Elenium-Triologie
Augen, dann gähnte sie, schmiegte sich noch dichter an Sperber und schlief sogleich ein.
Unter einem klaren Morgenhimmel ritten sie südwärts aus Borrata, und der zweirädrige Karren, auf den sie ihre Rüstungen und anderes Gepäck geladen hatten, klapperte, von Kurik gezogen, hinterher.
Der Wind war lebhaft und zerrte an den armseligen Lumpen der geduldig hinter ihrem Vikar hertrottenden Pilger. Eine niedrige Bergkette erstreckte sich im Westen. Die Gipfel trugen Schneekappen, und die Sonne glitzerte auf den vereinzelt noch von Schnee bedeckten oberen Hängen. Sie ritten gemächlich, ja lustlos, wie es Sperber schien, doch das Schnaufen und Keuchen der armen Tiere der Pilger verriet, daß sie ihr Bestes gaben.
Gegen Mittag trabte Kalten von seinem Posten am Ende des Zuges nach vorn. »Hinter uns nähern sich Reiter«, meldete er leise, um die dichtauf folgenden Pilger nicht zu erschrecken. »Sie sind offensichtlich in größter Eile!«
»Hast du eine Ahnung, wer sie sind?«
»Sie tragen Rot.«
»Also Kirchensoldaten.«
»Da seht ihr mal, wie schnell er denkt«, wandte sich Kalten an die übrigen Gefährten.
»Wie viele sind es?« erkundigte sich Tynian.
»Eine verstärkte Schwadron, wie es aussieht.«
Bevier lockerte seine Lochaber an der Schlaufe.
»Versteckt sie«, riet Sperber ihm. »Verbergt auch ihr anderen eure Waffen!« Dann hob er die Stimme. »Guter Vikar« rief er. »Wie wäre es mit einer Hymne? Die Meilen werden kürzer bei heiligen Liedern.«
Der Vikar räusperte sich und begann mit etwas rostig klingender Stimme zu singen, und ein wenig falsch obendrein. Gewohnheitsmäßig, wenngleich müde, fielen die Pilger sogleich ein.
»Singt!« forderte Sperber seine Gefährten auf und alle stimmten in die Hymne ein. Während sie ihr Lied hinausbrüllten, hob Flöte ihre Syrinx und spielte eine spöttische kleine Begleitmelodie.
»Hör damit auf!« murmelte Sperber ihr zu. »Und wenn es zum Kampf kommen sollte, dann rutsch sofort hinunter und versteck dich da drüben in dem Gestrüpp.«
Sie blickte ihn an und rollte die Augen.
»Tu, was ich dir sagte, kleine Dame. Ich möchte nicht, daß du bei einem Kampf unter die Hufe kommst.«
Die Kirchensoldaten donnerten jedoch an dem Zug Hymnen singender Pilger vorbei, ohne ihnen mehr als einen flüchtigen Blick zu gönnen, und waren rasch in der Ferne verschwunden.
»Glück gehabt«, brummte Ulath.
»Und wie!« bestätigte Tynian. »Inmitten eines Haufens verstörter Pilger zu kämpfen hätte allerdings interessant werden können.«
»Glaubt Ihr, sie waren hinter uns her?« fragte Berit.
»Schwer zu sagen«, entgegnete Sperber. »Ich hatte allerdings nicht die Absicht, sie anzuhalten und zu fragen.«
Sie führten die Reise gen Süden, nach Madol, in einzelnen Abschnitten durch, um die armseligen Reittiere der Schäfchen des Vikars nicht zu überanstrengen, und erreichten den Stadtrand des Hafenortes gegen Mittag des vierten Tages nach ihrem Aufbruch aus Borrata. Als die Stadt in Sicht kam, ritt Sperber an die Spitze zu dem Vikar. Er überreichte dem guten Mann einen Beutel, der prall mit Münzen gefüllt war. »Wir verlassen Euch hier«, sagte er. »Eine dringende Angelegenheit erfordert unsere Aufmerksamkeit.«
Der Vikar blickte ihn abschätzend an. »Das war alles nur eine List, nicht wahr, Euer Gnaden?« fragte er ernst. »Ich bin zwar nur der arme Pfarrer einer äußerst bedürftigen Gemeinde, aber ich weiß Ordensritter an ihrer Haltung und ihrem Benehmen zu erkennen.«
»Verzeiht uns, guter Vikar«, bat Sperber. »Führt Eure Schäfchen zu den heiligen Stätten hier in Madol. Betet mit ihnen und sorgt dafür, daß sie ausreichend zu essen bekommen. Dann kehrt mit ihnen nach Borrata zurück und verwendet den Rest des Geldes, wie Ihr es für richtig erachtet.«
»Und kann ich das reinen Gewissens tun, mein Sohn?«
»Mit dem reinsten, guter Vikar. Meine Freunde und ich dienen der Kirche in einer Angelegenheit von größter Dringlichkeit, und die Hierokratie in Chyrellos – zumindest der Großteil derselben – wird Eure Hilfe zu schätzen wissen.« Dann drehte Sperber Faran herum und ritt zu seinen Begleitern zurück. »So, Bevier, bringt uns jetzt in Euer Ordenshaus.«
»Ich habe darüber nachgedacht, Ritter Sperber«, entgegnete Bevier. »Nicht nur die amtlichen Stellen hier halten ständig ein waches Auge auf unser hiesiges Ordenshaus, sondern auch alle möglichen anderen Leute. Selbst in unserer momentanen Kleidung würden wir
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