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Elf Leben

Elf Leben

Titel: Elf Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Watson
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nie leiden, und er nimmt an, diese Abneigung beruht auf Gegenseitigkeit. Roger hat Mundgeruch, als hätte er vor Jahren einmal etwas gegessen, das immer noch in seinem Mund vor sich hin fault; er ist klein, hat eine Halbglatze und keinerlei Charme. Ollie und Sam spielen sich schon die ganze Zeit auf ihren Handys Beleidigungen über ihn zu, die umso derber werden, je mehr es zwischen den beiden knistert. Ollie weiß, dass seine schwangere Frau Nicola zu Hause entsetzt wäre, wenn sie wüsste, dass er einer anderen Frau wie ein Besessener SMS schickt, aber er sagt sich, dass sie eigentlich noch froh sein kann, denn wenn er es nicht auf diese Weise rauslassen würde, würde er wirklich mit einer anderen ins Bett steigen, wie die Hälfte seiner Freunde, wie die meisten Männer, die in einer langjährigen Beziehung unter Sexentzug leiden.
    Sam trägt kurze Röcke und bunte Strumpfhosen – rote, manchmal auch lilafarbene, eine ausgefallene Wahl für eine Maklerin in einem großen Immobilienbüro. Von Zeit zu Zeit unternimmt Roger einen halbherzigen Versuch, sie zu konservativerer Kleidung zu bekehren, aber eigentlich hat er keine Lust auf diesen Kampf.
    Alles in allem betrachtet Ollie sich zwar als den etwas besseren Makler – und die Zahlen geben ihm Recht –, aber er muss zugeben, dass Sam ihr Handwerk wirklich versteht, obwohl sie erst seit ein paar Jahren im Geschäft ist. Sie hat eine hervorragende Telefontechnik (es ist praktisch unmöglich, ein Gespräch mit ihr zu beenden, ohne Details für die Datenbank herauszurücken), und er wettet, dass sie auch bei Besichtigungen super ist – überzeugend, aber nicht zu aufdringlich, und stets darauf bedacht, nie eine Tür zufallen zu lassen: Also, falls Sie Ihre Meinung doch noch ändern sollten   … Wenn Sie noch einmal einen Blick hineinwerfen möchten   … Ich weiß zufällig, dass sie auch mit wesentlich weniger zufrieden sind   … , fit in allen Maklertaktiken, die die Leute zu durchschauen glauben, von denen sie sich aber trotzdem einwickeln lassen.
    Und sie ist eine wunderbare SMS -Partnerin. Er mag es, wenn ihre Augen amüsiert über dem Handydisplay aufblitzen, selbst wenn sie dabei am Telefon mit ernster Stimme einen enttäuschten Verkäufer besänftigt. Er mag die Vorfreude, wenn ihre Finger flink über die Tasten tänzeln und eine SMS hoch in die Luft schicken, nur damit sie zehn Meter weiter auf seinem Display landet. In gewisser Weise war Rogers Tadel nicht unberechtigt – sie könnten sicher mehr tun –, aber in Zeiten wie diesen verkauft man Häuser durch Talent, nicht durch Schufterei allein.
    Das Telefon klingelt.
    »Frinton, Ollie am Apparat.«
    Jemand interessiert sich für ein Angebot im Schaufenster, ein hübsches Häuschen mit Doppelgarage und einem ansehnlichen Garten, eigentlich schon seit Wochen verkauft, aber immer noch im Fenster in der Hoffnung, damit Käufer für andere Objekte von der trägen Hauptstraße hereinzulocken.
    »Warten Sie, ich seh mal nach.« Ollie tut, als würde er Unterlagen auf dem Schreibtisch hin- und herschieben. »Ach, das ist leider schon verkauft. Aber wir haben einige andere Objekte, die dem sehr ähnlich –« Er wird unterbrochen. Der Anrufer kennt die Masche schon. Der unsichtbare Hätte-gewesen-sein-können-Kunde windet sich vom Datenbank-Haken. Sam, selber gerade am Telefon, sieht Ollie an und zieht die Augenbrauen hoch – Pech gehabt –, doch sofort mischt sich Roger ein, der sich hinter ihm aufgebaut hat.
    »In so einer Situation, Ollie«, sagt Roger, »zeigst du beim nächsten Mal bitte mehr Initiative. Bitte die Interessenten vorbeizukommen, damit du ihnen das Objekt vorstellen kannst. Wenn sie hier sind, dann kannst du ihnen sagen, oh, das ist schon verkauft, aber wir haben noch andere. Wenn sie einmal vor dir sitzen, kommen sie nicht so einfach wieder davon.«
    »Vielen Dank, Roger«, sagt Ollie in einem, wie er hofft, beißend spöttischen Ton, »sehr klug«.
    Wieder kläfft ihn das Telefon an.
    »Hallo, Frinton. Briars Road? Ja, ich seh mal nach. Oh, das ist leider schon verkauft. Aber wir haben einige andere mit sehr ähnlicher Ausstattung.« Zum Teufel mit Roger, Ollie macht das, wie er es für richtig hält. Diesmal hat der Anrufer angebissen: Ollie hört das. »Können wir vielleicht erst einmal mit ein paar persönlichen Angaben beginnen? Wenn Sie mir bitte Ihren Namen sagen würden?«
    So einfach und schnell geht das, wenn es funktioniert – man dreht den Spieß einfach um, und

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