Elenium-Triologie
Ritter Sperber. Das ist wahr. Bringt Eure Freunde herein.«
Sperber lenkte Faran durch das Tor. Kurik und Sephrenia folgten ihm dichtauf.
Sie gelangten in einen Innenhof. Die Wände, die ihn umgaben, waren so dunkel wie die Außenmauern der Anlage. Im Gegensatz zu den Wänden rendorischer Häuser waren sie nicht weißgetüncht, und die Fenster waren sicherlich eine Spur schmäler als bei Klöstern üblich. Sperber kam der Gedanke, daß sie gute Schießscharten für Bogenschützen abgeben würden.
»Wie kann ich Euch behilflich sein, Sperber?« erkundigte sich der Abt.
»Ich brauche wieder Zuflucht, ehrwürdiger Abt«, antwortete Sperber. »Das wird schon fast zur Gewohnheit, nicht wahr?«
Der Abt grinste. »Wer ist diesmal hinter Euch her?«
»Niemand, soviel ich weiß, ehrwürdiger Abt, und ich hätte gern, daß es so bleibt. Könnten wir uns vielleicht irgendwo ungestört unterhalten?«
»Selbstverständlich.« Der Abt wandte sich an den braunbärtigen Mönch, der bei ihrer Ankunft den Fensterladen geöffnet hatte. »Kümmert Euch um ihre Pferde, Bruder.« Das war keine Bitte, sondern klang wie ein militärischer Befehl. Der Mönch nahm unwillkürlich stramme Haltung an. Es fehlte nicht viel, und er hätte die Hacken zusammengeschlagen.
»Kommt mit, Sperber«, forderte der Abt ihn auf und klatschte dem großen Ritter die fleischige Pranke auf die Schulter.
Kurik saß ab und ging zu Sephrenia, um ihr vom Zelter zu helfen. Sie reichte ihm Flöte hinunter und glitt allein aus dem Sattel.
Der Abt führte sie durch den Eingang in einen gewölbten Steinkorridor, der von vereinzelten kleinen Öllampen entlang den Wänden nur schwach beleuchtet wurde. Vielleicht lag es am Duft des Öles, jedenfalls vermittelte dieser Ort ein Gefühl von Geborgenheit. Dieser Geruch erinnerte Sperber stark an jene Nacht vor zehn Jahren. »Hier hat sich offenbar kaum etwas verändert«, stellte er fest, während er sich umsah.
»Die Kirche ist zeitlos, Ritter Sperber«, antwortete der Abt salbungsvoll, »und ihre Einrichtungen versuchen es ihr gleichzutun.«
Am Ende des Korridors öffnete der Abt eine schmucklose Tür, und sie folgten ihm in einen Raum mit Büchern an den Wänden, einer hohen Decke und einem kalten Holzkohlebekken in einer Ecke. Dieses Zimmer war keineswegs so nüchtern wie die Studierzimmer der meisten Äbte der nördlicheren Klöster. Die Fensterscheiben waren aus dicken, dreieckigen Glasstücken, die mit Bleistreifen zusammengehalten wurden, und an den Seiten hingen blaßblaue Vorhänge. Auf dem Boden lagen weiße Schaffelle, und das ungemachte Bett in der hinteren Ecke war ein gutes Stück breiter als die üblichen Klosterpritschen. Die vollgestopften Bücherregale reichten vom Boden bis zur Decke.
»Bitte nehmt Platz.« Der Abt deutete auf die Stühle um einen Tisch, der mit hohen Stößen von Schriftstücken bedeckt war.
»Immer noch der alte Kampf, ehrwürdiger Abt?« Sperber blickte lächelnd auf die Pergamente, ehe er sich auf einem Stuhl niederließ.
Der Abt verzog das Gesicht. »Jeden Monat.« Er zuckte die Schultern. »Manche sind eben nicht für Papierkram geboren.« Er starrte verdrießlich auf die Schriftstücke. »Manchmal glaube ich, ein kleines Feuer hier drin würde das Problem zufriedenstellend lösen, denn ich bin sicher, daß die Schreiber in Chyrellos meine Berichte überhaupt nicht vermissen würden.« Er ließ den Blick neugierig über Sperbers Gefährten schweifen.
»Kurik, mein Knappe«, stellte Sperber ihn dem Abt vor.
»Kurik.« Der Abt nickte.
»Und die Dame ist Sephrenia, die uns Pandioner in die Geheimnisse einweist.«
»Sephrenia höchstpersönlich?« Der Abt machte große Augen und erhob sich respektvoll. »Seit Jahren höre ich Geschichten über Euch, Erhabene. Ihr seid berühmt!« Er lächelte sie herzlich an.
Sie nahm den Schleier ab und erwiderte sein Lächeln. »Wie liebenswürdig Ihr seid, ehrwürdiger Abt.« Sie setzte sich und hob Flöte auf den Schoß. Die Kleine schmiegte sich an sie und betrachtete den Abt mit großen dunklen Augen.
»Ein bildschönes Kind, Sephrenia«, bemerkte der Abt. »Eure Tochter?«
Sephrenia lachte. »O nein, Herr Abt. Sie ist ein styrisches Findelkind. Wir nennen sie Flöte.«
»Welch eigenartiger Name«, murmelte er. Dann wandte er sich wieder Sperber zu. »Ihr habt angedeutet, daß es um etwas geht, das geheim bleiben soll.« Aus seiner Stimme klang Neugier. »Erzählt mir davon.«
»Seid Ihr auf dem laufenden, was sich auf dem
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