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Elementarteilchen

Elementarteilchen

Titel: Elementarteilchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Houellebecq
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völlig verkrampft und pervertiert. In vielen primitiven Gesellschaften fände die Initiation zu Beginn des Jugendalters unter Aufsicht der erwachsenen Stammesmitglieder statt. >Ich bin deine Mutter<, stellte sie noch einmal fest. Sie unterließ es, hinzuzufügen, daß sie selbst 1963 di Meolas Sohn David initiiert hatte. David war damals dreizehn gewesen. Am ersten Nachmittag hatte sie sich vor ihm ausgezogen, ehe sie ihn zum Masturbieren ermunterte. Am zweiten Nachmittag hatte sie ihn selbst masturbiert und gelutscht. Am dritten Tag hatte er sie schließlich penetrieren können. Jane war das noch in angenehmer Erinnerung; der Schwanz des Jungen war steif und schien in seiner Steifheit unbegrenzt verfügbar zu sein, selbst nach mehreren Samenergüssen; von diesem Augenblick an hatte sie sich vermutlich endgültig für junge Männer entschieden. >Allerdings<, fügte sie hinzu, >findet die Initiation immer außerhalb des direkten Familiensystems statt. Das ist unerläßlich, um die Öffnung zur Außenwelt zu ermöglichen.< Bruno zuckte zusammen und fragte sich, ob sie am selben Morgen, in dem Augenblick, als er ihre Scheide angestarrt hatte, vielleicht doch aufgewacht sei. Doch die Bemerkung seiner Mutter war an sich nicht sonderlich überraschend; das Inzesttabu ist bereits bei Graugänsen und Backenfurchenpavianen bezeugt. Der Wagen näherte sich Sainte-Maxime.

    »Als ich bei meinem Vater ankam«, fuhr Bruno fort, »wurde mir klar, daß es ihm nicht sehr gut ging. Er hatte sich in jenem Sommer nur zwei Wochen Urlaub nehmen können. Er hatte, was mir damals allerdings noch nicht klar war, finanzielle Probleme, zum erstenmal ging es geschäftlich abwärts. Später hat er mir alles erzählt. Er hatte den aufkommenden Markt für Silikonbrüste völlig verpaßt. In seinen Augen war das nur eine vorübergehende Mode, die sich auf den amerikanischen Markt beschränken würde. Das war natürlich idiotisch. Es gibt kein einziges Beispiel für eine aus den U S A kommende Mode, der es nicht in wenigen Jahren gelungen ist, Westeuropa zu überschwemmen; kein einziges. Einer seiner jungen Mitarbeiter hatte diese Gelegenheit ergriffen, um sich selbständig zu machen, und ihm einen großen Teil seiner Kundschaft weggeschnappt, indem er die Silikonbrüste als Lockmittel einsetzte.«
    Zum Zeitpunkt dieses Geständnisses war Brunos Vater siebzig und sollte kurz darauf einer Leberzirrhose zum Opfer fallen. »Die Geschichte wiederholt sich«, hatte er düster hinzugefügt und die Eiswürfel in seinem Glas klirren lassen. »Poncet, dieser Idiot (es handelte sich um den jungen, dynamischen Chirurgen, der zwanzig Jahre zuvor seinen Ruin verursacht hatte), Poncet, dieser Idiot, hat sich gerade geweigert, Geld in die Schwanzverlängerung zu investieren. Er findet, das sei die reinste Metzgerarbeit, er glaubt nicht, daß der männliche Markt in Europa mitziehen wird. Dieser Idiot. Genauso idiotisch wie ich damals. Wenn ich heute dreißig wäre, dann würde ich mich auf die Schwanzverlängerung stürzen, darauf kannst du Gift nehmen!« Nach einer solchen Erklärung verfiel er im allgemeinen in einen Zustand geistiger Abwesenheit und dämmerte vor sich hin. Die Unterhaltung war stockend, wie es in diesem Alter zwangsläufig der Fall ist.
        In jenem Juli des Jahres 1974 befand sich Brunos Vater noch im ersten Stadium seines Verfalls. Er schloß sich nachmittags mit einem Stapel Kriminalromane von San Antonio und einer Flasche Bourbon ein. Gegen sieben tauchte er wieder auf und wärmte mit zittriger Hand ein Fertiggericht auf. Er hatte das Vorhaben, mit seinem Sohn zu sprechen, noch nicht ganz aufgegeben, aber es gelang ihm nicht, es gelang ihm einfach nicht. Nach zwei Tagen wurde die Atmosphäre wirklich bedrückend. Bruno verließ jetzt öfter das Haus, blieb ganze Nachmittage fort; er ging ganz einfach an den Strand.

        Dem Psychiater gefiel der darauffolgende Teil des Berichts weniger, aber Bruno legte großen Wert darauf, er hatte keine Lust, ihn zu übergehen. Schließlich war dieser Idiot dazu da, ihm zuzuhören, dafür wurde er doch bezahlt, oder etwa nicht?
        »Sie war allein«, fuhr Bruno also fort, »sie war den ganzen Nachmittag allein am Strand. Eine arme Tochter reicher Leute, wie ich; sie war siebzehn. Sie war wirklich ziemlich dick, ein kleiner Fettkloß mit schüchternem Gesicht, viel zu weißer Haut und Pickeln. Am vierten Nachmittag, genau am Tag vor meiner Abreise, nahm ich mein Badetuch und setzte mich

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