Knie geschossen!
Siebter Tag – mittags
Ohne Worte, das Spiel beginnt,
ich glaub' wir zwei verstehen uns blind.
Nur mit 'nem Lächeln, ganz nonverbal –
sendet mein Herz dir ein Signal. 3/11
„Und wo hast du nun die Liste?“ Linda blickte ihn unschuldig an.
Irgendwie hatte er eine spitze Bemerkung bezüglich der Karte erwartet. Als keine kam, reichte er ihr wortlos das Blatt Papier und setzte sich ihr gegenüber auf sein Bett. Er wollte sich nicht ausmalen, welche Sprüche Betty ihm nach Lesen der Karte an die Stirn getackert hätte. Aber Linda studierte die Lieder nur aufmerksam, ohne aufzublicken. Ein kleines Lächeln stahl sich kurz darauf in ihre Mundwinkel, das sie bezaubernd aussehen ließ. Zum Niederknien. Philipp musste schlucken.
„Kann es sein, das du dein Lieblingsduett unter den Liedern gefunden hast?“, fragte er leise.
Doch Linda wiegelte ab, da sie noch nicht fertig war. Philipp ließ sie gewähren und genoss einfach nur stumm ihren Anblick.
Dann blickte sie auf und lächelte leicht. „Ja, du hattest recht. Ich habe mein Lieblingsduett gefunden. Welches Stück hast du dir denn ausgesucht?“
„Noch keines, weil du wählen darfst.“ Philipp blickte sie gespannt an.
„Dann würde ich gerne Something Stupid singen, wenn es dir recht ist.“ Sie schaute ihn fragend an.
„Gern. Das war auch in meiner engeren Wahl. Bist du ein Fan von Frank Sinatra?“
Sie errötete leicht. „Ja. Alles, was mit Swing zu tun hat, spricht mein Herz an.“
„Glenn Miller, Count Basie, Benny Goodman – die Schiene?“
„Auch. Aber besonders mag ich die Stücke von Roger Cicero. Kennst du ihn?“
„Ja, ich habe schon was von ihm gehört. Seine erstes Lied war doch Zieh die Schuh aus , nicht?“
„Er hat vorher schon viel gemacht. Aber so, wie ich ihn mit seiner Big Band kennengelernt habe, war dieses Lied sein erstes richtig Erfolgreiches. Danach ging seine Karriere steil bergauf.“ Sie lächelte. „Irgendwie hat er zu dem Zeitpunkt in Deutschland ein Bedürfnis nach gutem Big-Band-Sound gepaart mit witzigen, doppeldeutigen Texten gestillt. Meist handeln sie von Beziehungen zwischen Liebenden oder sich Hassenden, zwischen Müttern und Söhnen, zwischen Freunden oder Ex-Geliebten. Die Lieder beinhalten tränentreibende Liebeserklärungen, echte Lebensweisheiten und herzerwärmende Komplimente an Frauen, genauso wie Augen zwinkernde Kritik
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