Elena - Ein Leben für Pferde
garantiert eben Fritzi wiehern hören und sind jetzt hinter uns her!«
Wir spornten unsere Pferde zum Galopp und ich überlegte fieberhaft, wie wir unseren Verfolgern entkommen konnten. Sekunden später erfasste uns der Lichtkegel heller Scheinwerfer.
»Nach links!«, schrie ich und zerrte Fritzi grob im Maul. Der Weg ins Moor war unsere einzige Chance, denn er war mit einer rot-weißen Schranke gesperrt. Dorthin konnte uns kein Auto folgen, nicht einmal ein Geländewagen. Ich warf einen Blick über die Schulter, kaum dass wir die Schranke umritten hatten. Es war wie in einem dieser üblen Horrorfilme, die mein Bruder mit Vorliebe anguckte: Das Auto bog ebenfalls in den Weg ein und fuhr, ohne langsamer zu werden, auf die Schranke zu.
Verflixt noch mal! Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie uns folgen würden. Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt, wirklich bis ins Moor zu reiten. Das war kein Spaß mehr und ich verfluchte Melikes Einfall, in den Wald zu reiten. Doch dann stoppte das Auto an der Schranke. Jetzt nichts wie weg! Nur wo entlang? Hier kannte ich mich nicht gut aus, ins Moor war ich nur zwei- oder dreimal mit Opa geritten und das war im Sommer gewesen. Irgendwo musste es hier noch eine Abzweigung geben, die zu der Wegspinne oberhalb des Forsthauses führte. Von dort aus konnten wir dann den Umweg über unsere Trainingswiese nehmen.
Fritzi fand unseren Ausflug auch nicht mehr witzig. Er stemmte die Hufe in den Boden, legte die Ohren an wie ein störrischer Esel und weigerte sich, weiterzugehen. Stattdessen drehte er sich blitzschnell um seine eigene Achse und prallte mit Sirius zusammen, der mit einem erschrockenen Schnauben zur Seite sprang.
Durch das Gewirr der Baumstämme konnte ich in der Ferne das Licht der Autoscheinwerfer sehen. Es bewegte sich nicht. Sie warteten wohl auf uns und überlegten, wie sie uns kriegen konnten.
»Was machen wir denn jetzt?« Meine Stimme zitterte. Ich war den Tränen nahe.
»Wir warten hier, bis sie abhauen«, erwiderte Melike.
Plötzlich schrillte mein Handy, ich zuckte zusammen und Fritzi erschrak, weil ich erschrak. Mit einer Hand ließ ich die Zügel los und tastete meine Taschen ab, bis ich das Handy endlich gefunden hatte.
»Wo bist du, du dumme kleine Nuss?«, hörte ich Christians ärgerliche Stimme dicht an meinem Ohr. »Mama hat mir gesagt, dass ich dich holen soll, und ich hab keinen Bock, den ganzen Hof abzusuchen.«
»Melike und ich sind mit Fritzi und Sirius ausgeritten.« Ich musste mich anstrengen, um meine Stimme cool klingen zu lassen. »Wir sind gleich wieder auf dem Hof.«
» Ausgeritten? So was kann auch echt nur euch einfallen!«, schnaubte mein Bruder. »Sieh zu, dass du hierherkommst, sonst kannst du was erleben!«
Peng. Weg war er. Na toll. Jetzt hatte ich noch ein Problem mehr an der Backe. Vor uns gluckste düster das Moor, hinter uns lauerte der Waldschrat mit Verstärkung und zu Hause wartete Christian!
Fritzi stampfte ungeduldig auf der Stelle herum, drängelte sich gegen Sirius und quetschte mein Bein gegen einen Baumstamm.
»Hey!«, rief Melike auf einmal und deutete in Richtung Schranke. »Sie hauen ab! Los, beeilen wir uns!«
Wir wendeten unsere Pferde. Als Fritzi merkte, dass es in Richtung Stall ging, war er kaum noch zu bremsen. Ich hatte alle Mühe, ihn im Schritt zu halten, bis wir an der Schranke vorbeigeritten waren, danach trabten wir an. Auch wenn es hieß, dass Pferde nachts besser sehen können als Menschen, wollte ich in der Dunkelheit keinen Galopp riskieren.
Christian wartete daheim an der Scheune auf uns – und bei ihm war Ariane! Ich traute meinen Augen nicht, als ich sah, dass Christian seinen Arm um sie gelegt hatte. Melike sah es auch.
»Ich bringe Sirius weg«, knurrte sie. »Bis gleich!«
»Na«, sagte ich von oben herab zu meinem Bruder, »wieder fleißig bei der Kundenbetreuung?«
Ariane kicherte blöd, aber Christian schien es nicht sehr lustig zu finden.
»Bring deinen lahmen Gaul weg und komm mit!«, fuhr er mich an. »Mama ist stinksauer.«
Ich hatte keine Lust auf einen Streit mit meinem Bruder, ließ mich aus dem Sattel gleiten und führte Fritzi in die Scheune. Wäre Ariane nicht dabei gewesen, hätte ich ihm vielleicht von Melikes Beobachtung im Wald erzählt, aber so hielt ich den Mund und beeilte mich.
19. Kapitel
»Na, da seid ihr ja«, sagte Mama, als ich ihr auf die Schulter tippte. »Habt ihr Hunger?«
Sie stand im Reiterstübchen hinter der Theke, schenkte zusammen mit
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