Elenium-Triologie
Gesundheit, als er die Tür öffnete, durch die König Wargun sie getragen hatte. Sie wirkte allerdings ein bißchen lächerlich, wie sie halb gebückt dastand, das Ohr an die Stelle gedrückt, wo sich eben noch die Tür befunden hatte.
»Du könntest von deinem Thron im Ratssaal aus alles viel besser hören, meine Königin«, sagte Sperber ein wenig schroff.
»Oh, sei still, Sperber«, entgegnete sie unwirsch. »Komm herein und schließ die Tür.«
Sperber trat ein.
König Wargun stand mit dem Rücken an der Wand und schaute hilfesuchend um sich, während Mirtai sich drohend vor ihm aufgebaut hatte. »Pfeift dieses Drachenweib von mir zurück, Sperber«, flehte Wargun.
»Habt Ihr Euch entschlossen, aus der Schauspielkunst meiner Königin keine Staatsaffäre zu machen, Majestät?« fragte Sperber höflich.
»Was hattet Ihr denn gedacht? Habt Ihr wirklich geglaubt, ich würde hinauslaufen und laut verkünden, daß sie mich zum Narren gehalten hat? Ich wollte nur allen versichern, daß Eure Königin wohlauf ist. Aber ich hatte es noch nicht einmal zur Tür geschafft, als diese Riesin hereinstürmte! Sie hat mich bedroht , Sperber. Ausgerechnet mich! Seht Ihr den Sessel dort?«
Sperber folgte Warguns Blick. Aus einem langen Schnitt am Rücken eines Polstersessels waren dicke Büschel von Roßhaar gequollen.
»Es war nur eine sanfte Warnung, Sperber«, erklärte Mirtai mild. »Ich wollte Wargun klarmachen, was geschehen könnte, falls er falsche Entscheidungen trifft. Aber jetzt ist alles in Ordnung. Wargun und ich sind beinahe schon Freunde.« Sperber war bereits aufgefallen, daß für Mirtai Titel offenbar nicht zu existieren schienen.
»Es ist sehr ungehörig, einen König mit dem Messer zu bedrohen«, rügte Sperber.
»Das hat sie gar nicht. Sie hat es mit dem Knie getan«, erklärte Wargun schaudernd.
Sperber blickte die Tamulerin leicht verwirrt an.
Mirtai zog ihre Mönchskutte zur Seite, langte hinunter und hob sittsam ihren Kilt ein paar Zoll. Wie Sperber bereits von Talen wußte, hatte sie Krummdolche so an ihre Unterschenkel geschnallt, daß die Klingen sich in einer Länge von etwa vier Zoll an die Innenseiten der Waden schmiegten. Diese Messer schienen sehr scharf zu sein. Flüchtig bemerkte Sperber, daß Mirtai Grübchen an den Knien hatte. »Es ist eine sehr praktische Einrichtung für eine Frau«, erklärte sie. »Männer werden manchmal zu einem unerwünschten Zeitpunkt verspielt. Die Messer überzeugen sie, daß es ratsamer ist, mit jemand anderem zu spielen.«
»Ist das nicht ungesetzlich?« fragte Wargun.
»Wollt Ihr versuchen, sie zu verhaften, Majestät?«
»Würdet ihr mit diesem Geplapper aufhören?« sagte Ehlana scharf. »Ihr hört euch an wie eine Schar Elstern. Wir werden folgendes tun. In wenigen Minuten werden sich die Gemüter da draußen wieder beruhigen. Dann wird Wargun mich ritterlich zurückführen, und Mirtai und Sperber begleiten uns. Ich lehne mich an Warguns Arm und sehe angemessen schwach und zittrig aus. Immerhin bin ich ja entweder in Ohnmacht gefallen oder von Gott benutzt worden – je nachdem, welche von den Gerüchten, die ich da draußen herumschwirren höre, ihr glauben wollt. Wir werden alle auf unseren Plätzen sitzen, wenn man den Erzprälaten zu seinem Thron geleitet.«
»Wie wollt Ihr ihnen Eure Rede erklären, Ehlana?« fragte Wargun.
»Gar nicht«, antwortete sie. »Ich kann mich an nichts mehr erinnern. Jeder wird glauben, was er glauben will, und niemand wird es wagen, mich einer Lüge zu bezichtigen, weil entweder Sperber oder Mirtai sie, wenn sie es täten, sozusagen zur Rede stellen würden.« Sie lächelte. »Ist der Mann, den ich erwählte, mehr oder weniger der, an den du auch gedacht hattest, Liebster?« fragte sie Sperber.
»Ja, ich denke, das ist er.«
»Du darfst mir dann gebührend danken – wenn wir allein sind. Nun gut, kehren wir in den Saal zurück.«
Alle gaben sich angemessen ernst, als sie den Saal wieder betraten. Ehlana lehnte sich stützend an Wargun, und ihr Gesicht wirkte blaß und erschöpft. Eine plötzliche, ehrfürchtige Stille setzte ein, als die beiden Monarchen ihre Plätze wieder einnahmen.
Patriarch Emban watschelte mit besorgtem Gesicht herbei. »Fühlt sie sich wieder gut?« fragte er.
»Es scheint ihr ein bißchen besser zu gehen«, erwiderte Sperber. Das war keine direkte Lüge. »Sie sagt, daß sie sich nicht mehr erinnern kann, was sie bei ihrer Ansprache sagte. Es wäre vielleicht besser, wenn wir sie in
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