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Elf Leben

Elf Leben

Titel: Elf Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Watson
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gekauft, bei ihrem ersten Besuch in London, der auch ihr letzter sein sollte. Pippa trägt einen schwarzen Fahrradhelm, aber selbst der wirkt irgendwie antiquiert: Er ist groß und unförmig und sitzt auf ihrem Kopf wie ein Dinosaurierei; darunter weht ihr Haar in wilden Büscheln im Wind. Quietschend bringt sie das Fahrrad zum Stehen, springt flink vom Sattel und betrachtet das Grüppchen an der Haustür.
    »Weiß der Geier, warum ich noch mit diesem Scheißding durch die Gegend fahre, bei meinen kaputten Knie«, sagt Pippa zu niemand Bestimmtem, dann fragt sie in die Runde: »Was ist denn das hier für eine Versammlung?«
    »Ich erzähle gerade von einer wunderbaren Möglichkeit, anderen zu helfen«, beginnt das Mädchen noch einmal von vorn, diesmal etwas unsicher; das ist alles sehr viel komplizierter geworden, als sie es sich vorgestellt hat.
    »Wollen Sie ihnen einen Spendenvertrag aufschwatzen?«, fragt Pippa und nimmt den Helm ab. Ihr Haar ist ein strohiges Knäuel, und ihre Wangen sind gerötet von der Fahrt.
    »Also, unsere Arbeit …«, sagt das Mädchen, das beim Anblick dieser stattlichen, großbusigen Frau, die ihr Kleid glatt streicht und sie aus ihren blassblauen Augen direkt ansieht, ins Stocken gerät.
    Pippa zeigt auf Xavier.
    »Willst du was spenden oder nicht?«
    Xavier tritt von einem Fuß auf den anderen.
    »Ich bin mir nicht ganz, ähm …«
    »Gut.« Pippa sieht die Spendensammlerin an. »Haben Sie eine Homepage?«
    »Ja, schon«, sagt das Mädchen, »aber –«
    »Gut«, sagt Pippa noch einmal. »Dann guckt er sich die Seite an und meldet sich, wenn er was spenden will, ja?«
    Das Mädchen schaut bereits zur nächsten Tür, zur nächsten Straße, hier hat sie vorerst genug. Hastig nennt sie die Adresse und sucht das Weite, das Klemmbrett unter dem Arm, während Pippa Mel, Jamie und Xavier hineinführt.
    »Danke«, murmelt Xavier. »Ich kann nicht gut mit solchen Leuten. Es ist so schwer, nein zu sagen.«
    » So schwer nun auch wieder nicht«, sagt Pippa.
    »Ja, gut, bei dir sah es ziemlich einfach aus.«
    »Vergiss nicht deine Post.« Pippa bückt sich und hebt ein paar Briefe vom Fußboden auf, und Xavier wirft einen kurzen Blick auf die Konturen ihrer breiten Schenkel unter dem Fünfziger-Jahre-Kleid. »Also ehrlich. Was machst du bloß, wenn ich nicht da bin?«
    Sie sitzen im Wohnzimmer und trinken Tee. Pippa leert ihre Tasse in drei Schlucken.
    »Ich hab Durst wie ein Pferd nach dem Rumgekurve.«
    »Wie war deine Woche?«, fragt Xavier, der mit der Teekanne hereinkommt, um ihr nachzuschenken.
    »Durchwachsen. Meiner Schwester geht’s nicht gut, sie hat irgendwas, deshalb musste ich mich um sie kümmern, und meine Mum regt sich über meinen Onkel auf, weil der ein Schwein ist. Aber es war in Ordnung.« Sie sieht Xavier über den Rand ihrer Tasse hinweg an. »Und, ist sie verliebt in dich?«
    »Was?«
    »Das Mädel von unten mit dem wilden Kleinen.«
    Xavier spürt, wie seine Wangen wärmer werden, aber er dreht sich nicht weg; er will nicht, dass dieser lächerliche Einfall durch seine Reaktion an Glaubwürdigkeit gewinnt. »Wir kennen uns ja kaum.«
    »Sie kriegt immer so einen Schmachtblick, wenn sie dich sieht«, stellt Pippa nüchtern fest, »und neulich hat sie so nett von dir geredet, als ich den Staubsauger geborgt hab. Ich kenn mich aus mit alleinerziehenden Müttern. Na ja, geht mich nichts an, Schätzchen.«
    »Also, ich glaub nicht … gut, sie macht einen ganz netten Eindruck«, sagt Xavier. »Aber ich weiß nicht, ob sie mein Typ ist, oder ich ihrer.«
    »Was ist dein Typ?«
    Er nimmt Pippa die schon wieder leere Tasse aus der Hand, die klimpernd gegen seine schlägt. »Keine Ahnung. Ich weiß gar nicht, ob man überhaupt einen ›Typ‹ hat. Meine letzte richtige Freundin, in Australien, die war wohl so was wie … ich sollte vielleicht nicht von meiner ›Idealfrau‹ sprechen, aber so was in der Art.«
    »Wie war sie?«
    Xavier ist erstaunt, wie leicht es ist, mit Pippa in ein intimes Gespräch zu rutschen; irgendetwas an ihren unumwundenen Fragen erinnert ihn vielleicht an Australier.
    »Sie war … keine Ahnung. Schwer zu beschreiben. Wir kannten uns schon aus der Schule, seit wir neun waren, deshalb hab ich nie darüber nachgedacht, wie sie eigentlich war.«
    »Erzähl mir fünf Dinge über sie. Dann mach ich mich ans Putzen.«
    »Gut. Sie war – na ja, sehr vulgär. Hat ständig geflucht.«
    »Schlimmer als ich?«
    Er grinst.
    »Ungefähr genauso schlimm. Und

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