Elfenglanz
baute auf diese Weise eine ähnliche Spannung auf wie Kleas Tarnpulver. Es brauchte dringend ein Ventil. In Laurels Hinterkopf meldete sich eine Ahnung, dass sie das fehlende Element schon einmal in der Hand gehabt hatte.
Genau das gleiche Gefühl hatte sie gehabt, als sie erstmals das Pulver analysiert hatte, das Klea aus ihrer eigenen abgeschnittenen Blüte hergestellt hatte. Das bedeutete allerdings nicht, dass auch dieses Serum etwas Elfenhaftes beinhaltete. Laurel dachte an den Tag mit Tamani, als sie gespürt hatte, was sie alles aus ihm machen könnte: Gifte, Fotosyntheseblocker, Toxine. Auch das Serum, mit dem Klea die Orks gegen Elfenmagie geschützt hatte, war mit Elfenblüten vermischt gewesen. Zaubertränke, die mit Bestandteilen von Elfen versetzt waren, konnten den Elfen selbst nicht helfen. Sie verletzten sie nur, sodass daraus kein Gegengift zu gewinnen war.
Als sie an der Akademie angefangen hatte, war sie von Yeardley belehrt worden, dass ihr Wissen die Essenz ihrer Magie war, weil nur auf dieser Grundlage ihre Intuition einsetzen konnte. Der fehlende Bestandteil war ihr bekannt, war ihr schon häufig untergekommen und war ihr doch nicht wichtig genug gewesen, als dass sie ihn als nützlich erkannt hätte. Vielleicht war Fiona ebenfalls nicht darauf gekommen, was dafür sprach, dass es etwas war, das in Avalon nicht so verbreitet war.
»Gut«, sagte Laurel. »Ich glaube, mit dem getrockneten Weizengras liegst du richtig. Gibt es Arten, die du nicht so häufig verwendest? Zum Beispiel solche, die vom Herrenhaus stammen? Denken wir doch mal in diese Richtung!«
Laurel staunte, als sie die Kräuter und Ingredenzien sah, die Yeardley gebracht hatte – dass so vieles das Feuer überstanden hatte. Doch sie fragte nicht nach, sondern machte sich an die Arbeit und ließ Fiona und Chelsea die Zusatzstoffe holen und zubereiten. Die beiden Mädchen leisteten die eigentliche Arbeit, während Laurel probierte, sobald die Lösung Fortschritte machte.
»Wir sind nah dran. Es ist alles drin«, sagte Laurel, nachdem sie einen feinen Nebel Rosenwasser dazu gesprüht hatte. Mehr war ihrer Meinung nach nicht nötig. »Die Lösung ist fertig, aber etwas fehlt noch. Das Gift behält nach wie vor die Oberhand. Es ist, als wären die Ingredienzien untätig und müssten nur noch aktiviert werden.« Sie sog scharf die Luft ein. »Wir brauchen einen Katalysator«, sagte sie leise. »Etwas, dass das Potenzial zum Leben erweckt.« Aber was nur?
Fiona schüttelte den Kopf. »Deshalb musste ich mir andere Arbeiten suchen. Ich hatte sogar dieselbe Idee wie du und habe die Reise zum Landgut unternommen. Dort wurde mir gesagt, wegen der Menschen seien in den vergangenen Jahrhunderten viele Pflanzen ausgestorben. Der letzte Bestandteil gehört wahrscheinlich dazu.«
»Nein.« Laurel weigerte sich, das zu glauben. »Nein, ich kenne das, was noch fehlt. Ich habe es sozusagen auf der Zunge. Was wächst in Kalifornien, das hier nicht vorkommt?«
»Laurel?« Chelsea meldete sich zögerlich. »Du bekommst schwarze Punkte im Gesicht.«
Als Laurel die Hände ans Gesicht hob, fiel ihr wieder ein, wie Tamani dasselbe getan hatte. Wie lange war das her? Egal – daran durfte sie jetzt nicht denken.
Wenn du so denken kannst wie die Jägerin, kannst du auch tun, was sie vollbracht hat.
Seit Jahrhunderten wusste niemand mehr, wie der Viridefaeco-Trank zubereitet wurde. Und doch hatte Klea das Rezept herausgefunden. Was war so besonders an ihr? Sie war stets bereit, Grenzen zu überschreiten. Wahrscheinlich hatte sie sowohl das Gift als auch das Gegengift an sich selbst getestet und alles für ihre Arbeit riskiert. Aber hatte Laurel das nicht auch getan? Hatte sie das Gift nicht in sich selbst aufgenommen, um es zu untersuchen? Doch je mehr sie von dem Gift verstand, das sich in ihrem Körper breitmachte, umso größer wurde ihre Angst, ihm zu unterliegen. Laurel steckte noch mal den Finger in den Grundstoff und wiederholte das Mantra, das wie ein Ohrwurm in ihrem Kopf kreiste: Denk wie Klea, denk wie Klea.
Avalon hat vergessen, was die Menschen zu bieten haben.
Laurel riss die Augen auf, als Kleas Worte in ihren Gedanken widerhallten. »Chelsea«, murmelte sie. »Ich brauche Chelsea!«
»Was?«, fragte Chelsea. »Was brauchst du?«
»Dich! Ein Haar, ein bisschen Spucke … nein, nehmen wir lieber gleich Blut. Menschliche DNA .« Sie wühlte in den Vorräten, die Yeardley zusammengetragen hatte. »Das Viridefaeco-Serum war in
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