Elfenblut
Dreifache«, übersetzte Pia kreativ.
Brack ächzte. »Das ist Erpressung!«
»Er ist einverstanden«, sagte Pia.
»Aber heute Morgen …!«, protestierte Brack.
»… war heute Morgen«, unterbrach ihn Pia. »Ist das etwa hier anders als da, wo ich herkomme?«
Brack starrte sie beinahe feindselig an. »Gut«, grollte er schließlich. »Aber dann …«
»Dann?«, fragte Pia, als er nicht weitersprach, sondern plötzlich noch nervöser wirkte. Außerdem schien er nicht mehr so recht zu wissen, wohin mit seinem Blick.
»Vielleicht könntest du …also, ein wenig an deiner Kleidung ändern.«
»Meiner Kleidung?«, wiederholte Pia. »Was gefällt dir daran nicht?«
»Nichts«, sagte Brack hastig. »Sie ist … ähm … interessant. Ein wenig exotisch vielleicht, aber interessant.«
Pia antwortete nicht gleich, sondern sah einen Moment lang nachdenklich an sich hinab. Sie trug – genau wie Alica – die Kleidung, in der sie hier angekommen waren: Jeans, eine leichte Sommerbluse und eine noch leichtere Lederjacke, die einzig und allein modischen Sinn machte (und selbst in diesem Punkt war Alica vermutlich anderer Meinung) und auf gar keinen Fall den klimatischen Bedingungen hier angepasst war. Dennoch war sie bisher nicht einmal auf die Idee gekommen, sie gegen irgendetwas Einheimisches auszutauschen.
Schon gar nicht gegen etwas, das Brack herausgesucht hatte.
»Und was genau schwebt dir vor?«, fragte sie lauernd.
»Oh, wirklich nichts … äh … Außergewöhnliches«, versicherte Brack. »Es ist nur … ich möchte nicht, dass du am Ende Ärger bekommst …«
»Oder du«, vermutete Pia.
»Oder ich«, bestätigte Brack. »Es ist eben so, dass die Männer … nun ja … etwas anderes erwartet haben.«
Ja, das kann ich mir denken, dachte Pia böse. Sie schwieg.
»Vielleicht finde ich etwas Passendes für dich.«
»Bist du nebenbei auch noch Schneider?«, fragte Pia.
»Ich habe ein Gasthaus«, erinnerte Brack. »Da bleibt schon mal das eine oder andere liegen. Kommst du eben mit mir?«
Pia zögerte gerade lange genug, um Alicas Misstrauen zu wecken. »Soll ich vorsichtshalber mitkommen?«, schlug sie vor.
»Nicht nötig«, sagte Pia. »Aber wenn ich in fünf Minuten nicht zurück bin, dann solltest du nachkommen und sehen, ob unser geschätzter Gastgeber Hilfe braucht.«
Sie folgte Brack – der ja ihre Hälfte des Gesprächs verstanden hatte, sich aber nicht anmerken ließ, was er davon hielt – zurück zur Treppe und ins erste Stockwerk hinauf, wo er das letzte Zimmer auf dem langen Flur ansteuerte, auf dem auch ihre Unterkunft lag. Pia hatte erwartet, dass er das größte und luxuriöseste Zimmer im Weißen Eber bewohnte, aber das genaue Gegenteil war der Fall. Das Zimmer war winzig, ein asymmetrischer Verschlag, der auf der einen Seite eine angesetzte Dachschräge hatte, sodass nicht einmal dieser knappe Raum zur Gänze nutzbar war. Es stank. Das winzige Fensterchen war so verdreckt, dass selbst das wenige Licht grau wirkte, und Bracks zerwühltes Bett bot einen Anblick, den sie lieber gar nicht so genau sehen wollte.
»Hier!« Brack deutete auf eine eisenbeschlagene Truhe, die einen nicht unbeträchtlichen Teil des vorhandenen Platzes einnahm. »Da drinnen findest du alles, was die Leute hier so im Laufe der Zeit vergessen haben. Ich bin sicher, dass dir etwas davon passt. Und deiner … äh … Freundin auch. Aber such du dir zuerst etwas heraus.«
Er klappte den Deckel hoch und sah sie erwartungsvoll an.
Pia rührte sich nicht.
»Worauf …?«, begann Brack, fuhr dann ganz leicht zusammen und hatte es plötzlich sehr eilig, das Zimmer zu verlassen. Pia wartete, bis er die Tür hinter sich zugezogen hatte, und suchte vergeblich nach einem Riegel oder irgendeiner anderen Möglichkeit, die Tür abzuschließen. Schließlich trat sie an die Truhe heran, betrachtete die unordentlich hineingestopften Kleider mit leicht angewidertem Gesichtsausdruck und begann einen Moment lang lustlos darin zu graben, bevor sie mit beiden Händen zugriff und die Lumpen auf Bracks Bett warf.
Das Wort traf Bracks gesammelte Schätze ganz gut, denn das meiste war tatsächlich kaum mehr als Lumpen; Mäntel, Umhänge und Röcke, die ebenso heruntergekommen aussahen, wie sie rochen. Manches davon würde sie nicht einmal mit der Kneifzange anfassen, und auch der kleine verbleibende Rest rief nicht unbedingt Begeisterungsstürme in ihr wach.
Schließlich entschied sie sich für ein schlichtes weißes Kleid, das aus
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