Elenium-Triologie
umkehren?«
»Befehl der Königin, alter Junge. Außerdem hätte ich nicht den Mut, mich mit einem Gott anzulegen. Um ehrlich zu sein, ich finde, Ihr seid verrückt – versteht es bitte nicht als Beleidigung.«
»Werdet Ihr von Cimmura nach Emsat zurückkehren?«
»Wenn Eure Gemahlin es mir erlaubt. Ich sollte wirklich zurückkehren – zumindest, um die Bücher zu prüfen. Tel ist ziemlich zuverlässig, aber er ist nun mal ein Dieb.«
»Und dann?«
»Wer weiß?« Stragen zuckte die Schultern. »Ich habe keinerlei Verpflichtungen, das gibt mir eine nicht alltägliche Freiheit. Ich muß nichts tun, was ich nicht tun will. Oh, jetzt hätte ich es fast vergessen. Ich bin nicht hierhergekommen, um mit Euch über die Vor- und Nachteile von persönlicher Freiheit zu diskutieren.« Er langte unter sein Wams. »Ein Brief für Euch, Ritter Sperber.« Er verbeugte sich übertrieben. »Von Eurer Gemahlin, wenn ich mich nicht irre.«
»Wie viele davon habt Ihr denn noch?« fragte Sperber und griff nach dem gefalteten Blatt. Stragen hatte ihm bereits je einen von Ehlanas kurzen, leidenschaftlichen Briefen an ihren Gemahl in Kadach und in Moterra ausgehändigt.
»Das ist ein Staatsgeheimnis, mein Freund.«
»Habt Ihr eine Art Zeitplan? Oder übergebt Ihr sie mir, wenn Euch danach ist?«
»Ein wenig von beidem, alter Junge. Es gibt natürlich einen Zeitplan, aber ich soll in dieser Sache mein Gefühl entscheiden lassen. Wenn ich sehe, daß Ihr niedergeschlagen oder übelgelaunt seid, soll ich Euch ein wenig Sonnenschein bringen. Ich lasse Euch jetzt allein, damit Ihr in Ruhe lesen könnt.« Er verließ Sperbers Zimmer und schritt den Gang entlang zur Treppe.
Sperber brach das Siegel und öffnete Ehlanas Brief.
Liebster, wenn alles gut gegangen ist, müßtest Du jetzt in Paler sein
– das ist schrecklich schwierig, weißt Du. Ich versuche in die Zukunft zu blicken, doch meine Augen sind nicht scharf genug. Ich spreche viele Wochen aus der Vergangenheit zu Dir und habe nicht die geringste Ahnung, was Du inzwischen erlebt hast. Ich wage es nicht, Dir von meiner Angst oder meiner Verzweiflung über diese unnatürliche Trennung zu schreiben, denn wenn ich Dir mein Herz ausschütte, würde ich Deine Entschlossenheit lahmen, und das würde Dich in Gefahr bringen. Ich liebe Dich, mein Sperber, und bin hin und her gerissen zwischen meinem Wunsch, ich könnte ein Mann sein, um in der Gefahr an Deiner Seite zu stehen und im Angesichts des Todes mein Leben für Dich zu geben, und meiner Freude darüber, daß ich eine Frau bin und in Deinen Armen liegen kann.
Von da ab schwelgte Sperbers junge Königin in ausführlichen Reminiszensen an ihre Hochzeitsnacht, die viel zu persönlich und privat waren, um sie hier wiederzugeben.
»Wie war der Brief der Königin?« fragte Stragen, als sie ihre Pferde auf dem Hof sattelten, während der erwachende Morgen den bewölkten östlichen Horizont grau färbte.
»Dichterisch«, antwortete Sperber lakonisch.
»Das ist eine ungewöhnliche Beschreibung.«
»Manchmal verlieren wir den Blick für die wirkliche Person unter den Staatsgewändern, Stragen. Ehlana ist eine Königin, das stimmt, aber sie ist auch ein achtzehnjähriges Mädchen, das offenbar zu viele falsche Bücher gelesen hat.«
»Eine so nüchterne Beschreibung hätte ich von einem so frischgebackenen Ehemann nicht erwartet.«
»Mich beschäftigt jetzt eine ganze Menge.« Sperber zog den Sattelgurt fester an. Faran schnaubte, füllte den Bauch mit Luft und stieg seinem Herrn mit voller Absicht auf den Fuß. Im Gegenzug stieß der Pandioner seinem Streitroß das Knie in den Bauch. »Haltet heute die Augen gut offen, Stragen«, riet er. »Ein paar merkwürdige Dinge könnten geschehen.«
»Zum Beispiel?«
»Ich bin mir nicht sicher. Wenn alles gut geht, werden wir heute viel schneller vorwärts kommen als sonst. Bleibt bei dem Domi und seinen Peloi. Sie sind ein leicht erregbares Völkchen, und ungewöhnliche Geschehnisse bringen sie manchmal aus der Fassung. Versichert ihnen immer wieder, daß alles unter Kontrolle ist.«
»Und? Stimmt das?«
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung, alter Junge. Ich bemühe mich jedoch sehr, optimistisch zu sein.«
Es dauerte lange, bis es hell wurde, da die Wolkendecke aus dem Osten sich während der Nacht verdichtet hatte. Auf der Kuppe des gemächlich vom Nordende des bleigrauen Randerasees ansteigenden Hügels gesellten sich Kring und seine Peloi zu ihnen. »Es ist schön, wieder in Pelosien
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