Elementarteilchen
beim Aufwachen, und wie die meisten Männer, hatte er einen Ständer. Im Halbdunkel des Morgengrauens wirkte Christianes Gesicht, umgeben von der dichten zerzausten Masse ihres schwarzen Haars, sehr blaß. Sie öffnete leicht die Augen, als er in sie eindrang. Sie schien ein wenig verwundert, spreizte aber die Beine. Er begann sich in ihr zu bewegen, stellte aber fest, daß sein Glied immer schlaffer wurde. In die Trauer, die er darüber empfand, mischte sich Besorgnis und Scham. »Ist es dir lieber, wenn ich ein Kondom nehme?« fragte er. »Ja, bitte. Sie sind in dem Kulturbeutel nebenan.« Er riß die Verpackung auf, es waren Durex Technica. Sobald er die Latexhülle übergestreift hatte, erschlaffte sein Glied natürlich vollends. »Es tut mir leid«, sagte er, »es tut mir wirklich leid.« »Das macht nichts«, erwiderte sie sanft, »komm, leg dich hin.« Die Aids-Gefahr war ein wahrer Segen für die Männer dieser Generation. Sie brauchten manchmal nur den Gummi herauszuholen, und schon erschlaffte ihr Glied. »Ich habe mich nie daran gewöhnen können ...« Nachdem diese kleine Zeremonie vollendet und ihre Männlichkeit dadurch gerettet war, konnten sie sich wieder ins Bett legen, sich an den Körper ihrer Frau schmiegen und in Ruhe schlafen.
Nach dem Frühstück gingen sie den Hügel hinab und kamen an der Pyramide vorbei. Am Ufer des Teichs war niemand. Sie legten sich auf die Wiese in die Sonne; Christiane zog ihm die Bermudashorts aus und begann, ihm einen runterzuholen. Sie tat es sehr sanft, mit viel Gefühl. Später, als er aufgrund ihrer Bekanntschaft Zugang zum Kreis der libertären Paare bekommen hatte, sollte Bruno feststellen, daß dies eine äußerst seltene Gabe war. Die meisten Frauen in diesem Milieu wichsten ziemlich roh, ohne die geringste Nuancierung. Sie drückten viel zu fest zu und massierten den Schwanz mit idiotischer Hektik, vermutlich versuchten sie, die Schauspielerinnen in den Pornofilmen zu imitieren. Das mochte vielleicht am Bildschirm sehr eindrucksvoll wirken, aber das taktile Ergebnis war reichlich unbefriedigend, wenn nicht gar schmerzhaft. Christiane dagegen ging sehr zart vor, befeuchtete sich regelmäßig die Finger und massierte sanft die verschiedenen empfindsamen Zonen. Eine Frau in einem Sari ging nah an ihnen vorbei und setzte sich ans Ufer des Teichs. Bruno atmete tief ein und bemühte sich, den Orgasmus zurückzuhalten. Christiane lächelte ihm zu; die Sonne brannte allmählich heiß. Ihm wurde klar, daß die zweite 162
Woche im ORT sehr angenehm verlaufen würde. Vielleicht wurden sie sich sogar wiedersehen, zusammen alt werden. Ab und zu würde sie ihm ein kleines bißchen körperliches Glück verschaffen, und gemeinsam würden sie das Nachlassen der sinnlichen Begierde erleben. So würden einige Jahre vergehen; und dann würde die Sache vorbei sein; sie waren alt, und für sie war das Theater der körperlichen Liebe zu Ende.
Während Christiane sich duschte, studierte Bruno die Pflegeformel des Präparats »Erhalt der Jugendlichkeit durch Mikrokapseln«, das er am Tage zuvor im Centre Leclerc gekauft hatte. Während auf der Verpackung vor allem die Neuartigkeit des Konzepts der »Mikrokapseln« hervorgehoben wurde, unterschied die Gebrauchsanleitung zwischen drei Wirkungsbereichen: das Filtern schädlicher Sonnenstrahlen, hydratisierende Feuchtigkeitspflege und lang anhaltender Schutz vor freien Radikalen. Die Ankunft von Catherine, der Exfeministin, die auf ägyptische Tarots umgesattelt hatte, unterbrach ihn beim Lesen. Sie kam gerade, wie sie ihm nicht verheimlichte, von einem Kurs für Persönlichkeitsentwicklung zurück, Dance your job. Es ging darum, mit Hilfe von verschiedenen symbolischen Spielen seine Berufung zu finden; diese Spiele ermöglichten es, nach und nach den »inneren Helden« jedes Teilnehmers herauszuarbeiten. Nach Ablauf des ersten Tages stellte sich heraus, daß Catherine etwas von einer Hexe, aber auch etwas von einer Löwin hatte; das hätte ihr normalerweise den Weg in eine leitende Position in der Verkaufsbranche ebnen müssen.
»Hm ...«, sagte Bruno.
In diesem Augenblick kam Christiane wieder, sie hatte sich ein Handtuch um die Hüften geschlungen. Catherine hielt sichtbar verkrampft inne. Sie schützte einen Workshop für Z en-Medi tation und argentinischen Tango vor und zog sich schnell zurück.
»Ich dachte, du machtest bei Tantra und Rechnungswesen mit ...«, rief ihr Christiane hinterher.
»Kennst
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