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Elf Zentimeter

Elf Zentimeter

Titel: Elf Zentimeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Scheiblecker
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mir, sie hier nicht gesehen zu haben. Doch so schnell gab ich nicht auf. Etwas grob packte ich einen Mann in einem orangefarbenen Sakko an der Schulter und schleuderte ihm meine Frage entgegen. Der Regisseur. Ich hatte ihn gar nicht eingeladen.
    »Die wirklich guten Leute können aus den Fehlern anderer lernen«, sagte er spitz.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Du gehörst zu denen, die alle Fehler zuerst selber machen wollen. Ich frage mich, wozu wir die ganze Zeit miteinander gearbeitet haben.«
    »Ich suche gerade jemanden.«
    »In deinem Geschäft gibt es so viele Möglichkeiten, Fehler zu machen, dass du alt und grau sein wirst, ehe du durch bist. Du kannst dich aber damit trösten, dass dir zwischendurch die Auftrittsmöglichkeiten ausgehen werden.«
    »Eine Freundin«, sagte ich. »Ich dachte, ich hätte sie gesehen, aber jetzt weiß ich nicht einmal genau, ob sie wirklich da ist. Kennen Sie das?«
    »Du bist absolut beratungsresistent«, sagte er.
    »Sie ist mir ziemlich wichtig«, sagte ich.
    »Du bist ein sturer Bauerntrottel«, rief er hinter mir her.
    Auf der Straße rannte ich in Johanna hinein, die Fabian auf dem Arm trug.
    »Ich wusste gar nicht, dass du auch… also, dass ihr beide…«
    »Ich wollte dein Programm unbedingt sehen und Fabian kann ich nicht so lange abgeben«, sagte sie.
    Sie sah ungeheuer lieb aus mit unserem Sohn auf dem Arm. Fabian gluckste.
    »Ich freu mich wirklich sehr, dass ihr gekommen seid. Ich hoffe, es hat dir gefallen. Ich suche nur gerade…«
    »Eigentlich sind wir auch gekommen, weil wir dich etwas fragen wollten«, sagte Johanna ernst.
    Gehetzt sah ich mich um. Niemand in Sicht und ein paar Meter weiter begann die Dunkelheit. Es war kalt, und ich wusste nicht, wo ich Sabine jetzt noch suchen sollte.
    »Wir wollten dich fragen, ob du nicht doch zu uns ziehen willst.«
    Sie rückte mit Fabian ganz nahe an mich heran. Mein Sohn gluckste weiter fröhlich vor sich hin. Er schien von der Idee begeistert zu sein.
    Ich bekam eine Panikattacke. Sie war nicht gespielt. Ich musste nichts dazu beitragen, nicht wie damals bei meinem Bluthochdruck bei der Musterung. Sie stellte sich ganz von selbst ein. Alles Blut wich aus meinem Kopf. Ich fühlte mich schwach und elend und meine Knie drohten nachzugeben. Ich hockte mich auf den Boden und lehnte mich an die Hauswand. In meinem schlaffen Gesicht klapperten auf einmal meine Zähne vor Kälte. Meine Zähne hatten noch nie geklappert, weder vor Kälte noch aus einem anderen Grund.
    »Das heißt wohl, dass du die Idee nicht so toll findest«, sagte Johanna.
    »Es ist nur die Anspannung«, sagte ich.
    »Schon gut.«
    Sie begleitete mich zurück ins Kulturzentrum. Mein Vater reichte mir einen doppelten Obstler. In seinen Augen adelte mich die Attacke sogar.
    »Selbst die größten Rampensäue hatten solche Zustände«, sagte er zu den anderen. »Mick Jagger ist in jungen Jahren nach seinen Auftritten regelmäßig zusammengeklappt.«
    So gut musste ein Rocksänger also sein, um einen zu kurzen Schwanz auszugleichen. So gut wie Mick Jagger. Und am Ende hatte ihn sein Schwanz doch eingeholt.
    Die erste Penislängen-Regel lautet also:
    1.
Wie weit ein Mann auch aufsteigt,
sein Schwanz kommt immer mit.

[home]
    25
    I ch ließ die Sache mit Sabines Besuch auf sich beruhen und blieb Johanna die Antwort auf ihre Frage schuldig. Zwei Frauen, die eine war so unerreichbar wie die andere. Die Gründe waren sehr unterschiedlich, wenn auch nicht restlos geklärt. Mir blieb nichts anderes übrig, als mein Liebesleben mit ein bisschen Internetpornografie zu bestreiten. Der Abend hatte mir wenigstens die Möglichkeit offengelassen, weiter von Sabine zu träumen. Außerdem hatte er mir dank meiner Beteiligung am Eintritt und am Getränkeumsatz die Alimente für ein paar Monate beschert.
    Eine Woche nach dem Auftritt in Hainfeld musste ich in Wien auf die Bühne. Die letzte Probe davor schwänzte ich lieber, um mir von meinem orangefarbenen Hauptgewinn nicht mein Selbstbewusstsein ruinieren zu lassen.
    Das Publikum war dreiköpfig. Es bestand aus zwei Freunden des Regisseurs und einem schwerhörigen Greis. Damit erübrigte sich eine Sorge, die ich in der Nacht davor gehabt hatte. Ich erlag auf der Bühne keiner weiteren Sabine-Halluzination. Ich fand, dass ich mein Programm ziemlich professionell zu Ende brachte. Der Regisseur war anderer Meinung. Er fand, dass ich noch immer bäurisch sprach.
    »Ein Akzent schafft Persönlichkeit«, sagte ich.
    »Das ist kein

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