Elfenblick
zischte Rikjana. »Mein Tisch kann nichts für die Machenschaften des Schattenfürsten.«
»Der Schattenfürst!« Mageli schrie die Worte fast. Vor ihm hatte sie Erin gewarnt!
»Pst«, machten Rikjana und Ondulas gleichzeitig.
»Der Schattenfürst?«, wiederholte Mageli leiser. »So nennt ihr ihn?«
»Den Namen hat er sich wahrlich verdient«, mischte sich Rikjana ins Gespräch. »Nicht nur, dass er sich selbst bewegt wie ein Schatten, in seinen dunklen Mänteln, die Kapuze ins Gesicht gezogen. Er hält es auch mit der Schattenseite.«
Auf Magelis fragendes Stirnrunzeln hin erklärte Ondulas: »Die Schatten , so heißen bei uns die Dunkelelfen. Ferocius rekrutiert schon seit Jahren Anhänger unter ihnen. Dabei entstammt Ferocius einer der ältesten Familien von Lichtelfen, durch seine Adern fließt königliches Blut. Unser früherer König Osminan war sein Halbbruder und angeblich hat sich Ferocius selbst einmal Hoffnungen auf den Thron gemacht. Aber das ist eine alte Geschichte …«
»Erzähl!« Gebannt hing Mageli an Ondulas’ Lippen, und er funkelte sie verschwörerisch an, bevor er fortfuhr.
»Osminan war schon sehr alt, als er sich endlich eine Frau erwählte. Sie war jung und wunderschön und ihr Name war Dilara. Jeder im Reich erlag der Schönheit der jungen Dilara, auch Ferocius. Osminan und Dilara waren wohl glücklich miteinander, nur gebar Dilara dem König kein Kind. Ferocius muss deshalb geglaubt haben, er werde seinem Halbbruder auf den Thron folgen, und er hoffte wohl auch, dass er Dilara dann zur Frau erhalten würde. Eines Tages brach ein Feuer im Palast aus, niemand weiß, warum. Die Flammen verbreiteten sich in Windeseile und bedrohten auch den König und die Königin. Ferocius schlug sich als Einziger durch das Flammeninferno und rettete Dilara das Leben, Osminan aber kam in dem Feuer um. Ferocius’ Wünsche schienen sich zu erfüllen, da verkündete Dilara, dass sie Osminans Kind unter dem Herzen trug. Sie gebar Livian, der zum König über das Elfenreich gekrönt wurde, und sie wies Ferocius ab. Seither soll Ferocius nie mehr seinen schwarzen Umhang abgelegt haben, dessen Kapuze sein Gesicht vollständig verhüllt.«
»Wow!« Das war ja mal eine eindrucksvolle Geschichte, dachte Mageli. Ob sie wirklich wahr ist?
»Niemand weiß sicher, ob sich alles so zugetragen hat«, beantwortete Rikjana Magelis unausgesprochene Frage. »Sicher ist nur: Kaum einer hat Ferocius je ohne seine schwarze Kapuze gesehen.«
»Wir vermuten, dass er auch nach all der Zeit noch immer nach der Macht im Elfenreich strebt«, fügte Ondulas hinzu. Er kippelte wieder mit seinem Stuhl nach hinten und betrachtete Mageli zufrieden, die der Erzählung mit offenem Mund gelauscht hatte.
Ferocius war also der Schattenfürst, vor dem Erin sie gewarnt hatte. Und er schien es darauf abgesehen zu haben, so viel Macht wie möglich an sich zu reißen. Womöglich strebte er nach dem Thron … Und dabei wäre ihm Erin natürlich im Weg!
»Aber was können wir gegen Ferocius unternehmen?« Mageli erntete auf ihre Frage nur resigniertes Kopfschütteln von ihren beiden Gesprächspartnern.
»Etwas gegen den Schattenfürsten auszurichten, ist so gut wie unmöglich«, erklärte Rikjana mit Überzeugung.
»Aber ich dachte, ihr seid so eine Art Widerstandsgruppe«, wandte Mageli ein. »Wenn ihr nichts gegen den Schattenfürsten unternehmen könnt, was tut ihr dann eigentlich?«
»Wir versuchen, etwas gegen die Ungerechtigkeiten und Einschränkungen zu unternehmen, die wir Lichtelfen hier im Dunklen Reich ertragen müssen«, entgegnete Rikjana. Sie schien Mageli den unterschwelligen Vorwurf nicht übel zu nehmen. »Das Leben unter der Erde ist für uns ohnehin schon schwierig genug. Lichtelfen brauchen das Licht, das natürliche Licht der Sonne wohlgemerkt. Ansonsten …« Rikjana suchte nach den richtigen Worten. »… welken wir wie Blumen, die im Dunkeln verdorren.«
»Es ist dir vielleicht nicht aufgefallen, weil alles für dich hier neu ist«, nahm Ondulas den Faden des Gesprächs auf. »Doch die Lichtelfen haben sich im Lauf der Jahre hier unter der Erde sehr verändert. Dass wir uns zurückziehen und von den anderen abschotten, entspricht eigentlich nicht unserem Naturell. Und auch in Enigmala bemerkt man überall die Unachtsamkeit und den Verfall. Viele Elfen sind träge geworden, sie sehen die Veränderungen gar nicht, oder sie haben keine Kraft mehr, etwas dagegen zu unternehmen.«
Mageli schüttelte ungläubig den
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