Elenium-Triologie
sagte Krager, »aber der elenische Staatsschatz hätte nicht einmal für einen Bruchteil seiner Ausgaben gereicht. Daß er darüber verfügen konnte, kaschierte jedoch seine wahre Geldquelle. Unterschlagung ist eine Sache, Zusammenarbeit mit Otha eine ganz andere. Ihr und Euer Vater wurdet tatsächlich nur vergiftet, um zu verschleiern, daß Annias von Otha mit Gold versorgt wurde. Die Dinge verliefen mehr oder weniger nach Plan. Otha half Annias mit Geld und hin und wieder auch styrischer Magie bei seinen Unternehmungen. Alles ging ziemlich gut voran, bis Sperber aus Rendor zurückkehrte. Ihr seid ein rechter Störenfried, Sperber!«
»Danke«, erwiderte Sperber.
»Ich bin sicher, daß ihr das meiste andere bereits wißt, meine Herren«, fuhr Krager fort. »Schließlich fanden wir uns alle hier in Chyrellos ein, und der Rest ist Geschichte, wie man so sagt. Doch um auf Eure Frage zurückzukommen, König Dregos: Otha ist ein harter Verhandlungspartner. Er verlangte für seine Hilfe einen hohen Preis von Annias.«
»Was mußte Annias ihm geben?« fragte Patriarch Bergsten, der hünenhafte Kirchenmann aus Thalesien.
»Seine Seele, Eminenz.« Kalten schauderte. »Otha bestand darauf, daß Annias zum zemochischen Glauben übertrat und Azash anbetete, ehe er ihn mit Magie und Geld unterstützte. Martel war Zeuge dieser Zeremonie und erzählte mir davon. Das war übrigens eine meiner Pflichten. Martel fühlt sich bisweilen einsam, und dann braucht er jemanden, mit dem er reden kann. Er ist wahrhaftig nicht zimperlich, aber selbst ihm wurde übel bei den Riten, die zu Annias' Übertritt zelebriert wurden.«
»Ist Martel auch übergetreten?« fragte Sperber angespannt.
»Das bezweifle ich, Sperber. Martel hat keinerlei religiöseÜberzeugungen. Er glaubt nur an Politik, Macht und Geld, nicht aber an Götter.«
»Wer von den beiden hat nun wirklich das Sagen?« fragte Sephrenia. »Wer ist der Führer und wer der Mitläufer?«
»Annias glaubt , daß er die Befehle erteilt, aber offen gestanden, ich bezweifle es. Alle seine Kontakte mit Otha laufen über Martel, und Martel pflegt eigene Verbindungen, von denen Annias nichts weiß. Ich kann es nicht beschwören, aber ich glaube, daß es noch eine gesonderte Abmachung zwischen Martel und Otha gibt. Das wäre nämlich genau das, was Martel tun würde, wie ich ihn kenne.«
»Es steckt doch noch mehr hinter all dem, nicht wahr?« fragte Patriarch Emban scharfsinnig. »Otha – und Azash – würden nicht so viel Geld und Kraft für einen so kargen Preis wie die wenig erbauliche Seele des Primas von Cimmura aufwenden, nicht wahr?«
»Selbstverständlich nicht, Eminenz«, bestätigte Krager. »Der Plan war natürlich, zu bekommen, was sie wollten, indem sie dem Plan folgten, den Annias und Martel bereits ausgeheckt hatten. Wenn es dem Primas von Cimmura gelungen wäre, die Erzprälatur durch Bestechung zu bekommen, wäre er in der Lage gewesen, zu erreichen, was sie alle – Annias, Martel, Otha, Azash – wollten, ohne daß sie Krieg führen müßten, denn bei Kriegen weiß man ja nie so genau, wie sie ausgehen.«
»Und was wollen sie?« fragte König Obler.
»Annias ist versessen darauf, Erzprälat zu werden. Martel hat nichts dagegen. Es würde ohnehin nichts bedeuten, wenn alles nach Plan verläuft. Martel will Macht, Reichtum und Anerkennung. Otha will die Herrschaft über den gesamten eosischen Kontinent. Und Azash will natürlich den Bhelliom – und die Seele eines jeden auf der ganzen Welt. Annias wird selbstverständlich ewig leben – oder nahezu –, und er hatte die Absicht, in den kommenden Jahrhunderten seine Macht als Erzprälat dafür einzusetzen, die Elenier nach und nach zur Verehrung Azashs zu bekehren.«
»Das ist ja ungeheuerlich!« rief Ortzel.
»Gewissermaßen, ja, Eminenz«, pflichtete Krager ihm bei. »Martel wird eine Kaiserkrone bekommen und beinahe so mächtig sein wie Otha. Er wird über ganz Westeosien herrschen. Damit hätten wir das gesamte Gespann: Otha und Martel als Kaiser, Annias als Hohenpriester der Kirche und Azash als Gott. Danach könnten sie sich den Rendorern und dem Tamulischen Reich in Daresien zuwenden.«
»Wie wollten sie Azash den Bhelliom beschaffen?« fragte Sperber düster.
»Durch List, Heimtücke, ehrlichen Handel oder, wenn nötig, durch Gewalt, Sperber.« Krager war plötzlich todernst. »Martel läßt Euch glauben, daß er ein Stück nordwärts reiten und dann die Richtung nach Ostlamorkand einschlagen wird, um
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