Elenium-Triologie
ist sehr bleich und sehr dünn. In diesem Stadium hat sich seine Außenhaut noch nicht völlig gehärtet, und an den Verbindungsstellen der Segmente tritt Körpersaft aus, der die Haut vor der Berührung durch die Luft schützt. Er hat Scheren ähnlich denen eines Krebses, und sein Gesicht ist unvorstellbar grauenvoll.«
»Was ist dieser Körpersaft?«
»Schleim«, antwortete sie knapp. »Der Sucher befindet sich in seinem larvalen Stadium – wie eine Raupe oder ein Wurm, aber nicht ganz so. Wenn er sich seinem Erwachsenenstadium nähert, wird die Haut hart und dunkel und seine Flügel brechen durch. Nicht einmal Azash kann Erwachsene dieser Gattung lenken. Für sie gibt es dann nur noch eines: sich fortzupflanzen. Setzte man ein Paar frei, würden sie die ganze Welt zu ihrem Bau machen und jedes Lebewesen auf der Welt an ihre Jungen verfüttern. Azash hält sich ein Paar dieser Kreaturen zur Zucht an einem Ort, von dem Flucht unmöglich ist. Sobald eine der Larven, die er als Sucher einsetzt, zu reifen beginnt, läßt er sie töten.«
»Azash zu dienen birgt seine Gefahren«, stellte Kalten fest. »Aber ich habe noch nie ein Insekt gesehen, auf das Eure Beschreibung auch nur annähernd passen würde.«
»Kreaturen, die Azash dienen, unterscheiden sich von allen anderen.« Sie blickte Sperber gequält an. »Müssen wir das wirklich tun?«
»Ich fürchte ja«, antwortete er.
Sie saßen auf dem feuchten Waldboden und warteten auf Tynians Rückkehr. Kalten trat zu einem der Packtiere, kramte in einem Beutel und schnitt mit seinem Dolch riesige Scheiben von einem Käse und einem Brotlaib ab. »Damit habe ich meinen Teil getan, bis ich wieder an der Reihe bin, richtig?« sagte er zu Ulath.
»Darüber muß ich erst nachdenken«, brummte Ulath.
Der Himmel war immer noch bewölkt, und Vögel schlummerten auf den dunkelgrünen Zedernzweigen, die den Wald mit ihrem würzigen Duft füllten. Einmal kam ihnen ein Hirsch majestätisch auf einem Wildpfad entgegen. Ein Pferd schnaubte, und der Hirsch sprang davon, sein Spiegel blitzte, und sein wie mit Samt überzogenes Geweih schimmerte. Es war friedlich hier, doch Sperber stählte sich für ihre bevorstehende unerfreuliche Aufgabe.
Tynian kam zurück. »Ein Trupp Soldaten befindet sich etwa hundert Meter nördlich«, berichtete er leise. »Sonst ist keiner zu sehen.«
»Gut.« Sperber stand auf. »Bringen wir es hinter uns. Sephrenia, Ihr bleibt mit Talen und Flöte hier.«
»Wie sieht Euer Plan aus?« fragte Tynian.
»Es gibt keinen«, antwortete Sperber. »Wir reiten einfach hinaus und beseitigen diese Patrouille. Dann ziehen wir weiter zum Randerasee.«
»Also ganz einfach«, murmelte Tynian.
»Denkt alle daran«, fuhr Sperber fort, »daß die Männer nicht wie normale Menschen auf Verletzungen reagieren. Vergewissert euch, daß ihr keinen im Rücken habt, wenn ihr euch den nächsten vornehmt. Also, los.«
Der Kampf war kurz und brutal. Kaum donnerten Sperber und seine Gefährten zum Sturmangriff aus dem Wald, spornten die Kirchensoldaten mit gezückten Schwertern ihre Pferde über die Wiese auf sie zu. Als die Trupps noch etwa fünfzig Schritt voneinander entfernt waren, senkten Sperber, Kalten, Tynian und Ulath ihre Lanzen.
Der Aufprall war schrecklich. Der Soldat, den Sperber traf, wurde von der Lanze, die ihm die Brust durchstieß, aus dem Sattel gehoben. Sperber zügelte Faran scharf, um zu verhindern, daß seine Lanze brach. Er zog sie aus dem Toten und stürmte weiter. Beim Angriff auf einen anderen Soldaten brach die Lanze dann doch. Sperber gab sie auf und zog sein Schwert, hackte den Arm eines dritten Soldaten ab und stach es ihm durch den Hals. Ulath hatte seine Lanze gleich an seinem ersten Gegner zersplittert und dem nächsten das abgebrochene Ende in den Leib gerammt. Dann hatte der hünenhafte Genidianer zu seiner Streitaxt gegriffen, mit der er einem Soldaten den Schädel spaltete. Auch Tynian hatte seine Lanze durch die Brust eines Soldaten gestoßen und ihm dann mit dem Schwert den Garaus gemacht, ehe er sich den nächsten Gegner vornahm. Kaltens Lanze war an einem Schild zerschmettert. Er wurde arg von zwei Soldaten bedrängt, bis Berit herbeistürmte und einem davon mit der Streitaxt den Kopf abtrennte. Den anderen beförderte Kalten mit einem Schwertstreich ins Jenseits. Die übrigen Soldaten ritten verwirrt herum. Offenbar war ihr vom Gift des Suchers betäubter Verstand unfähig, rasch genug auf den Angriff der Ordensritter zu reagieren.
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