Elfenglanz
lange lagen sie schon so? In dem gemütlichen Kokon aus den Armen ihrer beiden Freunde hatte sie die Welt Welt sein lassen und sich eine kurze Pause von den Schrecken der letzten vierundzwanzig Stunden gegönnt. Doch da es erst allmählich heller wurde und der Morgen noch gar nicht richtig angebrochen war, konnten sie nicht allzu lange geschlafen haben.
»Laurel?«
Sie konnte im Dunkeln so wenig sehen, dass sie einen Augenblick brauchte, um zu erkennen, woher die Stimme kam. »Jamison«, hauchte sie. Als sie Tamanis Hand ans Gesicht hob, trafen sich ihre Blicke. Sie streifte mit den Lippen über seine Fingerknöchel, bevor sie erschöpft zu Jamison hinüber kroch.
Obwohl David sich so aufopferungsvoll um ihn gekümmert hatte, machte Laurel sich nach wie vor große Sorgen um ihn, weil er so lange bewusstlos gewesen war. Er lag außerhalb des Grabens, wo ihm das Gift wahrscheinlich erspart geblieben war. Dennoch tastete Laurel vorsichtig seinen Kopf ab, wo er von dem Baumstamm getroffen worden war, und nahm dann seine Hände, um durch seine Haut zu spüren, ob das Gift seine Zellen angegriffen hatte.
»Ich fürchte, ich habe euch im Stich gelassen«, sagte er traurig.
»Nicht doch«, widersprach Laurel mit einem Lächeln in der Stimme, weil sie keine Spur des Gifts gefunden hatte. »Alles ist gut.« So gut es eben nach einem Krieg sein kann .
»Yuki …?«
Laurel ließ den Kopf hängen. »Ich bin nicht schnell genug zurückgekommen«, flüsterte sie. Es überraschte sie nicht, dass in Jamisons Augen Tränen glitzerten.
»Ist Callista auch tot?«
Laurel nickte schweigend. Auf einmal waren all die Traurigkeit und Hilflosigkeit wieder da, die sie in Kleas letzten Sekunden empfunden hatte.
»Aber Avalon ist gerettet«, verkündete er, ohne es auch nur ansatzweise infrage zu stellen.
Laurel verspürte keine Siegesfreude.
»Was ist passiert?«
Sie erzählte die Geschichte in aller Eile und versuchte dabei, den erschöpften Winterelf nicht zu sehr zu belasten. Sie wünschte, Schöneres berichten zu können.
»Ich bin stolz auf dich«, sagte Jamison, als sie fertig war, doch auch seine Stimme klang, als hätte er eine Niederlage erlitten. Richtig, die Orks konnten für immer vertrieben werden, richtig, Klea und ihr Gift wurden aufgehalten, doch es hatte sie unbegreiflich viel gekostet. Hunderte von Frühlings- und Sommerelfen waren getötet worden – möglicherweise über tausend. Und die Herbstelfen? Es tat zu weh, um darüber nachzudenken. Von jenen, die früher die Akademie bevölkerten, hatten keine hundert überlebt. Es würde Jahrzehnte dauern, bis sie wieder zu einer stolzen Zahl herangewachsen wären. So viele Tote, und wofür? Dafür, dass Avalon schwer beschädigt in seinem Status Quo verharrte.
Plötzlich hörte Laurel jemanden rufen, laute Schritte kamen auf sie zu. Jamison und sie drehten gleichzeitig den Kopf in die Richtung, aus der der Lärm kam.
»Ich dulde keinen weiteren Aufschub!« Die Stimme der Königin erhob sich klar über den Protesten ihrer Am Fear-faire , während sie über den Weg stürmte. Yasmine folgte ihr gelassener in einigem Abstand.
Jamisons Hände erstarrten kurz unter Laurels, als er seine Königin so sah, doch ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, als Yasmine ihn entdeckte und zu ihm lief.
»Halt! Stopp!« Alle wandten ihre Aufmerksamkeit von der Königin und ihrem Gefolge Chelsea und Fiona zu, die zwischen aufwirbelnden Blättern aus dem Wald stürmten.
»Nichts. Anfassen«, keuchte Fiona außer Atem. Sie hielt eine große Glasflasche in den Armen.
»Gott sei Dank!«, rief Chelsea und schloss Laurel und Jamison in eine überschäumende Umarmung. »Hört diese Königin eigentlich auf niemanden?«, flüsterte sie. Jamison gluckste. »Wir haben sie auf dem Weg entdeckt, als wir gerade eine weitere Portion des Gegengifts gemischt hatten. Dann sind wir so schnell wie möglich hierher gerannt.«
»Immerhin konnten ihre Wachposten sie so lange aufhalten«, sagte Laurel und zog eine Augenbraue hoch.
»Bitte, Yasmine, warte!«, rief Fiona, die die junge Winterelfe davon abhalten wollte, Jamison zu umarmen.
»Es besteht keine Gefahr«, sagte Laurel. »Jamison hat nichts abbekommen.«
Zögernd ließ Fiona sie durch.
Königin Marion blieb mit bösem Blick am Rande des Grabens stehen. Sie hatte die Arme über der Brust verschränkt. Laurel ignorierte ihre wütende Haltung, nahm Chelseas Hand und zog ihre Freundin über den seichten Graben zu David, der kniend
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