Elfenglanz
schweren Regenwolken über ihren Köpfen. Würde sie die Akademie jemals wieder betrachten können, ohne an diese Verwüstung zu denken?
»Dein Freund Tam war auch am Boden zerstört«, sagte Yeardley, um das Schweigen zu brechen. »Er wollte uns davon abhalten, die Mauer wieder zu schließen, aber was sollten wir machen? Uns blieb nichts anderes übrig.«
Laurel nickte, doch die Tränen liefen ihr wieder über die Wangen, als sie den Blick von der Akademie losriss. »Er hasst es aufzugeben«, sagte sie. »Wo ist er?«
Prompt kamen mehrere Elfen angelaufen und riefen Yeardley zu: »Der Frühlingself ist weg!«
»Weg?« Jetzt geriet auch Yeardley in Panik.
»Als ihr die Mauer verschlossen habt, ist er schier durchgedreht«, keuchte ein Elf. »So etwas habe ich noch nie gesehen. Ich dachte, ich hätte ihn beruhigt, doch kaum hatte ich ihn aus den Augen gelassen, ist er weggerannt. Er ist zur Tür hinaus und mit einem Satz über den Zaun.« Er machte eine Pause. »Ich glaube, jemand, der ihm lieb war, ist da drin gestorben.«
»Aber warum sollte er …« Laurel musterte ihre durchweichte pinkfarbene Bluse. Ihr blieb die Luft weg, als sie plötzlich wusste, warum. »Er hat Katya für mich gehalten«, wisperte sie.
»Oh nein!« Chelsea klammerte sich an Laurels Arme. »Er will zu Klea.«
»Er wird sie umbringen«, sagte Laurel.
»Oder sie ihn«, sagte Chelsea bleich.
»Gibt es hier ein Tor?«, fragte Laurel und sah sich die Ummauerung genauer an.
»Hinten in der Ecke.« Yeardley zeigte es ihr. »Aber ich rate dir dringend, hierzubleiben, Laurel. Was hast du überhaupt vor?«
»Ich weiß nicht«, antwortete Laurel. »Mir wird schon was einfallen.« Sie wandte sich an David. »Kommst du mit?« Sie hatte kein Recht, ihn darum zu bitten, aber sie brauchte ihn. »Der Eingang ist noch sicher. Was dahinter liegt, weiß ich allerdings nicht.«
»Selbstverständlich«, erwiderte David und nahm das Schwert in beide Hände.
»Chelsea …«
»Gib dir keine Mühe«, sagte Chelsea und hob die Hand. »Ich komme mit.«
Sie hatten keine Zeit, sich zu streiten – zumal Laurel wusste, dass es sinnlos war. Sie würde an Chelseas Stelle genau dasselbe tun.
»Dann los.« Laurel nickte. »Es ist allerhöchste Zeit.«
Tamani lief gerade so langsam durch den Wald, dass ihn niemand hören konnte. Er kam gut voran. Klea war mit ihrem Gefolge auf einen Weg abgebogen, der zum Winterpalast führte, doch er würde sie einholen, bevor sie dort ankamen. Noch zehn Sekunden, dann konnte er angreifen.
Neun.
Fünf.
Zwei.
Eins.
Tamani brach durch die Bäume und schwang seinen Speer. Ein Urschrei kam aus seiner Kehle, in dem er sich selbst nicht wiedererkannte. Zwei schwarzgekleidete Elfen erlagen den glänzenden Speerspitzen aus Diamant und ein weiterer wankte bereits. Als er auf diese Weise die nächsten Leibwächter ausgeschaltet hatte, bedrohte Tamani Klea mit dem Speer. Sie schrie überrascht auf und hob einen Arm zu ihrer Verteidigung. Das schwere Leder ihrer schwarzen Kampfkleidung fing den ersten Schwung ab, doch Tamani hatte das Gefühl, als hätte es in ihrem Unterarm geknackt.
Schade, dass es nicht der rechte war.
Klea zückte eine Pistole und zielte auf ihn, doch darauf war Tamani vorbereitet und trat sie ihr aus der Hand. Jetzt wurde nicht mehr getrickst. Der Geschicktere würde gewinnen.
»Tamani!«
Aus dem Augenwinkel erkannte Tamani Yuki, die in Jeans und einem Haltertop fast menschliche Züge hatte. Die kleine Blume auf ihrem Rücken lag frei. Yukis Schrei lenkte Tamani ab, sodass Klea einen Tritt mit ihren stahlbesohlten Stiefeln in seinem Gesicht landete. Tamani sprang zurück und holte Klea von den Beinen. Als er den Speer hob, um zuzustechen, musste er einen weiteren Tritt einstecken, diesmal seitlich am Knie. Ihre Schläge machten ihm nichts aus, doch sie hatte ihn immerhin so weit abgewehrt, dass sie wieder aufstehen konnte.
Mehrere Elfen hatten ihre Pistolen auf das kämpfende Pärchen gerichtet, doch Tamani glaubte nicht, dass sie es wagen würden, zu schießen, solange er und Klea noch so nah beieinander waren. Andere wollten sich mit Messern in den Kampf einmischen, aber Tamani holte weit mit dem Speer aus und traf einen Elf, der nicht schnell genug zurückwich.
Obwohl Klea ihren gebrochenen Arm schützte, war sie mit dem anderen auch noch schnell genug. Es gelang ihr, ein Messer zu zücken, das klirrend auf seinen Speer traf, als er ihn in ihre Kehle bohren wollte. Damit konnte sie den Schlag jedoch nur
Weitere Kostenlose Bücher