Elenium-Triologie
der ungepflegte Mann. »Ich trinke nie Wasser.« Er nahm einen gluckernden Schluck aus einem eingebeulten Krug.
»Sieht ganz so aus!«
»Wollen wir den Rest des Tages damit verbringen, uns gegenseitig Beleidigungen an den Kopf zu werfen, oder wollt ihr mir lieber euer Problem schildern?« Der Arzt blinzelte kurzsichtig in Sperbers Gesicht. »Aha. Ihr seid derjenige«, stellte er fest.
»Derjenige was?«
»Der, dem wir nicht helfen sollen.«
»Würdet Ihr uns das bitte erklären?«
»Vor ein paar Tagen war ein Mann hier. Er sagte, er würde jedem Arzt im Haus hundert Goldstücke geben, wenn Ihr erfolglos wieder abzieht.«
»Wie sah er aus?«
»Er hatte militärische Haltung und weißes Haar.«
»Martel«, sagte Sperber zu Sephrenia.
»Das hätten wir uns gleich denken können«, meinte sie.
»Verliert nicht den Mut, Freunde«, beruhigte sie der schlampige kleine Mann freundlich. »Ihr habt zu dem besten Arzt in Borrata gefunden.« Er grinste plötzlich. »Meine Kollegen fliegen alle im Herbst mit den Enten gen Süden. ›Quak, quak, quak.‹ Ihr könntet keine vernünftige Diagnose von irgendeinem unter ihnen bekommen. Der Weißhaarige sagte, daß Ihr einige Symptome beschreiben würdet. Irgendwo ist irgendeine sehr kranke Dame, wenn ich ihn recht verstanden habe, und Euer Freund – dieser Martel, den Ihr erwähntet – würde es vorziehen, wenn sie nicht gesundete. Wollen wir ihn nicht ein wenig enttäuschen?« Er nahm einen tiefen Schluck.
»Ihr macht Eurem Stand Ehre, guter Doktor«, lobte Sephrenia.
»Nein. Ich bin ein boshafter alter Trunkenbold. Wollt Ihr wissen, warum ich bereit bin, Euch zu helfen? Weil ich mich auf den Zorn meiner Kollegen freue, wenn ihnen dieses schöne Geld durch die Lappen geht.«
»Das ist ein Grund so gut wie jeder andere, würde ich sagen«, meinte Sperber.
»Genau.« Der leicht beschwipste Arzt musterte Sperbers Nase. »Warum habt Ihr sie nicht einrichten lassen, nachdem Ihr sie gebrochen habt?« fragte er.
Sperber berührte seine Nase. »Ich war mit anderen Dingen beschäftigt.«
»Ich kann sie Euch richten, wenn Ihr möchtet. Ich brauche bloß einen Hammer zu nehmen und sie noch einmal zu brechen. Dann kann ich sie Euch gerade richten.«
»Danke, aber ich habe mich so an sie gewöhnt.«
»Wie Ihr meint. Also gut, was sind das für Symptome, derentwegen Ihr hierhergekommen seid?«
Wieder beschrieb Sephrenia sie eingehend.
Der Arzt hatte die Augen zusammengekniffen und kratzte sich am Ohr. Dann kramte er in dem Durcheinander auf seinem Schreibtisch und zog ein dickes Buch mit zerrissenem Ledereinband hervor. Er blätterte eine Weile darin herum, dann schlug er es zu. »Genau wie ich dachte!« sagte er triumphierend. Wieder rülpste er laut.
»Und?« fragte Sperber.
»Eure Freundin wurde vergiftet. Ist sie schon tot?«
Ein Eisbrocken schien sich in Sperbers Bauch auszubreiten. »Nein.«
»Dann ist es nur noch eine Sache der Zeit.« Der Arzt zuckte die Schultern. »Es handelt sich um ein seltenes Gift aus Rendor, das absolut tödlich ist.«
Sperber knirschte mit den Zähnen. »Ich werde nach Cimmura zurückkehren und Annias die Eingeweide herausschneiden. Mit einem stumpfen Messer!«
Der kleine Arzt blickte ihn plötzlich interessiert an. »Ihr müßt es folgendermaßen machen«, erklärte er, »einen lateralen Schnitt unmittelbar unter dem Nabel. Dann tretet den Mann, daß er sich rückwärts krümmt. In diesem Augenblick müßte alles aus ihm herausquellen.«
»Danke.«
»Ich verlange nichts. Wenn Ihr etwas tun wollt, tut es richtig. Ich nehme an, daß dieser Annias derjenige ist, den Ihr für den Schuldigen haltet?«
»Zweifellos.«
»Dann tötet ihn. Ich verachte Giftmörder zutiefst.«
»Gibt es ein Gegengift?« erkundigte sich Sephrenia.
»Ich kenne keines. Ich würde euch ja raten, noch einige mir bekannte Ärzte in Cippria zu konsultieren, aber Eure Freundin wäre bereits tot, ehe ihr zurückkämt.«
»Nein«, versicherte Sephrenia ihm. »Sie wird am Leben erhalten.«
»Ich würde gern wissen, wie ihr das fertigbringt.«
»Die Dame ist Styrikerin«, erklärte Sperber ihm. »Sie ist einiger ungewöhnlicher Dinge fähig.«
»Magie? Und sie wirkt tatsächlich?«
»Manchmal ja.«
»Also gut. Vielleicht habt ihr die Zeit.« Der schlampig aussehende Arzt riß von einem der Papiere auf seinem Schreibtisch eine Ecke ab und tauchte einen Federkiel in ein fast trokkenes Tintenfaß. »Die ersten beiden Namen sind die von zwei ziemlich tüchtigen
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