Elfenglanz
ablenken und die Speerspitze bohrte sich tief in ihre Schulter. Klea kümmerte sich nicht darum, dass Pflanzensaft aus der Wunde strömte. »Yuki!«, rief sie mit harter Stimme. »Mach dich nützlich!«
Tamani sah, dass Yuki die Arme hob. Baumwurzeln schossen aus dem Boden – genau wie bei Jamison, als er sie im Torgarten seinem Befehl unterworfen hatte. Die dicken, mit Erde bedeckten Hölzer wollten sich auf Tamani werfen, der sich auf den Schmerz gefasst machte und ihn auf eine Art sogar willkommen hieß.
Doch nichts passierte. Die Wurzeln verharrten Zentimeter vor ihm. Als Tamani Yuki einen raschen Blick zuwarf, war ihr Gesicht verzerrt, als müsste sie die Wurzeln davon abhalten, sie selbst anzugreifen.
»Ich … ich kann nicht!«, schrie sie entschuldigend.
Klea fluchte und stürzte sich mit dem Messer auf Tamani, musste jedoch wieder zurückweichen, weil er den Speer in hohem Bogen schwang. Für ihn fühlte es sich an, als sähe er sich selbst dabei zu, wie eine höhere Kraft die Kontrolle über seinen Körper ausübte und ihn mit gezückter Speerspitze auf den Feind schleuderte. Es dürstete ihn nach Rache, sie sollte für alles bezahlen, was sie ihm genommen hatte. Die Wut trieb ihn an, bis er genauso stark war wie ein Bückling.
Tamanis Angriff war so heftig, dass Klea sich zurückziehen musste. Mit dem Messer kam sie gegen seinen Speer nicht an. Als er kurz seine Deckung vernachlässigte, zögerte sie nicht und stieß das Messer in seine verletzte Schulter. Doch Klea traf nicht richtig und brachte durch diesen Ausfall ihren Hals in gefährliche Nähe seiner Speerspitze. Tamani schlang eine Hand um ihren Nacken, zog sie an sich und drückte den Speer an ihre Kehle. Automatisch ließ seine Feindin das Messer fallen und hob die Hände an den Hals, um den Druck auf ihre Luftröhre zu lindern.
»Du«, keuchte er. Seine Hände zitterten, aber sein Verstand war glasklar – er sehnte sich danach, sie zu töten. »Du hast mir alles genommen! Dafür wirst du sterben!« Klea brachte nur noch ein würgendes Geräusch hervor. Tamani registrierte instinktiv, dass in ihrem Blick zum ersten Mal ein Hauch von Furcht lag.
»Nein!« Yukis Schrei zuckte durch die Luft und die Erde hörte auf, sich zu drehen, als ein zweiter Schrei ertönte.
»Tamani!«
Er rang nach Luft, aber sein Körper war wie betäubt, wie gelähmt. Er konnte es nicht fassen.
»Tu’s nicht!«
Die Stimme war näher gekommen. Er musste sich umdrehen. Er musste es mit eigenen Augen sehen.
Neunzehn
W arte, Tamani!«, schrie Laurel, ohne selbst genau zu wissen, warum. Nach allem, was Klea verbrochen hatte, war der Tod doch mehr als verdient … oder nicht?
Antworten , dachte sie. Wir brauchen Antworten.
Laurel spürte David hinter sich und riss erschrocken die Augen auf, als die Wächter ihre Gewehre auf sie richteten.
»Nein!« Tamanis Schrei dröhnte in ihren Ohren, doch als die Schüsse knallten, warf David sich vor sie. Laurel stolperte rückwärts und wäre beinahe über Chelsea gefallen, die hinter einer breiten Eiche in Deckung gegangen war. Laurel kauerte sich neben sie, während die Wachposten David weiterhin beschossen. Trotz der lauten Schießerei blieb David ungerührt stehen und sah höchstens nach unten, um die Kugeln zu zählen.
Als Laurel einen Blick um den Baum wagte, brachte Klea sich gerade heimlich vor Tamani in Sicherheit und hob etwas vom Boden auf. Als sie mit ihrer unverkennbaren halbautomatischen Pistole auf Davids Brust zielte, nutzte Tamani die Chance und lief zu Laurel. Er hockte sich neben sie und zog sie an sich. Seine Finger zitterten auf ihrem Rücken.
»Ich fürchte, die Tatsache, dass du deine Freundin hergebracht hast, um mein Leben zu retten, muss mich damit versöhnen, dass du mir den Rest des Tages versaut hast«, sagte Klea trocken, bevor sie aus kürzester Entfernung ihr Magazin auf David leerte.
Laurel und Chelsea hielten sich die Ohren zu und Tamani wollte sie gegen das grausige Bild abschirmen, doch David schien die Sache langsam Spaß zu machen. Er stützte die freie Hand auf die Hüfte und betrachtete amüsiert den Haufen Kugeln zu seinen Füßen.
Als bei Klea der Groschen fiel, hörte sie auf zu schießen und steckte die Pistole anmutig in ihr Holster.
»David Lawson«, sagte Klea gemächlich. »Ich habe deinen Wagen drüben in Orick gesehen und gedacht, Laurel wäre damit hergefahren. Ich bin wirklich beeindruckt, dich hier zu sehen. In Avalon sind Menschen seit …«
» …tausend Jahren
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