Elfen-Jagd
immer damit geprahlt, daß er eine hübsche Tochter hat. Wie ich sehe, hat er recht gehabt.«
Tandy errötete. Sie hatte nicht gewußt, daß ihr Vater so etwas über sie erzählte.
Sie befestigten das Seil am Stamm eines Stahlholzbaums. Chem bestand darauf, als erste in die Tiefe zu steigen. »Dann wissen wir wenigstens, daß das Seil uns alle hält«, erklärte sie. »Selbst Krach wiegt nicht mehr als ich.« Natürlich hatte sie recht, denn wenn ihre menschliche Körperpartie auch mädchenhaft schlank war, war der Rest doch stämmig wie ein Pferdeleib.
Beim Abstieg stemmte sie sich mit allen vier Hufen an der Spaltenwand ab, das Seil einmal um ihre schmale Menschenhüfte unterhalb ihres kleinen Busens geschlungen, und faßte das Seil mit beiden Händen. Als sie unten angekommen war, ließ sie das Seil wieder los.
Als nächstes kletterte die Sirene hinab. Sie hatte weniger Mühe, weil sie auch weniger wog. Dann kam Tandy, gefolgt von der Elfe, die mit den Flügeln schlug, um sich noch leichter zu machen, als sie ohnehin schon war. Schließlich machte Krach eine Halterung aus dem Seilende und ließ Feuereiche daran herab. Unten empfing Chem sie mit offenen Armen.
Dann war Krach an der Reihe. Er umklammerte das Seil mit einer behandschuhten Faust und ließ sich daran hinabgleiten. Als er unten angekommen war, löste Chet das Seil wieder und warf es ihnen zu.
»So, ich mache mich jetzt mit meinen eineinhalb Botschaften auf den Weg«, rief er und galoppierte davon. »Denkt dran: zwei Tage!«
Unten in der Spalte war der Boden mit Gras bewachsen, aber es gab keine Bäume. Es war ganz hübsch, und die Nordwand war nicht weit entfernt. Sie schritten darauf zu und suchten mit ihren Augen die Wand nach den günstigsten Klettermöglichkeiten ab.
Für eine Gruppe von Mädchen war das Gelände nicht sonderlich gut geeignet.
Auf eine kleine, sanfte Steigung folgte ein Vorsprung, und von dort an schoß die Wand steil in schwindelnde Höhen empor, viel höher als ihr Seil reichte, selbst wenn sie es irgendwo hätten befestigen können.
»Wir müssen dasselbe machen wie vorhin«, meinte die Sirene, »uns verteilen und nach einer geeigneten Aufstiegsmöglichkeit Ausschau halten.«
»Ich glaube, es gibt hier vereinzelte Pfade«, sagte Chem. »Auf meiner Karte sind sie zwar nicht eingetragen, weil sich nur wenige Leute an die Spalte erinnern können, denn über ihr hängt ein dauerhafter Vergessenszauber. Aber in Xanth wurde bisher schon viel gereist, so daß viele Leute die Spalte überwunden haben, und zwar nicht nur, indem sie die magischen Brücken benutzten.«
»Ein Vergessenszauber!« sagte die Sirene. »Wie interessant! Das erklärt auch, warum Feuereiche es vergessen hat. Und ich bin sicher, daß Krach auch schon einmal hier gewesen ist. Ich hoffe nur, daß das die einzige Wirkung des Zaubers ist.«
»Was meinst du damit?« fragte Tandy mißtrauisch.
»Och, ich mache mir bestimmt keine Sorgen. Wirklich nicht.«
»Das glaube ich aber kaum«, meinte Tandy. »Wenn es hier irgendeine Gefahr gibt, solltest du uns rechtzeitig warnen.«
Die Sirene seufzte. »Du hast ja recht. Aber wenn es hier eine Gefahr geben sollte, dann ist es sowieso schon zu spät, um ihr auszuweichen, denn schließlich sind wir bereits hier unten in der Spalte. Es ist nur, daß ich mal von einem großen Drachen in einer Schlucht gehört habe – und das hier ist nun mal eine Schlucht. Es wäre sehr schwierig, hier einem Ungeheuer auszuweichen. Aber das ist natürlich weit hergeholt.«
»Dann halten wir am besten gleichzeitig noch Ausschau nach Verstecken«, schlug Tandy vor. »Für alle Fälle.«
»Für alle Fälle«, stimmte Johann ihr zu. »Ach, plötzlich gefällt mir dieser Ort hier überhaupt nicht mehr!«
»Dann müssen wir eben versuchen, so bald wie möglich wieder von hier zu verschwinden«, warf Krach ein, obwohl ihn die Aussicht auf eine drohende Gefahr nicht sonderlich beunruhigte. Bisher war die Reise schließlich viel zu friedlich verlaufen.
Chem trottete in Richtung Osten davon, während Krach gen Westen stapfte. Die beiden waren die schnellsten in der Gruppe und übernahmen deshalb die Vorhut, während das Mädchen, die Sirene und die Elfe sich zwischen ihnen verteilten. Die Dryade ließen sie im Schatten eines Strauchs liegen, da sie inzwischen zu schwach war, um noch gehen zu können.
Der Steilhang veränderte zwar gelegentlich seine Formation und wies unterschiedliche Steigungen auf unterschiedlichen Höhen auf, doch Krach
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