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Elena - Ein Leben für Pferde

Elena - Ein Leben für Pferde

Titel: Elena - Ein Leben für Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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ganz aufgeregt. Ich deutete auf die Stelle zwischen dem linken Ohr und der Ganasche.
    »Da ist irgendetwas«, sagte ich.
    Kein vernünftiger Mensch greift freiwillig ein zweites Mal an einen Elektrozaun, aber ich legte meine Hand wieder an die Stelle. Zuck! Sofort spürte ich dieses Kribbeln und zog die Hand wieder weg, als hätte ich sie mir verbrannt.
    »Bist du dir sicher?«, fragte Lajos.
    »Ja«, antwortete ich. »Was ist an der Stelle?«
    »Die Ohrspeicheldrüse. Und darunter das Diverticulum tubae auditivae , der sogenannte Luftsack, durch den die innere Kopfarterie verläuft.« Er betrachtete die Stute nachdenklich und kaute auf seiner Unterlippe. »Das wäre ja ein Ding. An so etwas hätte ich überhaupt nicht gedacht.«
    »An was? Was ist überhaupt mit dem Pferd? Jetzt können Sie es mir doch sagen, oder?«
    Lajos wandte sich zu mir um. »Ich wollte dich nicht nervös machen«, sagte er leise, aber seine Stimme klang angespannt. »Blue Fire Lady war vor vier Jahren eines der besten Rennpferde Europas. Sie hat eine großartige Abstammung und wurde als Jährling auf der Auktion in Newmarket für umgerechnet siebenhunderttausend Euro versteigert. Dreijährig hat sie alle wichtigen Rennen gewonnen, im Jahr drauf sogar den Prix de l’Arc de Triomphe in Paris, aber danach kam sie jedes Mal als Letzte durchs Ziel. Die Besitzer nahmen sie in die Zucht und ließen sie von den besten Zuchthengsten decken. Das hat ein Vermögen gekostet, aber die Stute nahm nicht auf. Während der letzten zwei Jahre war sie in wohl jeder Klinik der Welt gewesen und seit sechs Wochen steht sie nun hier bei mir.«
    Ich blickte das Pferd ehrfürchtig an. Diese Fuchsstute hatte mehr gekostet, als Opa Schulden auf den Amselhof angehäuft hatte!
    Plötzlich schien Lajos es ziemlich eilig zu haben.
    »Komm«, sagte er zu mir und rannte fast hinüber ins Haus. Er hatte schon das Handy in der Hand, als ich durch die Tür kam. Ungeduldig ging er mit dem Telefon am Ohr hin und her.
    »Hallo, Peter. Hier ist Lajos«, sagte Lajos nach ein paar Sekunden. »Du erinnerst dich an die Vollblutstute, die bei dir in der Klinik gewesen ist. Blue Fire Lady … ja … ja, genau die. Sie steht seit ein paar Wochen bei mir, als letzte Hoffnung sozusagen. Aber ich finde einfach nichts. Und jetzt hatte ich so eine Idee. Sag mal, habt ihr damals eine CT vom Kopf gemacht?«
    Er lächelte mir kurz zu, war aber sofort wieder ernst.
    »Nicht? Könntest du eine machen, wenn ich dir das Pferd schicke? Ja? Wann? Okay, ich kümmere mich drum. Ich rufe dich wieder an, wenn ich weiß … ja, natürlich. Ich kann sie auch selbst bringen, wäre mir sogar ganz recht …«
    Das Handy in meiner Jackentasche meldete sich mit dem SMS-Ton. Ich zuckte zusammen. Lajos und die Stute waren plötzlich vergessen. Ich kramte das Handy hervor, klappte es auf. Mein Herz klopfte wild, doch dann die Enttäuschung. Nicht Tim hatte mir geschrieben, sondern Melike.
    Wo bist du???? Echt krank?? ?
    Sie würde stinkwütend sein, wenn sie erfuhr, dass ich allein zu ihrem tollen Lajos gefahren war, aber lügen wollte ich auch nicht.
    Bin auf dem Weg zur Wiese. Hab kurz bei L reingeschaut, schrieb ich zurück. Das war nicht ganz gelogen. Und zur Wiese wollte ich sowieso. Vielleicht kam Tim ja dahin. Vielleicht war nur sein Handy kaputt oder er hatte es verloren. Vielleicht …
    »Elena!« Lajos war ganz außer sich. »Ich fahre nächste Woche mit der Stute in die Klinik von Professor Pelzer! Du hast mich auf eine Idee gebracht. Es ist nur eine Vermutung, mehr nicht, aber wenn es so wäre …«
    »Ich muss jetzt leider weg«, unterbrach ich seine Begeisterung.
    Es war Viertel vor drei! Eigentlich hätte ich längst zu Hause sein müssen, aber das war mir völlig egal. Um drei Uhr musste ich unbedingt oben auf der Wiese sein. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Tim dort auf mich wartete. Und bevor Lajos noch etwas sagen konnte, rannte ich hinaus zu meinem Fahrrad.

27. Kapitel
     
    Ich schwitzte und war völlig außer Atem, als ich am Waldrand stoppte. Vor mir lag unsere Trainingswiese. Die Hindernisse standen unverändert so, wie ich sie vorgestern mit Fritzi gesprungen war, aber von Tim war nichts zu sehen. Ich ließ mein Fahrrad fallen und ging zu dem Baumstamm hinüber, auf dem wir noch vor zwei Tagen gesessen und geredet hatten. Hier hatte er mich umarmt.
    »Tim.« Ich flüsterte seinen Namen wie eine Beschwörungsformel. »Tim. Tim. Tim.«
    Punkt drei Uhr. Angestrengt lauschte ich auf das

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