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Elf Zentimeter

Elf Zentimeter

Titel: Elf Zentimeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Scheiblecker
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Verbraucherschutz musste die Firma nicht fürchten. Es war auszuschließen, dass die Herren Konsumentenschützer anrückten, ihre Hosen aufknöpften, den Pumpgummi umschnallten und dann Gutachten darüber schrieben, wie ihre Schwänze darauf reagiert hätten. Klagen von Opfern waren für das Unternehmen vermutlich auch kein Thema. Wenn mir der Schwanz abreißen würde, gäbe ich vor Gericht auch nicht gerne zu, dass ich ihn großpumpen wollte.
    Das größte Problem ist wohl, dass es sich die Menschheit einfach nicht eingesteht, dass es auch unterdurchschnittliche Schwänze gibt und dass die Betroffenen darunter leiden. Dabei ist es doch legitim, dass sowohl Männer als auch Frauen über die Vergrößerung des Schwanzes nachdenken. Weil sie es aber so verschämt tun, gibt es statt Wissenschaft zu diesem Thema nur Schmuddelindustrie.
    Die Seite versprach jedenfalls eine dauerhafte Verlängerung von fast fünf Zentimetern und eine Steigerung des Umfangs um zwei Zentimeter, und zwar binnen eines halben Jahres, in denen ein Kunde das Ding auch wirklich acht Stunden täglich trug.
    Elf plus fünf, das wären sechzehn. Sechzehn verhielt sich zu elf schon wie ein Mercedes zu einem Trabi oder wie ein Grizzly zu einem Plüschbären. Von dem versprochenen Zusatznutzen, dass bei der Gelegenheit auch Verkrümmungen beseitigt würden, hätte ich allerdings nichts gehabt. Mein Schwanz war ziemlich gerade. Anscheinend war das gut so.
    Ich war schon drauf und dran, das Gerät zu bestellen, als ich einen Blick auf den Preis warf. 219 Euro. Ohne Versandkosten. Irgendwie ging es zwar auch um Fabian, aber im Moment brauchte er weniger ein richtiges männliches Vorbild als Windeln, Strampelhosen und Schnuller. Das kostete Geld, und davon hatte ich ohnedies zu wenig.
    Also sah ich mir doch lieber noch ein paar andere, billigere Produkte an.
    Bestellbar waren zum Beispiel verschiedene »Extender«. Eichel und Schwanzansatz werden hier mit Gummiringen fixiert, die durch zwei schraubstockähnliche Metallstangen miteinander verbunden werden. Auch diese Geräte sollte man bis zu zwölf Stunden am Tag tragen. In der Luxusausstattung verfügen sie über eine digitale Uhr. Vermutlich, damit sich der hoffnungsvolle Kunde nicht in der Zeit vertut. Ich stellte mir vor, wie ich neben meiner Oma vor dem Fernseher sitze und plötzlich in meiner Hose der Wecker läutet.
    Erfunden haben diese Geräte angeblich jeweils Urologen. Sie haben klingende Namen wie Dr. P.J.Salguero. Erfundene Namen höchstwahrscheinlich. Der Kostenpunkt für die besseren Teile liegt gleich bei dreihundert Euro, die Basismodelle sind für etwa zweihundert zu haben. Ich fragte mich, wie viele Männer, die man täglich auf der Straße oder im Job trifft, ihren Schwanz in so eine Maschinerie geklemmt haben. Der Regisseur zum Beispiel. Vielleicht war er deshalb so orange gekleidet. So ein Ding macht einen bestimmt verrückt. Besonders dann, wenn man schon jede Menge Hämatome hat und der Schwanz noch immer nicht länger wird. Ich fragte mich auch, was eine Frau denken würde, wenn sie davon wüsste. Wenn sie ahnte, dass am Penis ihres Angebeteten, den sie in der ersten Liebesnacht zart berührte, zuvor monatelang eine Art mobiler Schraubstock gehangen war.
    »Ich habe es für dich getan, Liebling«, könnte er dann sagen.
    Womöglich gefiel das manchen Frauen sogar.
    Näher sah ich mir auch ein Gerät an, das mit Magneten arbeitete. Wenn es funktionierte, war das immerhin schon ein kleiner Schritt vom Schraubstock in Richtung Tee. Laut Beschreibung breitet sich das Blut wegen seiner Eisenhaltigkeit aus, wenn der gesamte Penis von vielen kleinen Magneten umhüllt wird. Als Folge davon wächst dann der Schwellkörper. Besonders glaubwürdig fand ich das allerdings nicht. Ich war in meiner Not bereit, alles Mögliche zu glauben, aber hier ging doch einiges deutlich zu weit.
    Ich fand im Internet sogar einen magnetischen Spezialpenisring, der als Extra angeblich auch noch das Blut auf dem Weg ins Glied reinigt. Zudem vergrößert er laut Beschreibung die roten Blutkörperchen, wodurch sie plötzlich mehr Sauerstoff transportieren sollen. Und in den Ring sind auch noch Turmalinstücke und das Halbmetall Germanium eingebaut. Beide entfalten laut dem Anbieter am Schwanz wahre Zauberkräfte. Angeblich emittieren sie Anionen, also negativ geladene Moleküle, und geben als Draufgabe infrarotes Licht ab. Das ist natürlich physikalischer, chemischer und medizinischer Schwachsinn. Wenn man

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