Elenium-Triologie
einen Tag brauchen, um außerhalb der Reichweite völliger Zerstörung zu gelangen. Doch es bestand wenig Hoffnung, daß Sperber so lange unentdeckt blieb. Aber zumindest mußte er versuchen, ihnen diese, wenngleich geringe Chance zu geben. Vielleicht würde niemand aus dem Palast kommen. Vielleicht würde ihn auch keine der Streifen bemerken, die durch die Stadt patrouillierten. Es war immerhin eine Hoffnung.
Er wollte ihnen nicht nachschauen. Das wäre nicht gut. Außerdem hatte er etwas viel Wichtigeres zu tun, als unglücklich herumzustehen wie ein Kind, das unartig gewesen ist und zu Hause bleiben muß, während die Familie zu einem Volksfest aufbricht. Er blickte zuerst nach rechts, dann nach links. Falls Sephrenia recht gehabt hatte und dies der einzige Zugang zu Othas Palast war, wäre es besser, sich ein Stück von der offenen Tür und der glühenden Erscheinung zurückzuziehen. Dann würde er sich nur noch um die Patrouillen zu kümmern brauchen. Wer oder was immer aus dem Palast kam, würde ihn dann nicht sofort sehen. Links oder rechts? Er zuckte die Schultern. Was machte es schon für einen Unterschied? Vielleicht wäre es noch besser, um den Palast herumzuschleichen und direkt an der Tempelmauer zu warten. Dadurch würde er näher bei Azash sein, und der Ältere Gott wäre noch dichter am Zentrum der völligen Vernichtung.
Als er sich halb umdrehte, sah er sie. Sie standen außerhalb der Reihen der erstarrten Toten. Und ihre Gesichter wirkten entschlossen.
»Was macht ihr da?« brüllte er ihnen zu. »Ich habe euch befohlen, zu verschwinden!«
»Und wir haben beschlossen, auf dich zu warten«, rief Kalten zurück.
Sperber machte einen drohenden Schritt auf sie zu.
»Sei kein Narr, Sperber«, sagte Kurik. »Du kannst das Risiko nicht eingehen, zwischen diesen Toten herumzustapfen. Wenn du auch nur einen einzigen falschen Schritt machst, wird einer dir von hinten den Schädel einschlagen – und dann hat Azash den Bhelliom. Und wir hätten den ganzen weiten Weg umsonst gemacht!«
27
Sperber fluchte. Warum konnten sie nicht einfach gehorchen? Seufzend dachte er, daß er es eigentlich hätte wissen müssen. Nun ließ es sich nicht mehr ändern, und es wäre sinnlos gewesen, ihnen Vorwürfe zu machen.
Er zog seinen Rüsthandschuh aus und nahm die Wasserflasche von seinem Gürtel. Als er den Stöpsel herauszog, blitzte sein Ring im Fackelschein blutrot. Als Sperber die Flasche senkte, betrachtete er ihn nachdenklich. »Sephrenia«, sagte er widerwillig. »Ich brauche Euch.«
Sie eilte zu ihm.
»Der Sucher war Azash, nicht wahr?«
»Ganz so einfach ist es nicht, Sperber.«
»Ihr wißt schon, was ich meine. Als wir in Pelosien an König Saraks Grabhügel standen, sprach Azash durch den Sucher zu Euch, aber er floh, als ich ihm mit Aldreas' Speer zu nahe kam.«
»Ja.«
»Und ich benutzte den Speer, um dieses Ungeheuer zu vertreiben, das aus dem Grabhügel in Lamorkand emporkam, und ich tötete Ghwerig damit.«
»Ja.«
»Aber es lag nicht am Speer selbst, nicht wahr? Eine so mächtige Waffe ist er denn doch nicht. Es lag an den Ringen, richtig?«
»Ich weiß nicht, worauf Ihr hinaus wollt, Sperber.«
»So genau weiß ich es auch nicht.« Er zog den anderen Rüsthandschuh ebenfalls aus und studierte beide Ringe. »Sie haben eigene Kräfte, nicht wahr? Ich glaube, der Umstand, daß sie die Schlüssel zu Bhelliom sind, hat mich ihnen gegenüber blind gemacht. Bhelliom hat so ungeheure Kräfte, daß ich gar nicht mehr an Dinge dachte, die mit den Ringen allein möglich sind. Aldreas' Speer spielte dabei selbst keine Rolle – was ganz gut ist, weil er in Ehlanas Gemach in Cimmura in einer Ecke steht. Jede andere Waffe hätte es auch getan, nicht wahr?«
»Solange die Ringe sie berührten, ja. Bitte, Sperber, kommt zur Sache. Eure elenische Logik ist umständlich.«
»Sie ist eine gute Denkhilfe. Ich könnte das Abbild am Eingang mit Bhelliom vernichten, doch dabei kämen die Trollgötter frei und sie würden versuchen, mir in den Rücken zu fallen, wann immer ich mich umdrehe. Doch mit den Ringen haben die Trollgötter nichts zu tun. Ich kann die Ringe benutzen, ohne Ghnomb und seine Freunde zu wecken. Was geschieht, wenn ich mein Schwert mit beiden Händen nehme und die Fratze am Eingang damit berühre?«
Sephrenia starrte ihn an.
»Es handelt sich hier doch nicht wirklich um Azash. Wir haben es mit Otha zu tun. Ich bin ja vielleicht nicht der größte Magier auf der Welt, aber das ist
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